Bienenschwarm und Diskusflug

Seit ein paar Jahren ist es schöne Sitte bei „DSA“, einen Abenteuerwettbewerb über ein bestimmtes Thema auszuschreiben und dann die besten Abenteuer gemeinsam zu veröffentlichen. Der Band „Bienenschwarm und Diskusflug“ beinhaltet die drei Siegerabenteuer aus dem Jahre 2005, in welchem das Thema „Nicht-Zwölfgöttliche Religionen“ hieß.

von Reinhard Kotz

 

„Bienenschwarm und Diskusflug“, ein Abenteuerband für drei bis fünf erfahrene Helden, ist knapp 50 Seiten dick und erscheint im „DSA“-üblichen Gewande. Es ist übersichtlich gestaltet, gut gegliedert und angenehm zu lesen. Besonderst gut haben mir die vielen kleinen Kartenausschnitte gefallen, die einen Überblick über die Gegend geben, in denen die Abenteuer spielen. Auch wenn es sich dabei nur um schwarz-weiße Kopien von den bunten „DSA“-Karten aus den Regionalbänden handelt (und auch davon nur kleine Ausschnitte), so finde ich es doch sehr lobenswert, dass sie Zugang zu dem Buch gefunden haben, da sich somit jeder Lesen einen guten Eindruck der Umgebung machen kann, ohne auf die Regionalbände angewiesen zu sein. Die sonstigen Illustrationen in dem Buch sind solider Durchschnitt, allerdings treffen sie weniger meinen Geschmack, da sie teilweise zu sehr an Comic-Stil erinnern.

Die Überlegenen
Das erste Abenteuer entführt die Helden nach Mhanadistan, eine fruchtbare Gegend am Rande der großen Khomwüste. Auf ihrer Reise treffen sie einen seltsamen Kauz (Maraskaner), der sich auf der göttlichen Suche nach einem heiligen Artefakt befindet. Da die Helden seinen Weg wie durch göttliche Fügung gekreuzt haben, bittet er sie, ihm bei der Suche zu helfen. Und so macht sich die kleine Gruppe, bestehend aus den Helden, dem Maraskaner, einem Bergführer und einigen Begleitern, auf den Weg in ein karges Gebirge, wo das Artefakt versteckt sein soll. Schnell merken sie jedoch, dass sie nicht allein unterwegs sind, denn ein dämonenhafter Jäger ist ihnen auf den Fersen und schlägt bei jeder sich bietenden Gelegenheit gnadenlos aus dem Hinterhalt zu. Schließlich kommt die Gruppe an ihr Ziel und muss in einem kuriosen Finale das Artefakt in ihren Besitz bringen.

Bei dem Abenteuer handelt es sich um ein einfaches Gerüst (Gesellschaft, Wildnis, Dungeon), das viele Anregungen für interessante Begegnungen oder Szenen bietet. Auch wenn zahlreiche Begegnungen detailliert geschildert werden, so müssen große Teile doch von Meisterhand vorbereitet und/oder spontan inszeniert werden. Ein wenig Meistererfahrung ist daher nicht verkehrt. Wer sich vor dem Spiel einige Gedanken über die Inszenierung macht, kann hieraus aber eine spannende Geschichte weben. Die Gegend, der seltsame Kauz und die Aufgabe an sich bieten nicht nur reichliche Anregungen dafür, sondern lassen auch genügen Spielraum, um eigene Ideen einzubauen. Auch die Jagd weiß zu gefallen, jedoch muss man als Meister die einzelnen Szenen vorsichtig einsetzen, ansonsten kann bei den Spielern leicht der Eindruck entstehen, dass der Gegner nur für ihre Begleiter, nicht aber für sie gefährlich ist. Das Ende ist spektakulär und in jeder Hinsicht phantastisch, auch wenn mich einzelne Punkte nicht ganz überzeugt haben. Kurz: Ein schönes, stimmungsvolles Abenteuer mit vielen phantastischen Elementen.

Tränenharz
Die Helden werden angeheuert, um eine Bernsteinkarawane der Praioskirche von Glyndhaven nach Festum zu begleiten. Neben zahlreichen Söldnern (teilweise aus Strafgefangenen rekrutiert) schließen sich der Karawane auch einige gläubige Pilger an, sodass allein schon von der Zusammensetzung her Spannungen vorprogrammiert sind. Die Spannungen verstärken sich sogar, als die Karawane auf einen kleinen Handelszug von Norbarden trifft, der sie gezwungenermaßen einige Tage lang begeleitet. Zwischen den Praisosgläubigen und den Norbarden herrschen viele Vorurteile, wie die Helden schnell merken werden. Die Lage droht gar zu eskalieren, als eines der Karawanenmitglieder ermordet aufgefunden wird und alles daraufhin deutet, dass die Norbarden die Schuld dafür tragen.

Das Abenteuer ist stimmungsvoll geschrieben und bietet viele Möglichkeiten für echtes Rollenspiel. Da die Reise vorerst sehr ruhig verläuft, haben die Spieler zunächst genügend Zeit, um ihre Begleiter näher kennen zu lernen. Allerdings ist die Anzahl der NSC sehr hoch, sodass zu befürchten ist, dass einige davon „unter den Tisch fallen“, obwohl sie sehr interessant sind. Wenn die Helden dann noch auf den norbardischen Handelszug stoßen, wird die Schar an NSC sogar noch unübersichtlicher. Dafür kann man hier aber schön die Kultur und die Bräuche der Norbarden ins Spiel bringen. Die Spielhilfe „Rauhes Land im Hohen Norden“ wäre dabei sehr sinnvoll, da die Informationen hierzu etwas knapp gehalten sind, doch zwingen notwendig ist sie nicht. Mit dem Mord beginnt dann das eigentliche Hauptabenteuer. Zunächst sieht alles wie Detektivarbeit aus, doch dann überschlagen sich die Ereignisse, sodass die Helden vor allem schnell reagieren müssen, um Erfolg zu haben. Auch dieses Abenteuer hat mir gut gefallen, da es einen interessanten Hintergrund hat und diesen gekonnt in die norbardische Kultur einbindet. Aufgrund der hohen Anzahl an NSC würde ich es aber nur einem erfahrenen Meister empfehlen.

Preiset die Schönheit
Die Helden, die etwas Reputation besitzen sollten, werden angeheuert, um einen Mord aufzuklären, der sich im (Exil-)Maraskanerviertel in Festum ereignet hat. Sobald die Helden das Viertel betreten, haben sie das Gefühl, eine eigenständige Welt zu betreten, denn das Viertel ist sehr exotisch und verfügt über eigene Gesetze und eine eigene Kultur, die die Exilmaraskaner hierher mitgebracht haben. Bei ihren Ermittlungen tappen die Helden zunächst im Dunkeln, doch dann bemerken sie, dass das Motiv religiöser Art war, und es beginnt eine interessante Auseinandersetzung mit den verschiedenen religiösen Theorien.

Das Abenteuer weiß vor allem durch seine Kulisse zu gefallen und jeder Meister, der einmal in Chinatown war, wird diesen Ort begeisternd mit Leben zu füllen wissen. Doch auch der nicht reisende Meister findet genügend Anregung, um einen schillernden Schauplatz zu präsentieren und einem ungewöhnlichen Ort Leben einzuhauchen. Die Handlung an sich ist solide Detektivarbeit: wenig Spektakuläres, aber für einen Abendfüller genau richtig.

Fazit: „Bienenschwarm und Diskusflug“ beinhaltet drei schöne Kurzabenteuer, die alle durch ihren exotischen Hintergrund und ihre Liebe zum Detail zu gefallen wissen. Die Abenteuer lassen sich problemlos an einem Abend durchspielen, bieten aber auch, sofern man es möchte, genügend Freiraum, um sie auszubauen oder mit eigenen Ideen zu bereichern. Da aber alle Abenteuer einen sehr religiösen Touch haben und die Handlungen schwerpunktmäßig darauf gerichtet sind, sich mit den religiösen Ideen oder den sich daraus ergebenden kulturellen Besonderheiten auseinanderzusetzen, empfiehlt sich „Bienenschwarm und Diskusflug“ vor allem für weltoffene und tolerante Helden (also eigentlich für jeden).


Bienenschwarm und Diskusflug (DSA-Abenteuer Nr. 143)
Abenteuerband
Michael Masberg, Dabiel Heßler, Patrick Gouder, Stephan Frings
Fantasy Productions 2006
ISBN: 3-89064-438-4
46 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 10,00

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