Batman Sonderband 16: Joker

Als passendes Nachspiel zum Erfolg von Christopher Nolans „The Dark Knight“ versammelt der „Batman“-Sonderband „Joker“ Ausgaben der neuen amerikanischen Reihe „Batman – Confidential“. In Erweiterung des in den 1980er Jahren von Kultautor Frank Miller entworfenen „Batman“-Prequels „Year One“ schildern die von dem „Smallville“-Drehbuchautoren Michael J. Green verfassten und von Denys Cowan gezeichneten Comics Abenteuer aus den ersten Jahren Bruce Waynes als Mitternachtsdetektiv.

von Andreas Rauscher

 

Der Begriff „Reboot“ hat sich in den letzten Jahren zur Allzweckwaffe für stagnierte Filmserien im Kampf gegen sinkende Zuschauerzahlen entwickelt, von „James Bond – Casino Royale“ bis hin zu „Batman Begins“. Als Alternative zum Remake wird bei einem „Reboot“ nicht eine hinreichend bekannte ältere Geschichte vollständig neu erzählt, sondern lediglich einige Elemente einer Reihe renoviert. Das Vorbild zu dieser Kombination aus Neustart und Variation bekannter Motive lieferten fortlaufende Comic-Serien, in denen in regelmäßigen Abständen ein erzählerisches „Back-to-the-Roots“-Programm realisiert wurde.

Doch im Unterschied zu manchen Film- und Comic-Serien, die wie der missglückte „Spider-Man“-Relaunch „Brand New Day“ das Reset-Button-Drücken zu stark forcieren, nur um am Ende doch wieder beim Altbekannten mit vermeintlich neuem Anstrich zu landen, zeichnen sich die gelungeneren Reboots dadurch aus, dass sie nicht alle Aspekte der jeweiligen Pop-Mythologie verwerfen, sondern eine in sich schlüssige neue Perspektive auf einen bestimmten Abschnitt des Comic-Universums eröffnen.

Die „Batman – Confidential“-Reihe, deren sechsteiliger Zyklus „Lovers and Madmen“ unter dem etwas irritierenden deutschen Title „Joker“ bei Panini Comics erschienen ist, bietet ein interessantes Beispiel für die produktive Erweiterung einer bekannten Graphic Novel. Frank Miller konzipierte 1987 die Miniserie „Batman – Year One“ als in die Vergangenheit des Helden gerichtetes Gegenstück zu seinem eigenen „The Dark Knight Returns“. Batman alias Bruce Wayne bewegt sich zu Beginn seiner Karriere zwar bereits in den für Miller typischen Noir-Szenarien, doch im Unterschied zu seinen späteren Abenteuern erscheint der dunkle Ritter weitaus weniger verbittert als in späteren Comic-Zyklen.

„Confidential“ orientiert sich als neue Serie stilistisch an „Year One“. Anstelle der im „Batman“-Universum ebenfalls sehr prominenten expressionistischen Gothic-Stadtlandschaften erinnert der Stil an klassische Hardboiled-Geschichten. Autor Michael J. Green hat mit seinen Drehbüchern für die Serie „Smallville“ hinreichend Erfahrung mit den ersten Abenteuern späterer Superhelden gesammelt, die er in „Confidential“ konsequent auf den selbsternannten Beschützer von Gotham City überträgt. Im Unterschied zu Millers in sich geschlossener Charakterstudie erweist sich „Confidential“ von Anfang an als auf ein serielles Konzept hin ausgerichtet.

Das reizvolle Konzept besteht darin, nicht nur Batman in einer jüngeren Ausgabe seine ersten Kämpfe und ihn prägenden Rückschläge erneut erleben zu lassen, sondern auch die Origin Stories seiner Gegenspieler zu variieren. „Lovers & Madmen“ reimaginiert die Entstehung des Jokers und steht dabei sowohl in der Tradition von Frank Miller, als auch Alan Moores „The Killing Joke“. Aus dem ersten Tim-Burton-„Batman“-Film übernimmt Green die Idee, dass Batman für die Entstehung des Jokers selbst mitverantwortlich ist und dieser umgekehrt durch die Hartnäckigkeit des düsteren Superhelden erst recht zu verbrecherischen Höchstleistungen motiviert wird.

Ästhetisch und dramaturgisch lässt sich hingegen deutlich der Einfluss der Christopher Nolan-Filme erkennen. Wie in den realistischer gehaltenen Kinoerfolgen „Batman Begins“ und „The Dark Knight“ gibt es keine überzeichnete Superschurken, sondern die Gegner Batmans erweisen sich als gewöhnliche Gangster oder, wie der Joker, als unberechenbare Psychopathen, der in „Confidential“ nicht als flamboyanter Zyniker, sondern als manisch-depressiver Einzelgänger in Erscheinung tritt.

Wie in „The Dark Knight“ wird der Konflikt zwischen Batman und dem Joker durch eine dramatische Liebesgeschichte mit tragischem Ausgang verstärkt. Im Rahmen der Reimagination einer der populärsten Langzeit-Fehden der Comic-Geschichte funktioniert dieser Plot durchaus, aber zugleich zeichnet sich auch eine unterschwellige Tendenz zur Redundanz ab. So langsam stellt sich die Frage, wie viele exzeptionelle dramatische Vorkommnisse es noch in der Vergangenheit bekannter Superhelden gegeben haben soll. Vielleicht sollte man sich als Alternative zu den regelmäßigen Remixes der Origin Stories doch wieder einmal stärker auf innovative Einfälle in der Gegenwart der Comic-Serien konzentrieren. Jeph Loebs amüsanter Einfall in der Graphic Novel „Hush“, eine feste und diffizile Beziehung zwischen Batman und Catwoman nach dem Vorbild von Clark Kent und Lois Lane einzuführen, erscheint auf Dauer doch spannender und origineller, als eine weitere auf jegliche Ironie verzichtende Rachegeschichte aus den zeitlich immer weiter ausgedehnten ersten Jahren.

Fazit: Eine stimmungsvolle und interessante Variation der Joker-Origin-Story, auch wenn sich der eine oder andere Déjà-vu-Effekt einstellt. In ihrer bewussten Reduktion der visuellen Effekte und den stilisierten Rückgriffen auf Hardboiled-Traditionen setzt sie zugleich produktiv Frank Millers Ansätze aus der bekannten Graphic Novel „Batman – Year One“ fort und bietet eine reizvolle Ergänzung zum um Realismus bemühten Ansatz der Christopher-Nolan-Filme.


Batman Sonderband 16: Joker
Comic
Michael J. Green (Autor), Denys Cowan (Zeichner)
Panini Comics 2008
ISBN: n.a.
148 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

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