Andrax 5 – Gnadenlose Jagd

Im fünften und letzten Band der „Andrax“-Gesamtausgabe von Cross Cult darf unser Schwertschwinger ein letztes Mal seine körperliche und geistige Überlegenheit (mit Wissen aus den 1970er Jahren) gegen die Bewohner einer postapokalyptischen Welt ausspielen. Und außerdem soll ja auch endlich „das große Geheimnis“ gelöst werden, warum sich die Erde in der Zukunft so sehr verändert hat. Doch können wir diese Wahrheit wirklich vertragen?

von Dominik Cenia

 

„In einem führerlosen Bomber mit Sauriern kämpfen … absurder geht’s fast nicht mehr!“ – Andrax in „Stahlkugel“.

In „Stahlkugel“ geraten Andrax und Holernes in eine Gesellschaft, die sich vor „runden“ Objekten fürchtet und das „Viereck“ anbetet. Welche Bedrohung sich aber wirklich dahinter verbirgt, offenbart sich Andrax schon nach kurzer Zeit in dieser Welt der Quader und Winkel nur all zu deutlich. Zum ersten mal erfahren wir auch, in welcher Region sich Andrax zurzeit ungefähr aufhält: Frankreich!

Weiter geht es mit „Totentänze“, einer kurzen Adaption des Frankenstein-Mythos und damit mal wieder einem kurzer Abstecher in das Horror-Genre. In „Zone des Grauens“ erfährt Andrax etwas über einen Atomkrieg, der große Teile der Erde zerstört haben muss. Doch scheint dies nicht allein der einzige Auslöser für Andrax wahnwitzige Zukunftswelt zu sein. „Off Limits“ führt die beiden Gefährten auf ihrem Heimweg in Holernes Königreich, in die Falle eines Wissenschaftlers, der mit Hilfe von Drogen und Rauschmitteln seine genetischen Experimente unter Kontrolle hält, um ein unschuldiges Völkchen für sich schuften zu lassen. Doch dem machen Andrax und Holernes natürlich schnell ein Ende.

Die letzte Geschichte „Circus Maximus“ ist neben „Stahlkugel“ die längste Geschichte des Bandes und vielleicht sogar eine der längsten Geschichten der „Andrax“-Reihe selbst. Hier geraten Andrax und sein Freund in den „Wilden Westen“. Doch scheint in dieser merkwürdigen Zwischenwelt die Zeit wie im Fluge zu vergehen und so rasen Andrax und Holernes von einem historischen Ereignis der damaligen Zeit (Alamo, Gold Rush, Jesse James, Little Big Horn …) zum anderen. Dabei treffen sie auch immer wieder auf den „Tod“ persönlich, der den beiden Helden mit dem ein oder anderen feigen Angriff und Mordanschlag ans Leder will.

So ganz weiß ich nicht, was ich von dieser letzten Geschichte halten soll. Andrax macht als Westernheld eine ganz gute Figur, auch wenn man ihn natürlich mittlerweile völlig anders gewohnt ist. Holernes erscheint dagegen völlig fehl am Platz und ist in dieser Episode nicht viel mehr als ein weiterer Zuschauer, der kaum selbst die Initiative ergreift. Auch das regelmäßige Auftauschen des „Skelettmannes“ erschließt sich dem Leser in keinster Weise. Hinzu kommt das (für eine „Andrax“-Geschichte!) „rasende“ Tempo, mit dem hier Zeichner Jordi Bernet und Autor Peter Wiechmann durch die Handlung flitzen. Ein bisschen hat man das Gefühl, als ob das Duo hier etwas völlig Neues ausprobieren wollte: Andrax als „Zeitreisender“, der die Schicksale und Ereignisse der Geschichte kennt, aber ihren Verlauf nicht zu ändern vermag. Hinzu kommt noch eine Reihe „historischer“ Anmerkungen in Form von einzelnen Fußnoten. All das sorgt dafür, dass es der Geschichte so ziemlich an dem Endzeit-Charme fehlt, der die „Andrax“-Reihe sonst so auszeichnet. Wenigstens das Ende versöhnt den Leser dann aber zum Glück wieder.

In dem abschließenden Kapitel „Das große Geheimnis …“ rückt Autor Peter Wiechman letztendlich dann doch mit der großen Auflösung rund im Andrax Zeitsprung raus. Doch dieses „Geheimnis“ möchte ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Nur soviel: Ein Atomkrieg ist es nicht – zumindest nicht ausschließlich. Aber das dürfte dem Leser der Gesamtausgabe sich mittlerweile auch so erschlossen haben.

Fazit: Es ist nicht ganz leicht, dem abschließenden „Andrax“-Band eine Bewertung zu geben. Die Geschichten sind an sich recht solide, auch wenn „Circus Maximus“ so gar nicht meinen Geschmack getroffen hat. Für den abschließenden Band einer Gesamtausgabe hätte ich mir vielleicht noch ein wenig mehr Infos und vielleicht auch eine etwas spektakulärere Abschlussgeschichte gewünscht. Doch genau hier lässt der Band leider so einiges offen (woran aber im Prinzip niemand die Schuld trägt). Insgesamt gesehen ist „Andrax“ aber mit Sicherheit eine großartige Reihe vergangener Comic-Kultur. Ich glaube zwar nicht, dass derartigen Comics heute noch der große Durchbruch gelingen könnte, doch ein echter „Klassiker“ in „Andrax“ allemal.


Andrax 5 – Gnadenlose Jagd
Comic
Jordi Bernet, Peter Wiechmann
Cross Cult 2009
ISBN: 9783936480795
ca. 167 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 18,00

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