von Jorge C. Kafka
Grob gesprochen gliedert sich „Berge aus Gold“ in drei sehr klar getrennte Kapitel, die jeweils eine eigenständige Handlung besitzen. Das erleichtert dem Spielleiter die Arbeit insofern, als dass die drei Teile sogar mit einem größeren zeitlichen Abstand (innerhalb des Abenteuers) gespielt werden können. Das übersichtliche Inhaltverzeichnis zeigt, dass die drei Kapitel etwa jeweils ein Drittel des Bandes einnehmen. Die Anhänge von „Berge aus Gold“ bieten die Dramatis Personae, detaillierte Informationen über die Karfunkel-Elfen, einige exemplarische Gegner (mit Werten) und fein gestaltete Pläne (Illustratorin Sabine Weiss). Die insgesamt 88 Seiten des Bandes sind randvoll mit Texten, da herrscht kaum Platz für schöne Zeichnungen. Das Layout ist gewohnt übersichtlich, doch auf Seite 12 ist dem Layouter ein grober Fehler unterlaufen, der bisher durch ein Errata meines Wissens noch nicht korrigiert wurde.
Das erste Kapitel „Die Simia-Flamme der Luft“ ist ein beinahe klassisches Überland-Abenteuer. Die Helden reisen darin vom Schlund in Richtung Fasar. Während ihrer Reise werden sie mehrfach auf sehr unangenehme Weise von einem Dämon belästigt, der ihnen ein geweihtes und äußerst wichtiges Artefakt abluchsen will.
Immer wieder schwierig, und trotzdem noch immer beliebt, ist die klassische Anwerbung, einen magischen/geweihten/wertvollen Gegenstand von A nach B zu transportieren und dafür Sorge zu tragen, diesen nicht zu verlieren. Ebenso schwierig ist es zumeist, eine Gruppe individueller Helden davon zu überzeugen, diesen Auftrag anzunehmen, zumal es sich oft um eher kultur- oder gar rassenspezifische Dinge handelt, die bewacht und befördert werden wollen. In „Berge aus Gold“ haben die Recken, die „Brogars Blut“ schon gespielt haben, einen entscheidenden Vorteil. Siegt die reine Neugier einer unbeleckten Heldengruppe nicht, müssen Reichtümer, Ruhm und Ehre aufgefahren werden. So auch hier vom König der Brillantzwerge Cendrasch Sohn des Odmar persönlich! Ist die Reisegruppe endlich unterwegs, wäre es für den Spielleiter günstig, hätte er eine mitgelieferte Karte zur Hand, auf der die Spieler ihre Reiseroute ausbaldovern könnten. Leider ist der Meister hier auf seinen Geldbeutel bzw. seine Sammlung an Kartenmaterial angewiesen. Die Städte auf der Wegstrecke nach Fasar sind ausreichend charakterisiert, und dem Emirat bzw. dem Städtchen Floeszern wird ebenso besondere Aufmerksamkeit gewidmet wie dem Jagdschloss des Emirs, auf dem gar schröckliche Dinge lauern...
Kapitel zwei, „Der Sultan der Diamanten“, bietet ein komplexes Stadtabenteuer in der düsteren und drohenden Stadt Fasar, in der Gesetze so wenig bedeuten wie ein Menschenleben der Armen und Schwachen. Dieser Teil des Abenteuers, der sich hervorragend und ohne größeren Änderungen auch separat spielen lässt, ist geprägt von komplizierten Ermittlungen in einem Sumpf aus Intrigen, Mord, Gier, Macht und Ohnmacht. Das Kapitel stellt im Band „Berge aus Gold“ die höchsten Anforderungen an die Spieler und den Meister, sitzt doch in beinahe jedem der Stadtteile eine Informationsquelle und die Erhabenen der Stadt haben auch alle ihre Interessen. Zum Glück (für den Spielleiter) bieten die Autoren in der Mitte des Kapitels einen längeren Abschnitt an, in dem sie alle wichtigen Begegnungen in Fasar zusammenfassen. Bis die Recken schließlich und endlich in den Tempel des Diamantensultans vorgedrungen sind, kann einiges an Spielzeit verronnen sein!
Auch das dritte Kapitel, „Das Haupt des Goldenen Drachen“ ist separat und dabei ohne große Änderungen spielbar. Es führt die Helden hinaus aus Fasar in die wilde Natur des Raschtulwalls auf die Suche nach der zukünftigen Heimat der Brillantzwerge. Das Finale des Kapitels und damit auch des Abenteuers „Berge aus Gold“ findet in den Höhlen und Hallen des Berges Djer Anghravash statt. Bis dort hin ist es ein weiter Weg: durch das Umland von Fasar, in den Wald von Kihrshinja, ins Tal der Juwelen, zu einem Ferkina-Stamm und weiter ins Dorf Anghrashak führt die Reise, bis die Höhlen endlich erreicht sind.
Interessant ausgestaltet haben die Autoren die „neue“ Elfen-Sippe der Karfunkel-Elfen, auf die die Helden treffen. Mit einer glaubwürdigen Geschichte versehen geben sie dem Höhlen-Szenario ein merkwürdig irreales und doch stimmiges Flair. Die schwierige Aufgabe der Autoren, den Helden eine „realistische“ Möglichkeit einzuräumen, gegen das mächtige, kommende Übel anzutreten und es auch zu besiegen, ist ihnen auf sehr spannende Art und Weise gelungen. Ohne zu viel verraten zu wollen, sei angemerkt, dass sich die Recken gut gerüstet (*ggg*) ihren Weg durch den Fels bahnen werden, um schlussendlich in einer Drachenhöhle auf Elfen, Golems, Pyrdacor-Priester und ein goldenes Drachenhaupt zu treffen, die an allem anderen, als am Wohlergehen der Helden interessiert sind! Schlagen sich die Spieler wacker, so winkt ihren Helden verdientermaßen eine üppige Belohnung in AP, speziellen Erfahrungen und natürlich Ruhm und Ehre.
Fazit: Insgesamt ist „Berge aus Gold“ ein recht ausgewogenes Abenteuer. Für beinahe jeden Heldentyp ist etwas dabei. Die ausgeknobelte, teilweise vertrackte Geschichte, die unterschiedlichen Gegner und Schauplätze und die aussichtsreiche Entlohnung machen den Abenteuerband zu einem Muss für Meister und Spieler. Die oben bereits erwähnten Mängel (Layoutfehler, fehlende Karte) wirken sich dabei nicht negativ auf den Gesamteindruck aus. Für 15,- EUR hat der Meister eine gute Investition getätigt!
Zum Schluss noch eine Randbemerkung zur Covergestaltung: Zum einen wüsste ich gerne, was auf den abgebildeten Gewürzsäcken geschrieben steht (sofern es sich nicht um Phantasie-Schnökel im arabischen oder persischen Stil handelt) und zum anderen würde mich interessieren, wen die vier gnomenhaften Gestalten mit den Kettenhemden und den Metallhelmen darstellen sollen! Wenn das Zwerge sind bzw. wenn das des Zeichners Visualisierung aventurischer Zwerge sein soll, dann wünsche ich mir fürs nächste Cover von „Berge aus Gold“ einen anderen Illustrator.
Berge aus Gold (DSA-Abenteuer Nr. 121)
Abenteuer
Jörg Raddatz, Heike Kamaris
Fantasy Productions 2003
ISBN: 3-89064-384-1
88 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 15,00
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