Aventurisches Archiv I: Die Jahre 14 bis 17 Hal

Ja, früher. Früher war alles besser. In der guten alten Zeit (in irdischen Jahren so um 1989) war das Güldenland noch ein Märchenland weiser weißhaariger Großmütter, Borbarad ein Schreckgespenst brabbelnder Altvorderer, das Horasreich nannten nicht nur die Poeten „Das Liebliche Feld“ und in der Kaiserstadt Gareth saß noch ein echter Kaiser auf dem Throne…

von Jorge C. Kafka

 

Als 1989 der erste „Aventurische Bote“ (AB) erschien, war die wenige Doppelseiten umfassende ‚Zeitung‘ auf Recyclingpapier, die persönlich betreut wurde vom DSA-Urgestein Ulrich Kiesow, eher ein ambitioniertes Fanprojekt denn ein ernst zu nehmendes Publikationsorgan. Weiterhin zur Redaktion zählten zunächst Norbert Venzke und Michelle Melchers. Einige der Spieler und Autoren der ersten Stunde des AB sind heute zum Stammpersonal der DSA-Schmiede zu rechnen. Für viele unter den DSA-Spielern – seien sie schon länger mit dem Rollenspielsystem vertraut oder erst in den letzten Jahren dazu gestoßen – bietet das in bisher drei Bänden vorliegende „Aventurische Archiv“ (AA) die einmalige Gelegenheit, ohne lange in Internet-Auktionshäusern zu stöbern, ohne nach illegalen pdf-Downloads zu suchen oder ohne mühseliges Zusammenkopieren, an die begehrten Informationen aus der Frühgeschichte des DSA-Universums zu gelangen.

Sinnvoll ediert verzichtete man auf die seinerzeit abgedruckten Regelergänzungen, neue Waffen, Heldentypen und ähnliche Dinge. Auch die Kleinanzeigen von damals hat man beiseite gelassen und sich vollends auf die Originalartikel konzentriert, die für den heutigen Spieler und Leser als ‚Allgemeine Informationen‘ gelten. Sehr praktisch und übersichtlich ist die jedem Jahr vorangestellte chronologisch Auflistung der einzelnen Ereignisse, die eher als ‚Meisterinformationen‘ gewertet werden können. Um unzählige Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler bereinigt, neu layoutet und – das ist das Entscheidende – um einige Texte von Dirk Werres ergänzt, darf sich der Leser in zehn Jahre aventurischer Geschichte versenken.

Das AA Band I umfasst die irdischen Veröffentlichungsjahre 1989-1991. Es enthält Perlen wie die Reihe „Aus Kultur und Gesellschaft“, in der ebenso von den Festen des Kalifen wie von den 27 erlaubten Griffen von Unau berichtet wird. Als Tar Honak 15 Hal das Kalifat überfällt, druckt der AB Teile seiner Rede ab, die im AA nicht fehlen dürfen. Als zwei Jahre später der Patriarch von Al’Anfa Tar Honak überfällt, liest man im AB aus der ersten Reihe von den Ereignissen… Auch die Hintergrund-Reportage fehlt nicht, so erfährt der heutige DSA-Spieler, was ein Stadtgefängnis von einem Kerker, dem Büttelkeller oder dem Schuldturm unterscheidet oder wer wann in Notmark auf Drachenhatz ging! Band I der Reihe vervollständigt eine dreieinhalbseitige chronologische Übersicht über den Khôm-Krieg.

In Band II (1991-93) druckte man einige Originalseiten des AB ab, darunter natürlich die unvergessliche Elfe des Monats, ein Horoskop und den Bericht über einen neuen Heldentypen: den Assassinenhalbling. Augenzwinkernd an der BLÖD-Zeitung orientiert sind die Rubriken noch heute den einen oder anderen Lacher wert – garantiert. Ansonsten setzt sich die gewohnt gut ausgewählte Reihe fort und wird etwa durch die neuen Beiträge von Dirk Werres „Die Answinkrise im Überblick“, „Der ‚Bürgerkrieg‘ in Neetha“ und auf sechs Seiten „Der Orkensturm – Ein Überblick“ ergänzt. Der Elf und der Zwerg des Mondes heitern die Orkenkrise nur ein wenig auf…

Der aktuelle Band III (1993-94) macht verschiedene Aspekte des AA besonders deutlich: „Das Schwarze Auge“ wird ein immer professionelleres Rollenspielsystem, die Zahl der Autoren und Publikationen nimmt zu, der AB gewinnt an Umfang und Auflage und die Ereignisse in Aventurien spitzen sich zu und laufen auf einen großen weltumwälzenden Konflikt hin. Mark Wachholz, der die Beiträge der AB zusammengestellt hat, ergänzt den gut 30 Seiten dickeren Band um zwei Spezialthemen: „Aufstieg und Fall des Dragosch von Sichelhofen“ und „Die Zweite Große Spaltung der Praios-Kirche“. Da Borbarads Rückkehr quasi vor der Tür steht, markierte man für die Borbarad-Kampagne „Die Sieben Gezeichneten“ relevante Texte sichtbar innerhalb des Bandes, sodass diese sich mühelos als ergänzendes Spielmaterial vom Meister einsetzen lassen.

Fazit: Alle drei vorliegenden Bände stellen wundervoll ergänzendes Material für den umfassend informierten Spielleiter dar. Aber auch der Neueinsteiger kann Gefallen an den Artikeln finden. Für den DSA-Sammler stellt die Reihe ein Muss dar. Alle Beiträge tragen übrigens einen Quellenhinweis, sodass sich leicht nachvollziehen lässt, wer wann (irdisches und aventurisches Jahr) diesen Artikel für den AB schrieb. Ich freue mich besonders auf die nachfolgenden Bände, die mich mitten in den Borbarad-Konflikt hineinsaugen und mir spannende Lese- und Meisterlektüre bieten werden!


Aventurisches Archiv I: Die Jahre 14 bis 17 Hal
Spielhilfe
Thomas Römer, Christian Lonsing (Hrsg.)
Fantasy Productions 2001
ISBN: 3-89064-279-9
88 S. , Softcover, deutsch
Preis: EUR 13,78

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