Auf den Inseln

„Auf den Insel – Versunkene Städte und Männer aus dem Meer“ ist die erste „Cthulhu“-Kampagne aus deutscher Feder aus dem Hause Pegasus Spiele. Das Spielmaterial ist im aus der „Cthulhu“-Reihe von Pegasus typischen Layout, so dass ich dazu nichts weiter zu sagen brauche. Bei den Extras hat sich der Verlag ins Zeug gelegt: Es gibt alle Handouts und drei Karten (von Borkum, Sylt und der Nordseeküste) in Farbe. Außerdem liegt in der Box noch ein Büchlein mit friesischen Sagen und ein Touristenführer. Den Kern bildet ein Band mit drei Abenteuern, die auch für Einsteiger geeignet sind und alle im Nordseeraum spielen.

von Markus Kolbeck

 

„Mediis tranquillum in undis“ von Ingo Ahrens führt die Spielercharaktere im Juni 1923 auf die Insel Borkum, um Urlaub zu machen oder einen Kuraufenthalt zu genießen. Es kommt immer wieder zu Zwischenfällen: Eine Frau fällt von einem Vergnügungsdampfer ins Wasser, der angebratene Fisch auf dem Teller fängt wieder an zu zappeln und ein Freund wird wahnsinnig, wodurch die Charaktere persönlich involviert werden. Was sie noch nicht wissen können, ist dass immer wieder durch Vogelbrutgebiete trampelnde Touristen verschwinden, Boote von Robbenjägern leck schlagen und Badende zu Tode erschreckt werden. Die Charaktere sollten langsam dahinter kommen, bis es dann zur Konfrontation mit ihrem Gegenspieler kommt, wobei zwischen den Guten und den Bösen nicht immer klar unterschieden werden kann. Das Abenteuer ist relativ kurz und stellt nicht mehr als einen Aufwärmer für die Kampagne dar, in deren eigentlichen Hintergrund erst im zweiten Abenteuer eingeführt wird.

In „Ekke Nekkepenn“ von Frank Heller wird den Spielercharakteren von einem Freund, der verhindert ist, ein bereits gebuchter Urlaub angeboten. Die Reise geht diesmal im Februar 1924 auf die Insel Sylt. Auf der Insel werden die Charaktere einen Bekannten wieder begegnen. Es gibt dort eine archäologische Ausgrabung, die das Interesse der Charaktere wecken mag. Welches Geheimnis wartet da auf seine Entdeckung? Und wer ist der Vermummte, dessen die Abenteurer hin und wieder angesichtig werden? Und warum beobachtet sie dieses merkwürdige Ehepaar? Was bedeuten die nächtlichen Lichtsignale auf dem Meer? Spätestens als ein Mord geschieht, werden die Charaktere aus ihrem Urlaub gerissen. In diesem Abenteuer ist es möglich, dass die Spieler ihrem Gegner einen schweren Schlag zufügen.

Dem nicht genug, geht es in „Der Ruf des Meeres“ von Jan Christoph Steines einige Jahre später weiter. Im April 1929 erfährt einer der Charaktere, dass sein Freund Georg Paulsen durch Ertrinken umgekommen ist. Georg war Nichtschwimmer und hasste die See. So wird man der polizeilichen Darstellung, es handle sich um einen Unfall, kaum Glauben schenken. Doch was trieb Georg hinaus aufs Meer? Hat es etwas mit dem Amulett zu tun, das man bei ihm fand oder jenem eigentümlichen Glockengeläut aus dem Meer? Die Charaktere werden die letzen Tage von Georg erforschen. Die Spur führt nach Malvesbüll an der Nordseeküste. Eigenartig verunstaltete Menschen mit hervorquellenden Augen, breitem Mund und schuppiger Haut werden ihnen begegnen. Das Mysterium wird sich lüften und die Abenteurer werden einem fulminanten Ende zusteuern, worauf ihre Gegner im Nordseeraum voraussichtlich geschlagen sind.

Wer die Lovecraft-Geschichte „Schatten über Innsmouth“ kennt (und wer tut das nicht), dem wird eines der Themen der Kampagne bekannt sein. Auf der anderen Seite wird dem, der Gefallen an der Geschichte gefunden hat, wohl auch „Auf den Inseln“ gefallen; außerdem ist die Kampagnenhandlung wesentlich komplexer. An die Komplexität von „In Nyarlathoteps Schatten“ reicht die Kampagne aber nicht heran (wodurch sie aber besser für Einsteiger geeignet ist). Auch ist der Umfang um rund 170 Seiten geringer, was wohl schwerlich durch die farbigen Handouts wettgemacht wird. Dafür sieht man sich in „Auf den Inseln“ nicht mit Unmengen von Kultisten konfrontiert beziehungsweise es sind Auswege wie Ablenkungsmanöver möglich, so dass die Sterblichkeitsrate nicht so hoch sein dürfte wie in der anderen Kampagne. Die Abenteuer sind gut recherchiert; so sind etwa die meisten der aufgeführten Sagen nicht erfunden. Ein weiterer Pluspunkt ist natürlich, dass die Kampagne in Deutschland spielt, sie mischt also das Bekannte mit dem Unbekannten. Allerdings kann es künstlich wirken, wenn die Charaktere dreimal hintereinander in den Nordseeraum reisen. Um dies zu vermeiden, sollte man zwischen den Kampagnenabschnitten andere Abenteuer spielen.

Fazit: „Auf den Inseln“ ist eine solide Kampagne für „Call of Cthulhu“. Zum Teil angelehnt an die Lovecraft-Geschichte „Schatten über Innsmouth“ verbreitet die an der Nordseeküste spielende Abenteuertrilogie reichlich Seewasserflair und Küstennebelstimmung. Von Komplexität und Umfang her eher an Einsteiger gerichtet, stellt sie für jeden „Cthulhu“-Fan eine willkommene Bereicherung des eigenen Spiele-Fundus dar, aber es gibt doch noch bessere Kampagnen für das System.


Auf den Inseln
Abenteuerkampagne
Ingo Ahrens, Frank Heller, Jan Christoph Steines
Pegasus Spiele 2002
ISBN: 3-930635-51-8
192 Seiten + Handouts + 3 Karten, Box mit Softcovern, deutsch
Preis: EUR 19,95

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