Beowulf: Das Spiel zu Film

Kennst du die Legende von Beowulf, dem starken gautischen Krieger? Dem Helden des angelsächsischen Raums, der auszog, um Grendel und dessen Mutter zu töten und um sich mit dem goldenen Drachen anzulegen? Nein? – Dann besorge dir das richtige Buch, denn in diesem Spiel erfährst du darüber nichts.

von Lars Jeske

 

 

Laut Verpackung liegt diesem Spiel der Fantasy-Film „Beowulf“ (2007) zu Grunde, der zumindest im IMAX-3D ein kurzweiliges Erlebnis war. Des Weiteren wird explizit auf das Spiel „Kingdoms“ von Reiner Knizia hingewiesen, aus welchem Spielmechanismen übernommen wurden. Bleibt also zu hoffen, dass es sich um jeweils die guten Anteile handelt, die zusammengenommen den erwünschten Spielspaß bringen.

Erstkontakt


Das Materialverzeichnis befindet sich leider nur auf dem mittlerweile üblichen Einheitsgrößenkarton, was jedoch nicht allzu tragisch ist. Die Bestandteile sind nämlich nicht allzu mannigfaltig. Neben den Spielregeln und dem Spielbrett befinden sich Spielfiguren, vier Übersichtskarten, die stabilen Legeplättchen (wie bei „Arkham Horror“ oder „Der Palast von Alhambra“) und eine stattliche Menge Sagen-Punkte in der Box. Alles somit leicht in die beiden Fächer zu sortieren. Ein Pluspunkt.

Überhaupt ist die Ausstattung gelungen. Der Spielplan ist farbig, beidseitig bedruckt und von der Qualität her angemessen. Die Plättchen sind mit diversen Motiven aus dem Film versehen, um den Spieltitel zu rechtfertigen. Die Sieg-… äh… die Sagen-Punkte waren schwer aus der Pappe herauszulösen, sind aber in Hülle und Fülle vorhanden, sodass sogar ein Verlust einiger nicht allzu tragisch sein wird (kleinkindfamilientauglich). Als Highlight sind die sehr schön modellierten Figuren zu erwähnen. Diese sind zur Abwechslung einmal kaum verbogen (bei „Warrior Knights“ hatte ich Pech, da konnten sie sich z. T. kaum im Sattel halten) und können somit gleich eingesetzt werden.

Also schnell die Spielregeln durchlesen. Dankenswerterweise ist alles leicht verständlich, ausführlich und eineindeutig geschrieben, zudem auch mit ausreichenden Beispielen belegt. Sechs Seiten mit vielen Bildern, die man nach einmaligem Lesen getrost weglegen kann. (Somit wären ein Inhaltsverzeichnis oder ein Index übertrieben, allein die abgedruckte Materialliste wäre eine gute Ergänzung gewesen.) Die Regeln sind zur Abwechslung einmal so einfach und leicht zu erklären, dass man diese bis zu seinem Lebensende nicht mehr vergisst.

Spielverlauf

Auf geht’s. Bis zu vier Spieler dürfen darum wetteifern, die Geschichte von Beowulf am Besten zu erzählen und somit die meisten Sagen-Punkte zu erhalten. Dafür erhält jeder Spieler zu Beginn eine Übersichtskarte mit den Spezialeffekten der Legeplättchen, 50 Sagen-Punkte, zwei Legeplättchen verdeckt auf die Hand und seine 10 Spielfiguren zugeteilt. Die Spielfiguren sich vier Langschiffe (einwertig), drei Burgen (zweiwertig), zwei Lehnsmänner (dreiwertig) und jeweils eine vierwertige Spielfigur die passender Weise Beowulf genannt wurde.

Wer jetzt denkt, ein interaktives Kommunikationsspiel wartet auf einen, bei dem es gilt, als Skalde die Sage am Besten wiedergeben, der hat sich jedoch getäuscht. Es ist ein reines Legespiel mit Glücks- und Strategieelementen auf einer schachbrettartigen Spielfläche. Ab jetzt kann man die ganze „Beowulf“-Geschichte so gut wie vergessen und sich den „Kingdoms“-Elementen öffnen.

Reihum kann man, um Punkte zu erlangen, entweder ein verdecktes Kärtchen ziehen und eines der drei (zwei behält man auf der Hand) auf ein freies Spielfeld legen, oder eine eigene Spielfigur auf ein freies Feld stellen. Das geht dann reihum solange weiter, bis das aktuelle Spielfeld komplett belegt ist und die große Abrechung erfolgt. Gewertet werden dann für jede Figur alle horizontalen und vertikalen Felder, die an diese grenzt, mit deren Plus- oder Minuspunkten, die man dann als Sagen-Punkte erhält. Insgesamt spielt man auf drei Spielfeldern die drei Kapitel der Sage nach (Grendel, Grendels Mutter, goldener Drache) und kann somit nach drei Wertungen das Spiel für sich entscheiden.

Um neben dem überaus großen Glückselement auch etwas für die Strategieliebhaber entgegenzusetzen, sind auf einigen Kärtchen Spezialeffekte aufgedruckt, die etwa Wertigkeiten eines Kärtchens verändern beziehungsweise ganz entfernen oder andere Kärtchen/Spielfiguren verschieben; das Übliche halt. Ebenso ist die Wertigkeit der eingesetzten Spielfiguren entscheidend, da sie die einfachen Punkte (Langschiff) maximal vervierfachen können (Beowulf) – sowohl im positiven, als auch im negativen Sinne. Während es für alle drei Kapitel neue Legekärtchen gibt, besteht bezüglich der Figuren die besondere Regel, dass man höherwertige Spielfiguren (alle außer die vier Langschiffe) für nachfolgende Spielrunden nicht zurückbekommt und sie dementsprechend taktisch klug einsetzen sollte, da sie eben nur einmal Punkte bringen.

Gesamteindruck

Das überaus kurzweilige Spiel mit moderater Spieldauer (max. 50 Minuten) besticht durch den einfachen und dennoch interessanten Spielablauf. Allein die Verwurstung mit der „Beowulf“-Thematik wirkt etwas an den Haaren herbeigezogen, stört aber auch nicht weiter. Lieber so herum, als ein schlechtes Spiel. Wenngleich sehr glückslastig, kann es für Vielspieler dennoch eine willkommene Abwechslung für Zwischendurch sein. (Mich persönlich ärgerte es, dass ich zwei Mal aufgrund einer Plättchenverschiebung ein paar Züge vor dem Ende jeweils um den Sieg gebracht wurde, obwohl ich bezüglich meiner eigenen Einflussmöglichkeiten „alles richtig gemacht“ hatte.)

Da man gezielt gegen einander spielt beziehungsweise spielen kann, ist es nur bedingt als Familienspiel geeignet, da es dadurch ein gewisses Konfliktpotenzial enthält. Aber man kennt seine Mitspieler im Allgemeinen und weiß, was zur jeweiligen Runde passt. Aufgrund der leichten Regeln ist es eindeutig ab 10 Jahren spielbar. Wenn der Spieleabend gerade erst losgeht, ist es aber genau das Richtige. Mit diesem Spiel kann es gelingen, die Stimmung für „Warrior Knights“ oder notfalls auch für „Risiko“ genügend vorzuheizen, um sich den ganzen Abend zu bekriegen. ;-)

Fazit: Wer etwas zum Thema „Beowulf“ erwartet, wird total enttäuscht. Nichtsdestotrotz ist „Beowulf: Das Spiel zum Film“ ein kurzweiliges, leicht zu verstehendes Spiel für max. vier Spieler unter einer Stunde Spieldauer mit sehr hohen Glücksfaktor und geringer taktischer/strategischer Ausrichtung, wodurch es auch für Gelegenheitsspieler geeignet ist. Wer, so wie ich, „Kingdoms“ nicht besitzt, wird „Beowulf: Das Spiel zum Film“ gern das ein oder andere Mal wieder hervorholen, da es Spaß macht und zu unterhalten weiß. (Die Geschichte von Beowulf kann man sich an einem anderen Tag durchlesen.)


Beowulf: Das Spiel zum Film
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler
Reiner Knizia
Fantasy Flight Games / Heidelberger Spieleverlag 2007
ISBN: 978-1-589943-83-4
Box mit 1 Spielregel, 1 Spielplan, 40 Miniaturen, 102 Wertungspunkten, 90 Plättchen, 4 Übersichtskarten, deutsch
Preis: EUR 29,95

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