Accused! Getting Away With Murder?

Was macht man, wenn man unter Mordverdacht steht? Entweder beweist man seine Unschuld oder schiebt die Schuld einem anderen in die Schuhe. Ob dieser auch der wahre Mörder ist oder zu Unrecht verurteilt wird, zeigt sich am Ende des Spiels.

von Peter Berneiser

 

 

Ein Mord wurde verübt und ihr seid die Hauptverdächtigen. Die Polizei hat euch auf Kaution freigelassen, nachdem ihr eure Alibis zu Protokoll gegeben habt. Ihr müsst nun in der Stadt die Spuren eurer Schuld verwischen und gleichzeitig die Beweise für eure Unschuld sammeln. Ist euer Alibi lupenrein, wenn ihr zur Gerichtsverhandlung geladen werdet? „Accused! Getting Away With Murder?“ ist ein Brettspiel aus dem Hause Twisted Winds Ltd. mit Sitz in London. Die glänzend-weiße Spielverpackung ist ein echter Blickfang und auch das Spielmaterial ist exzellent. Die stimmungsvoll gestalteten Notizblöcke können aufgeklappt werden und beinhalten neben den Notizzetteln eine Kurzübersicht über die wichtigsten Aktionen im Spiel. „Accused!“ enthält wirklich alles, was man zum Spielen benötigt, sogar mehrere Kugelschreiber.

Spielvorbereitung

Der Stadtplan zeigt mehrere Schauplätze (Arztpraxis, Bar, Bank, Bibliothek, Kaufhaus, Kirche, Park, Polizeistation, Stadthalle und den Wald am Stadtrand), welche die Spieler im Verlauf des Spiels aufsuchen müssen. Die Kartenstapel mit den Schuld- und Unschuldskarten werden zusammen mit den Geldscheinen (Cash) und den Ereigniskarten neben die Polizeistation gelegt. Jeder Spieler zieht 3 Unschuldskarten, auf denen entweder ein Schauplatz oder ein Freund abgebildet ist. Man legt solange Karten ab und zieht nach, bis man 3 verschiedene Schauplätze auf der Hand hält. Anschließend legt man die Reihenfolge fest, in der man diese Orte zur Zeit des Mordes aufgesucht hat, und notiert diese auf dem Notizblock. Jeder Spieler muss nun sein Alibi verfassen und in einer Kurzgeschichte aufschreiben, was er zur Tatzeit an diesen Orten gemacht hat. („The more creative you can be the better!“) Die Karten werden anschließend wieder in den Unschuldskartenstapel gemischt. Ein Spieler muss den Zeugenblock verwalten, auf dem ermordete oder bestochene Zeugen notiert werden.

Als nächstes wird ausgewürfelt, wo der Mord stattfand und welche Waffe verwendet wurde. Außerdem erhält jeder eine Wahrheitskarte, die erst am Ende des Spiels aufgedeckt wird, um den wahren Mörder zu enthüllen. Nachdem jeder Spieler eine bestimmte Anzahl Schuld- und Unschuldskarten sowie Cash genommen hat (bei 4 Spielern sind dies 12 Schuld- und 2 Unschuldskarten und 200 Cash), kann es losgehen. Die Spieler müssen ihre Schuldkarten loswerden und die Unschuldskarten sammeln, auf denen die Orte ihrer Alibigeschichte abgedruckt sind. Eine Unschuldskarte wirft schon mal ein gutes Licht auf den Spieler, zwei Unschuldskarten sind ein wasserdichtes Alibi für diesen Ort.

Spielverlauf

In der ersten Runde wird vom Startspieler, der jede Runde wechselt, noch keine Ereigniskarte aufgedeckt. Ereigniskarten gelten für alle Spieler und verändern das Spiel. So verdoppelt „Relativity“ die Bewegung für eine Runde. Jeder Spieler kann in seinem Zug bis zu 5 Aktionen (Bewegung, Karten kaufen und verkaufen, Karten mit Mitspielern tauschen, Mitspieler ausrauben und Schuldkarten ablegen) in beliebiger Reihenfolge ausführen.

Die Bewegung der Spielfiguren erfolgt mit zwei sechsseitigen Würfeln. Das Würfelergebnis entspricht der Anzahl der Felder, die man ziehen darf. Ein zusätzlicher Würfel kostet 100 Cash, zwei zusätzliche Würfel 200 Cash und ein Taxi 500 Cash. Dafür kann man seine Spielfigur auf ein beliebiges Feld stellen. Die Spieler können die Stadt über die Straßen, die von der Polizei bis auf den Waldweg gesperrt wurden, verlassen. Würfelt man beim Verlassen der Stadt eine 1-3, ist der Zug beendet und man muss eine Schuldkarte ziehen. Bei einer 4-6 kann man die Stadt über eine beliebige Straße wieder betreten (und dadurch schneller von Schauplatz zu Schauplatz gelangen) und sich noch 1W6 Felder weit bewegen.

Pro Zug kann jeder Spieler eine Unschuldskarte für 300 Cash verkaufen und beliebig viele Unschuldskarten (für je 500 Cash) und Schuldkarten (für je 200 Cash) kaufen. Spieler können ungeachtet der Entfernung ihrer Spielfiguren miteinander handeln. Entweder tauscht man verdeckt eine Unschuldskarte gegen eine andere oder bietet eine bestimmte Unschuldskarte den anderen Spielern gegen Cash oder Karten an. Wenn zwei Spielfiguren auf demselben Feld stehen, kann ein Spieler den anderen überfallen. Jeder kann nun eine Waffenkarte vorzeigen und erhält deren Bonus auf seinen Wurf. Der höchste Wert gewinnt den Kampf. Der Sieger darf nun zwei Unschuldskarten, 1000 Cash oder eine Unschuldskarte und 500 Cash vom Opfer nehmen oder ihm eine seiner Schuldkarten geben.

Das Ablegen von Schuldkarten (im Schuldkartenstapel befinden sich Waffen-, Beweis-, Zeugen und Motivkarten) beendet den Zug des Spielers. Man sollte folglich die anderen Aktionen vorher ausführen. Die Spieler verwischen ihre Spuren, indem sie sich zu den Schauplätzen begeben und dort Beweis- und Waffenkarten ablegen. Pro Karte erhält man eine Unschuldskarte oder 500 Cash. Zeugenkarten können bestochen werden. Zwar kostet dies einiges, allerdings zählt dieser Zeuge als volles Alibi für einen der drei Schauplätze, an denen man zum Zeitpunkt des Mordes war. Alternativ kann man den Zeugen umbringen. Ein Mord spart zwar Cash, aber je nach Würfelwurf muss man noch die ein oder andere Schuldkarte nachziehen. Der Ort, an dem der Zeuge umgebracht wurde, und die Tatwaffe werden auf dem Zeugennotizblock notiert. Außerdem wird ein Marker auf den Schauplatz gelegt. Motivkarten spielt man auf andere Spieler und können nicht abgelegt werden.

Spielende

Wenn ein Spieler von seinem Alibi überzeugt ist und keine Zeugenkarten mehr auf der Hand hat, kann er zur Polizeistation zurückkehren. Nun beginnt für alle die Gerichtsverhandlung. Nacheinander verteidigen sich die Spieler vor Gericht. Jeder liest seine Alibigeschichte, die er am Anfang des Spiels aufgeschrieben hat, vor und zeigt alle Beweise seiner Unschuld, die er im Verlauf des Spiels gesammelt hat.

Alibikarten, die den Orten der Alibigeschichte entsprechen, sind die stärksten Beweise. Bestochene Zeugen zählen als volles Alibi für einen beliebigen Ort. Beweiskarten, die den Orten aus der Alibigeschichte zugeordnet sind, können eine Alibikarte ersetzen. Freunde können Motivkarten negieren und das Alibi bestätigen. Anschließend muss man alle anderen Karten vorzeigen und deren Besitz erklären. („Den Revolver habe ich im Park gefunden. Ich war gerade auf dem Weg zur Polizeistation, um ihn abzugeben.“) Zeugenkarten sind ebenso wie Waffen, mit denen das Opfer oder Zeugen im Verlauf des Spiels umgebracht wurden, besonders belastend. Beweise, die einem der Tatorte zugeordnet sind, werfen ebenfalls kein gutes Licht auf den Spieler. Motive und Alibikarten, sofern sie nicht zur Alibigeschichte passen, müssen schlüssig erklärt werden.

Wenn jeder Spieler angehört wurde, diskutieren alle über die vorliegenden Beweise und stimmen ab. Der Spieler mit den meisten Stimmen wird schuldig gesprochen. Zuletzt werden die Wahrheitskarten aufgedeckt, mit denen der wahre Täter ermittelt wird. Ist es auch der schuldig gesprochene Spieler oder konnte der Täter mit einem Mord davonkommen?

Fazit: „Accused!“ ist ein stimmungsvolles und detailreiches Brettspiel. Das Spielmaterial ist erstklassig und umfangreich. Besonders die aufklappbaren Notizblöcke mit Notizzetteln und der Übersicht über die wichtigsten Aktionen im Spiel sind ein echter Blickfang. Die Auswertung am Ende ist ungewöhnlich und es wird auch kein Sieger ermittelt. Vielmehr muss sich jeder Spieler ein Gesamtbild aus allen Schuld- und Unschuldskarten, welche die anderen Spieler vor der Gerichtsverhandlung nicht ablegen konnten, machen. Dem ein oder anderen mag diese Art der Spielwertung zu subjektiv erscheinen, wenn die Beweise für Schuld und Unschuld gegenübergestellt werden. Wer sich überzeugende Geschichten ausdenken kann und gerne diskutiert, wird mit diesem Spiel allerdings viel Spaß erleben. Insgesamt betrachtet ist „Accused!“ ein sehr schönes Spiel, das optisch und spielerisch überzeugen kann.


Accused! Getting Away With Murder?
Brettspiel für 3 bis 8 Spieler
Twisted Winds Ltd. 2007
ISBN: n.a.
1 Spielplan, 2 Würfel, 8 Kugelschreiber, 1 Witness Report Pad, 8 Player Notepads, 8 Truth Cards, 16 Event Cards, 10 Chalk Outlines, Cash, 87 Guilt Cards, 60 Innocence Cards, Regelwerk, englisch
Preis: £ 29.99