ARTIKEL: Systemvorstellung: The End of the World

„Würdest Du die Apokalypse überleben?“ Eben diese Frage stellt die Rollenspielreihe „The End of the World“ – und will natürlich auch gleich die Antwort mitliefern. Aber um was geht es hier eigentlich genau?

von André Frenzer

„The End of the World“ ist die englischsprachige Ausgabe des spanischen Rollenspiels „El Fin del Mundo“ aus dem Hause Edge Entertainment. Der amerikanische Verlag Fantasy Flight Games – neben seinen ausladenden Board Games in erstere Linie bekannt für die Rollenspielversionen zu den Franchises „Star Wars“ und „Warhammer“ – hat sich dem spanischen Original angenommen und es übersetzt. Aber worum geht es hier eigentlich genau?

It?s the end of the world as we know it …

R.E.M sangen es bereits 1987, aber nun ist es endlich so weit: unsere Welt endet. Damit ist aber nicht die Welt als Himmelskörper gemeint – Die „The End of the World“-Reihe will das Ende der Menschheit spielerisch erlebbar machen. Das mag seltsam klingen, tatsächlich ist das Konzept aber gar nicht so unrund.

Jedes der vier „The End of the World“-Bücher enthält verschiedene Katastrophen-Settings, die den Untergang der menschlichen Zivilisation, wie wir sie kennen, zur Folge haben – seien es Zombie-Apokalypsen, die Rückkehr uralter Götter oder auch die Ankunft feindlich gesinnter Außerirdischer. Einen kompletten Überblick über diese Settings findet ihr unten. Diese Settings sind allesamt recht grob ausgearbeitet – sie enthalten Zeitleisten der wichtigsten Ereignisse, geben dem Spielleiter ein paar Tipps an die Hand, wie die Apokalypse die Charaktere erreichen kann und stellen dann einige kurze Schauplätze mit Abenteuervorschlägen vor. Jedes Setting wird darüber hinaus durch eine „Post-Apokalypsen“-Beschreibung abgerundet, welche die „The End of the World“-Spiele kampagnentauglich machen sollen – wer die Apokalypse überlebt hat, muss sich nun in einer neuen Welt zurechtfinden.

Der besondere Kniff, den die „The End of the World“-Reihe dabei anbietet: Die Protagonisten der Geschichte sind nicht irgendwelche speziellen Charaktere, die in den Untergang der Menschheit verstrickt werden, sondern die Spieler selbst. Hierfür erstellt jeder Spieler einen Charakter, der ihn selbst verkörpert. Man verteilt Attribute und Vor- und Nachteile nach seinem eigenen Vorbild, der Rest der Spielgruppe hat allerdings ein (anonymes) Mitbestimmungsrecht, falls man sich doch etwas zu forsch eingeschätzt hat. Eben diese Charaktere sind es nun, die der Apokalypse ins Auge blicken.

Vier Spiele …

Insgesamt vier Spiele sind es, die unter dem Titel „The End of the World“ erschienen sind. Jedes stellt dabei einen anderen, aus Literatur, Religion oder Film und Fernsehen bekannten Verlauf der menschlichen Apokalypse in den Vordergrund.

Der erste Band der Reihe, in kräftigem Rot gehalten, trägt den Untertitel „Zombie Apokalypse“. Hier ist der Name Programm und die finsteren Untoten mit dem Hang zum menschlichen Gehirn erobern in fünf verschiedenen Varianten den Erdball. Dabei können die Zombies mal tumb und dröge erscheinen, mal als wahnwitzige Killerbestien; der Ursprung der Zombies mag in außerirdischer Strahlung liegen oder in einem hochgezüchteten Killervirus. Wie auch immer, hier sollen „Dawn of the Dead“- oder „The Walking Dead“-Fans auf ihre Kosten.

Wesentlich kosmischer wird es dann im zweiten Band, „Wrath of the Gods“. Egal, ob das mythische Ragnarök über die Menschheit hereinbricht, ob die sieben Posaunen Jerichos erschallen und die vier apokalyptischen Reiter der Welt einen unangenehmen Besuch abstatten oder Cthulhu höchstselbst aus den Tiefen des Pazifik aufsteigt, um die Menschheit zu unterjochen – hier bekommen es die Spieler mit uralten Schrecken zu tun, die der Menschheit haushoch überlegen sind.

Im dritten Teil, „Alien Invasion“ erhält die menschliche Zivilisation unliebsamen Besuch aus dem All. Auch hier gibt es eine rege Bandbreite vorgestellter Settings: die Invasoren können in Gestalt der geheimnisvollen „Grauen“ – beliebt und bekannt aus „Akte X“ – auf den Plan treten, sie könnten gleich den Marsianern aus „Krieg der Welten“ mit fortschrittlicher Kriegstechnologie auftreten oder in Form von Parasiten die Menschheit versklaven.

Im letzten Band dann, „Revolt of the Machines“, erlebt die Menschheit ihr Ende durch die von ihnen geschaffenen technischen Errungenschaften. Dabei ist sowohl dem Rasenmäher oder der Glühbirne ebenso zu misstrauen wie dem hoch entwickelten Roboter. Egal, ob man nun „Matrix“ oder „Terminator“ abbilden möchte, in „Revolt of the Machines“ finden sich die passenden Setting-Zutaten.

… ein System

Die Backcover der Reihe versprechen ein „einfaches und narratives“ Regelsystem. Dieses ist tatsächlich – bis auf wenige Nuancen – in allen vier Reihen identisch. Während man diese Herangehensweise von Fantasy Flight Games spätestens seit „Star Wars“ gewohnt ist, ist es doch ärgerlich, für den Regelteil jedes Mal wieder Geld ausgeben zu müssen, wenn man denn eigentlich nur an den anderen Settings interessiert ist.

Das Regelsystem ist dann auch tatsächlich recht simpel: Jeder Charakter besteht aus sechs Attributen mit Werten zwischen 1 und 5. Um nun eine Probe zu bestehen, muss der entsprechende Attributswert mit einem W6 unterworfen werden. Ein wenig komplexer ist die Zusammenstellung des Würfelpools: Es gibt „negative“ und „positive“ Würfel. Positive Würfel erhält man für passende Vorteile oder günstige Umstände, negative für entsprechende Nachteile oder Erschwerungen. Nur die positiven Würfel werden mit dem Attributswert verglichen und die negativen Würfel können erfolgreiche positive Würfel negieren. Wer am Ende immer noch einen positiven Würfel übrig hat, der das entsprechende Attribut unterbieten konnte, hat die Probe bestanden.

Kampf und daraus resultierende Verletzungen werden mit sogenannten Stressbalken gehandhabt. Dabei gibt es drei Stressarten – mentale, körperliche und soziale –, die durch unterschiedliche Ereignisse angesprochen werden können. Ist ein Stressbalken „voll“, verliert der Spieler die Kontrolle über seinen Charakter. Es gibt allerdings die Möglichkeit, akuten Stress in „Traumas“ umzuwandeln, die den Charakter zwar langfristig belasten, aber immerhin verhindern, dass er an seinen akuten Erlebnissen schlicht verstirbt. Ein schöner Mechanismus, der den langsamen Niedergang der Charaktere in Spielwerte gießt.

Das Regelwerk in Gänze ist damit tatsächlich recht regelleicht und schnell zu lernen.

Fazit: Den Untergang der Menschheit einmal in der eigenen Haut erleben – das wünschen wir uns sicher alle nicht. Die „End of the World“-Reihe bietet dem Spielleiter aber einmal die Möglichkeit, eben diese furchtbaren Ereignisse auf die Spieler loszulassen. Fans des Genres dürften einmal einen Blick riskieren, aber die Bücher lassen dem Spielleiter noch eine Menge Arbeit übrig.