von Dominik Cenia
Blickt man auf die Geschichte der Comics zu den „Alien/Aliens“ Filmen, so stolpert man auch unweigerlich über den Dark Horse Verlag, der schon seit den 1980ern mit Comic-Adaptionen zu bekannten Science-Fiction und Actionfilmen das Publikum erreichen konnte. Angefangen hat alles 1988 mit der ersten Comic-Ausgabe von „Aliens“. Von da an waren die Monster aus dem All im Comic nicht mehr wegzudenken und fraßen sich in zahlreichen Heftnummern durch Hunderte von Menschenleibern. Es folgten verschiedene Crossover-Hefte, wie auch die berühmten „Aliens vs. Predator“-Serien oder die eher obskur wirkenden „Batman vs. Aliens“- oder „Witchblade/Darkness/Predator/Aliens“-Miniserien (die aber eigentlich wirklich niemand brauchte).
Mitte bis Ende der 1990er-Jahre wurde dieser ganze Crossover-Unsinn eindeutig zu sehr auf die Spitze getrieben. Aus der stets geheimnisvoll anziehenden und doch tödlichen Spezies war nicht viel mehr als ein austauschbarer Selbstläufer geworden, der dazu noch unter so manchem zweifelhaften Zeichentalent all seinen Schrecken verloren hatte. Aliens? Klar, aber nur wenn der Terminator oder Green Lantern auch mal gegen diese Monster kämpfen durften. Der „Aliens“-Comic-Kult, der sich in den späten 1980ern entwickelt hatte, war dahin.
Grund genug also, zwischen all diesen zweifelhaften Machwerken, eine gezielte Auswahl zu treffen und behutsam eine neue Reihe zu starten. Das geschädigte Image der einstigen Giger-Kreation muss wieder ins richtige Licht gerückt werden, um endlich wieder den Schrecken ausstrahlen zu können, den sie einst besaß. Hier mag vielleicht zu sehr der Liebhaber aus mir sprechen, aber zu irgendetwas muss man halt stehen. :-)
Cross Cult hat dabei auf alle Fälle den richtigen Ansatz gewählt. Denn der erste Band von „Aliens“ zeigt sich in einem düsteren Schwarz-Weiß im Hardcover. Auf über 170 Seiten, und das auch noch im recht handlichen A5-Format, werden vier unterschiedliche Erzählungen aus den Jahren 1993-94 und 1998 dargeboten. Dabei könnte die Auswahl der Autoren und Zeichner nicht namenhafter sein: Dave Gibbons („Watchmen“), Guy Davis („B.U.A.P.“), Mike Mignola („Hellboy“) und David Lloyd („V for Vendetta“) geben sich förmlich die Klinke in die Hand. Fast schon ein Aufgebot an Superlativen möchte man meinen. Doch Vorsicht, betrachten wir trotz aller Begeisterung die Geschichten lieber erstmal im Einzelnen.
Den Anfang bildet „Glaskorridor“, eine eher typische „Alien tötet alle Besatzungsmitglieder eines Raumschiffes“-Story, die auch ziemlich schnell zur Sache kommt. Ein paar schmierige Weltraumschmuggler, einige unschuldige Zivilisten und schließlich noch ein smarter Anti-Held bilden das Ensemble. Fertig ist ist die Laube. Trotz guter Zeichnungen und einem annehmbaren Storyverlauf kein Meilenstein, aber ein akzeptaber und schneller Einstieg in den Band.
Es folgt die etwas längere Geschichte „Überleben“ von Guy Davis. Die Zeichnungen haben schon fast den Charme der späten 1980er-Jahre-Comics und machen sich wirklich prima. Auch die Story kann, trotz einiger Längen, wirklich überzeugen und geht einen interessanten neuen Weg. Hier sind nicht nur die Aliens selbst, sondern auch die alles überwachende Firma (schon aus dem ersten „Alien“-Film bekannt) der Feind. Die Geschichte präsentiert von Anfang an eine quasi aussichtslose Perspektive, die nur mit dem Untergang des Protagonisten enden kann. Und das Ende kommt dabei dann auch noch doppelt so dick. Eine Geschichte, die man also wirklich gelesen haben sollte.
Die dritte Story „Earth Angel“ reiht sich in meinen Augen leider genau in die Kandidaten der Schundcomics ein, die dem Image der „Aliens“ im Comic so geschadet haben. Denn nicht nur eine völlig trashige Story, sondern auch der völlig unpassende Zeichenstil von „Fantastic Four“-Zeichner John Byrne sorgen dafür. Ein Alien erreicht Mitte der 1950er-Jahre irgendwo in Amerika die Erde, und schon nach kurzer Zeit geht das Fressen, Sterben und Ausbrüten unter einer Bande von Bikern los. Und während die Motoradrocker auf ihren Bikes sich mehr oder weniger erfolgreich mit einigen Face Huggern anlegen, tritt ein gewisser Doktor Daniel Ripley auf den Plan, rettet seine Familie vor den Aliens und kämpft Seite an Seite mit den schweren Jungs von der Bar gegen die außerirdische Brut. Das mag trashig und witzig klingen, tut aber beim Lesen weh und lässt bei mir erneut ungeahnte Befürchtungen gegenüber den Kinostart von „Aliens vs. Predator (vs. Kleinstadtamerikaner?) 2“ aufkommen.
Zu guter Letzt – und allein dafür lohnt sich eigentlich schon der Band – folgt eine Geschichte aus der Feder von Dave Gibbons, mit den markanten Zeichnungen von Mike Mignola und der Tusche von Kevin Nowlan (der leider auch „Aliens vs. Superman“ mal verbrochen hat). Die Geschichte beginnt recht typisch, hält sich aber gar nicht lange im Weltraum auf und überspringt sozusagen das fröhliche Morden an Bord eines Raumschiffes. Die Überlebenden stürzen auf einem unbekannten Planeten ab. Schwer verletzt, ohne Lebensmittel und mit minimaler Ausrüstung finden sich die Reste der Crew in einer feindlichen Dschungelumgebung wieder. Und auch die Schmerzmittel werden weniger. Und mit den Schmerzen kommen der Wahnsinn und die Verzweiflung wieder zurück. Natürlich sind die Überlebenden nicht alleine auf dem Planeten. Doch eigentlich sind die Aliens, aufgrund der gelungenen Charakterstudien der Hauptpersonen und der spannenden Story selbst, nur ein Beiwerk zur eigentlichen Rahmenhandlung. Mignolas Zeichenstil ist ohne Zweifel für eine „Aliens“-Geschichte passend und bedrückend genug. Leider gelingt ihm der Strich bei den Aliens selber nicht so gut, wie es andere Zeichner können.
Der Band endet mit einem kurzen Anhang von Peter Osteried zu den vier „Alien“-Filmen und geht bis zur eigentlichen Geschichte der Aliens im Comic. Eine grobe Bilbiographie liefert dem Leser zum Schluss noch eine kurze Übersicht zu den Titeln der bekanntestens „Aliens“-Comics. Leider hat an dieser Stelle wohl einfach noch der Platz gefehlt zu all den Titeln das Erscheinungsjahr der Erstauflage mit anzugeben. Schade.
Fazit: Zwei ordentliche und gute Alien-Storys von zwei bekannten Größen, eine eher durchschnittliche Kurzgeschichte sowie ein Abstecher in den Bereich „Alien-Trash“: Die Mischung geht in meinen Augen soweit in Ordnung und rechtfertigt auf jeden Fall Preis, Umfang und die Qualität des Bandes. Der Hardcover-Einband macht sich ebenfalls sehr gut im Regal und auch das Cover von Mignola hat etwas Fesselndes und Bedrückendes. Insgesamt handelt es sich bei dem Buch mit Sicherheit nicht um die „Besten ALIEN-Comics“ wie auf dem Rückendeckel zu lesen ist. Aber es ist trotzdem eine faire Auswahl geworden, bei der die meisten relevanten Aspekte der „Alien“-Comics Beachtung gefunden haben. Ich bin auf alle Fälle auf die Auswahl in den weiteren Bänden gespannt!
Aliens 1
Comic
David Lloyd, Mike Mignola, Dave Gibbons, u. a.
Cross Cult 2007
ISBN: 9783936480573
170 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 16,00
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