Andrax 1 – Experiment des Grauens

Es gibt Verlage, die kennt man irgendwie, ohne wirklich zu wissen, wer eigentlich hinter ihnen steht. So zum Beispiel die Comic-Schmiede von Kauka. Kauka? Ja, der Name steht zum Beispiel für so großartige Titel wie „Fix und Foxi“, „Lupo“, „Primo“ oder… „Andrax“!

von Dominik Cenia

 

Allzu viel haben allerdings die Abenteuer des schwertschwingenden Zehnkämpfers Michael Rush mit den Geschichten von „Fix und Foxi“ nicht zu tun. Wobei ein Zusammentreffen der beiden Comic-Welten mit Sicherheit für jeden Crossover-Fanatiker überaus interessant sein könnte. ;-) Naja, Spaß beiseite…

„Andrax“ wurde 1973 von Zeichner Jordi Bernet und Autor Peter Wiechmann ins Leben gerufen. Zu einer Zeit, in der sich wieder einmal das „Sword and Sorcery“-Genre in der Blüte seines Schaffens befand, entstand auch bei Kauka ein tollkühner Held mit stählernen Muskeln, wallendem Haupthaar und natürlich Schwert und Lendenschurz. Vom klassischen Barbaren nahm man aber in gewisser Hinsicht ein wenig Abstand. Andrax (mit bürgerlichem Namen Michael Rush) war einfach nur ein Zehnkämpfer, den es aus dem Jahr 1976 durch ein grauenhaftes Experiment 2000 Jahre in die Zukunft verschlagen hat.

Doch die Hoffnung auf eine „perfekte Zivilisation“ in der Zukunft ist zum Scheitern verurteilt. Andrax kommt in eine Welt, in der modernste Technologie und antikes Barbarentum, mittelalterliche Mythen, außerirdische Wesen und Relikte aus der eigenen Gegenwart aufeinandertreffen. Nur sein athletischer Körper und sein Wissen aus der Gegenwart bewahren Andrax von den Gefahren dieser unbarmherzigen Zukunft.

So viel zur eigentlichen Story. Wer „Andrax“ in das Genre der „Sword and Sorcery“ einordnen möchte, tut sich bei diesem Genre-Mix also überaus schwer. Denn Andrax ist Conan, Flash Gordon oder sogar Prinz Eisenherz zugleich! Hier treffen einfach alle Welten aufeinander, und vereinen sich zu einem Mix aus phantastischem „Trash“, der mit der Geschwindigkeit einer Achterbahn von Comic-Seite zu Comic-Seite fegt. Fesselnd, amüsant und ungefähr so akkurat wie ein Duplostein!

Es mag Zweifel aufkommen, ob ein derartiger Mix nicht zu viel des Guten ist. Und in der Tat mag auch dem stärksten Fan von schneller Comic-Kost so manche Szene zu schnell davonfliegen. In der einen Szene kämpft Andrax gegen einen mittelalterlichen Dracula und schon im nächsten Kapitel richtet er seine Laserpistole auf außerirdische Todesroboter. Natürlich wurden auch die Dialoge vom Einfallsreichtum her an dieses Tempo angepasst. Wer also eine weitere „Graphic Novel“ von Cross Cult erwartet, sei hiermit gewarnt!

„Andrax“ erhebt aber auch gar nicht den Anspruch darauf, in irgendeiner Form der „höheren“ Comic-Literatur gerecht zu werden. Die Geschichten machen einfach Spaß. Sie sind schnell, actiongeladen und natürlich von der ewigen Überlegenheit des Hauptheldens Andrax geprägt. Schöne Frauen mit üppigen Rundungen, böse (wirklich BÖSE) Schurken und der ein oder andere „Sidekick“ an Andrax’ Seite (König Holernes) geben dem Comic ein Eigenleben, wie ich es schon lange nicht mehr erleben durfte.

Ein Exposé der Handlung des ersten Bandes wiederzugeben ist demnach gar nicht mal so einfach. Nach seiner unfreiwilligen Reise in die Zukunft erlebt Andrax zahlreiche Abenteuer. Mit seinem anfänglichen Rivalen König Holernes schließt er schließlich Freundschaft und begibt sich mit ihm gemeinsam auf weitere gefahrvolle Reisen. Andrax ist auf der Suche nach dem Grund, wieso sich die Zukunft so entwickelt hat. Was hat die Menschheit falsch gemacht? Gab es einen großen Krieg? Oder waren es außerirdische Angreifer? Vielleicht schlummert die Antwort irgendwo da draußen in dieser gefahrvollen Welt…

Wirft man ungeachtet der eigentlichen Konzeption einen Blick auf die Zeichnungen, so muss ich gestehen, dass Jordi Bernet sein Handwerk seinerzeit durchaus verstanden hat. Anatomie, Strich und Bewegung sind durchaus dynamisch gestaltet. Die Gesichtsausdrücke sind klar zu erkennen, sodass stets Helden als Helden, Schurken als Schurken und schöne Frauen als… naja… ihr wisst schon… zu erkennen sind. Bernets Zeichenstil lässt keinen Platz für Kompromisse. Die Dinge scheinen bei ihm einfach aus der Schublade zu kommen (ein Schrank mit SEHR VIELEN Schubladen wohlgemerkt). Dadurch wirkt der Comic überaus einheitlich und wie aus einem Stück gegossen. Es gibt keine Experimente, keine neuen Wege oder Stilbrüche.

Noch ein Wort zur Aufmachung: Dem Programm von Cross Cult entsprechend, kommt der komplett schwarz-weiße Comic als hochwertiger Hardcover-Band im praktischen Buchformat daher. Und ein Vorwort von Alexandra Kauka sowie das Nachwort von Peter Wiechmann zeigen dem Leser einfach, dass hier mit viel Liebe zum „Trash“ gearbeitet wurde.

Fazit: „Andrax“ ist ein Abenteuer-Comic in seiner reinsten Form. Fesselnd für junge Leser von Abenteuergeschichten und amüsant für das erwachsene Publikum zugleich. Wie geschaffen also für das Programm von Cross Cult. Ganze fünf Bände soll die Serie „Andrax“ umfassen. Der glanzvolle Auftakt dafür ist hiermit auf jeden Fall getan. Bleibt zu hoffen, dass auch die zukünftige Bände nicht all zu lange auf sich warten lassen!


Andrax 1 – Experiment des Grauens
Comic
Jordi Bernet, Peter Wiechmann
Cross Cult 2007
ISBN: 978-3936480757
ca. 140 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 18,00

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