Bad Bones

Es ist nicht leicht, der Vorsteher eines kleinen Dorfes zu sein, vor allem dann nicht, wenn aus allen umgebenden Wälder Skelette schlurfen, um den Turm und die Hütten der kleinen Gemeinde niederzureißen. Zum Glück hat man noch ein paar Fallen auf Lager und einen regelrecht unverwüstlichen Dorfhelden. Willkommen bei „Bad Bones“, dem neuen Tower-Defense-Spiel von Pegasus Spiele.

von Bernd Perplies

„Bad Bones“, das sich an 1 bis 6 mutige Recken ab 8 Jahren richtet, kommt in einer weißen Box in Standard-Größe (ca. 30x30 cm) daher. Das Cover ziert ein Drache, der inmitten einer winterlichen Landschaft auf einer Turmspitze hockt und ein Skelett anfaucht. Dass der Drache zu den Guten in diesem Abenteuer gehört, ist nur eine von mehreren Überraschungen, wenn man dieses Spiel auspackt. Eine weitere ist das Gewicht. Spielmaterial für 6 Personen bringt ganz schön was auf die Waage, auch nachdem man die 6 Friedhofstafeln, 2 Übersichtstafeln, 79 Marker (vor allem Münzen), 199 Skelettplättchen, 39 Fallenplättchen und 8 Waffenplättchen ausgestanzt hat, die zusammen mit 6 Spielplänen, 6 Heldenfiguren, 24 Turmbausteinen, 1 Beutel und 2 Anleitungen in der Box zu finden sind.

Das Spielmaterial ist von hervorragender Qualität. Alle Pappkomponenten bestehen aus dicker Pappe. Die Plastikkomponenten sind fein gegossen. Alle Illustrationen sind hübsch anzuschauen und die Anleitungen sind nicht nur gut verständlich und mit zahlreichen hilfreichen Beispielen versehen, sie weisen auch ein aufgeräumtes Layout auf. Auf dem Spieltisch sieht das alles sehr schick aus, vielleicht nicht ganz so epochal wie manche miniaturreichen Abenteuerspiele, aber mit denen will „Bad Bones“ als vergleichsweise leichtes Casual-Game auch gar nicht konkurrieren.


    Ein 2-Spieler-Spielaufbau - noch ist alles schön aufgeräumt.

„Kennerspiel“ steht auf der Box von „Bad Bones“, aber eigentlich ist das Grundprinzip so einfach, dass es auch als „Familienspiel“ durchgehen kann. Erst durch die optionalen Erweiterungen, die schon alle in der Box enthalten sind, wird es komplizierter, weil man sich viele verschiedene Effekte merken muss (die man gegebenenfalls aber auch einfach in der kurzen Anleitung nachschlagen kann).

Zur Spielvorbereitung erhält jeder Spieler einen Spielplan, der 5x5 Felder anzeigt. Am unteren Rand wird das aus 5 Häusern bestehende Dorf platziert, ganz in der Mitte der aus 4 Plastikebenen aufgebaute Turm, auf den der rosafarbene Held kommt. Anschließend erhält jeder noch eine Friedhofstafel und 6 Fallenplättchen (2 Mauern, 2 Katapulte, 1 Schatz und 1 Drachen). Eine Spielhilfe wird in die Tischmitte gelegt, ebenso der Beutel mit den 180 normalen Skeletten, die den Spielern fürderhin das Leben schwer machen werden. 4 Skelette mit unterschiedlich farbigen Symbolen werden von jedem Spieler direkt gezogen und im Wald rund um den Spielplan an passender Stelle abgelegt. Dann kann es losgehen!

Das Spiel wird rundenweise abgehandelt, wobei jede Runde aus 4 Phasen besteht, die von den Spielern auch gleichzeitig durchgeführt werden können, um Zeit zu sparen. In Phase 1 bewegt jeder seinen Helden orthogonal oder diagonal genau 1 Feld weit. Trifft der Held dabei auf Skelette, tötet er sie und sie kommen zurück in den Beutel. In Phase 2 wird genau 1 Falle platziert oder wieder zurück in den Vorrat gelegt. Die Fallen sollen die Skelette davon abhalten, das Dorf und den Turm zu erreichen. So lenkt etwa eine Mauer alle Skelette, die in einer Runde darauf stoßen, um 90 Grad ab. Das Katapult schleudert alle Skelette auf den Friedhof eines Mitspielers. Haben Fallen in einer Phase Kontakt mit (beliebig vielen) Skeletten, werden sie beschädigt, beim nächsten Kontakt werden sie zerstört und aus dem Spiel entfernt. Um das zu verhindern, ist es sinnvoll, sie zuvor in den Vorrat zu retten, wo sie wieder repariert werden – sofern man es sich leisten kann, ohne dadurch Häuser oder Turmebenen zu verlieren.


    Nach ein paar Runden sieht das schon alles ganz anders aus (hier mit Waffen und Anführern).

Das kann in Phase 3 passieren, denn da werden alle Skelette um jeweils 1 Feld in Bewegungsrichtung bewegt. Treffen sie dabei auf den Helden, werden sie getötet. Treffen sie auf Fallen, werden diese ausgelöst, was ebenso die Laufrichtung der Skelette ändern kann wie Pfeilfelder auf dem Spielplan. Betreten sie letztlich den Turm oder das Dorf, wird eine Ebene entfernt beziehungsweise ein Haus zur Ruine. Am Ende, in Phase 4, ziehen alle Spieler 3 neue Skelette und platzieren diese, zusammen mit allen Skeletten, die sich im Verlauf der vergangenen Phasen auf dem eigenen Friedhof angesammelt haben, im Wald um den Spielplan. So taucht Welle um Welle an Gegnern aus dem Wald auf, bis irgendwann ein Spieler überwältigt wurde. Wessen Turm zuerst zerstört ist oder wessen Dorf zuerst in Trümmern liegt, der hat das Spiel verloren. Alle anderen Mitspieler prüfen abschließend, wie gut sie aus der Partie gekommen sind, indem sie die Sterne auf ihren verbliebenen Fallen und Häusern zählen. Der geschickteste Dorfvorsteher gewinnt. So weit, so simpel.

Zwei Erweiterungsmodule bringen zusätzliche Abwechslung ins Spiel. So kann man zum einen eine Marktphase vor das Spiel setzen, in der die Spieler – jeder mit 20 Goldmünzen ausgestattet – individuell Fallen und zusätzlich eine Waffe kaufen können. Dazu kommen ein paar weitere Fallen ins Spiel, wie Palisaden, Bomben, Labyrinthe usw., die neue Effekt anbieten, sonst aber wie die Grundspiel-Fallen funktionieren. Außerdem stehen 8 Waffenplättchen zur Auswahl, die ausgelöst werden, wenn ein Held 3 Skelette tötet und dann einen schicken Effekt bieten. Mit der Armbrust kann man beispielsweise ein beliebiges Skelett auf dem Spielplan umbringen. Der Stab der Teleportation bewegt den Helden auf ein beliebiges Feld ohne Skelette.


    Vor dem Dorf wimmelt es von Skeletten - kein leichter Job für den Helden.

Weiterhin lassen sich Anführer ins Spiel integrieren. Das sind Skelette, deren Plättchen einen orangefarbenen Rand aufweisen und die jeweils einen individuellen Spezialeffekt bieten, den man (genauso wie die Fallen- und Waffeneffekte) zumindest in den ersten Partien noch im Regelwerk nachschlagen muss. So gibt es etwa Abrissexperten, die 2 Turmebenen oder 2 Häuser zerstören, wenn sie den Turm oder das Dorf betreten. Der Menschenfreund dagegen baut eine Turmebene oder ein Haus wieder auf. Und der Geistmeister ist unsterblich, das heißt er kann – beispielsweise vom Helden – nicht in den Beutel verbannt werden, sondern landet immer wieder im spielereigenen Friedhof. Beide Erweiterungen machen das Spiel, wie gesagt, etwas komplizierter, weil man mehr Effekte beachten muss, sorgen aber auch für mehr Abwechslung am Spieltisch. Jedem, der ein bis zwei Partien Grundspiel hinter sich hat, sind sie auf jeden Fall zu empfehlen.

Obendrein bietet „Bad Bones“ zwei weitere Spielmodi. So lässt sich das Spiel auch solo spielen. Dann muss man schlicht 10 Runden gegen die Skelette bestehen, wobei man nur eine einzige Turmebene und ein einziges Haus hat, das heißt man darf kein einziges Skelett durchlassen. Wer „heldenhaft“ sein will, kann zudem ab Runde 11 versuchen, mit dem Helden alle Skelette zu töten, während keine weiteren nachgezogen werden. Alternativ bietet sich der kooperative Modus an, bei dem eine Hauptstadt in der Spieltischmitte errichtet wird (1 Haus pro Spieler) und alle Spielpläne darum platziert werden. Statt eines vierstöckigen Turm hat nun jeder Spieler 4 eingeschossige. Nun müssen alle Spieler gemeinsam versuchen, die Skelettplage davon abzuhalten, das Dorf zu erreichen. Der Fallenvorrat wird hierbei gemeinsam genutzt. Durchhalten muss man erneut 10 Runden. Wenn dann kein Spieler alle 4 Türme verloren hat und auch die Hauptstadt noch steht, gewinnen die Helden.


    Auch solo funktioniert "Bad Bones" gut, wegen der Rundenbeschränkung vielleicht sogar noch besser.

„Bad Bones“ ist leicht zu erlernen und macht direkt Laune am Spieltisch. Fallen und Helden taktisch einzusetzen und Skelettwelle um Skelettwelle abzuwehren, hält einen auf Trab, und nichts ist befriedigender, als einem Mitspieler mal direkt drei Skelette mit dem Katapult in den Friedhof zu schießen. Das Spiel hat jedoch auch zwei kleinere Mängel. Zum einen skaliert es nicht besonders gut. Das hat kurioserweise zur Folge, dass eine Partie mit 6 Spielern durchaus schneller vorbei sein kann als eine mit 2, denn während bei 6 Spielern eine Unmenge an Skeletten im Spiel ist, die gegebenenfalls ein bis zwei glücklosen Seelen das Leben wirklich schwer machen können, lässt sich die Skelettschar bei 2 Spielern noch ganz gut managen, was den Spielverlauf in die Länge zieht. Das gilt ebenso, wenn Kennerspieler am Werk sind, die einen guten Überblick über das Geschehen auf ihrem Spielplan haben und fähig sind, Fallen und ihren Helden taktisch klug zu nutzen. Darum ist das Spiel mit einer Runde, die nicht so versiert ist, fast lustiger, denn es werden schneller Fehler gemacht, die zum Verlust von Fallen, Häusern und Turmebenen führen. Und nur dann, wenn es auf dem Spielplan wirklich brennt, zündet „Bad Bones“ so richtig.

Fazit: „Bad Bones“ ist ein kurzweiliges Tower-Defense-Spiel, das mit sehr schönen Komponenten, leicht erlernbaren Regeln und diversen Spielvarianten punkten kann, die alle schon in der normalen Spielbox enthalten sind. Wer vermeiden möchte, dass sich eine Partie in die Länge zieht, sollte vorzugsweise mit 4 oder mehr Spielern spielen und dabei nicht unbedingt ein Rund versierter Hobbystrategen am Tisch vereinen. Denn nur, wenn man in einer Skelettflut total hektisch wird und sich Fehler nicht mehr verhindern lassen, entsteht so richtig schön Panik-Atmosphäre.

Bad Bones
Brettspiel für 1 bis 6 Spieler ab 8 Jahren
David Flies
Pegasus Spiele 2020
EAN: 4250231726705
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 39,95

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