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Tianxia

„Tianxia“ ist ein neues „T-Spiel“ vom Neuling Antonio Petrelli und dem alten Hasen Daniele Tascini. „T-Spiel“? „T’zolkin“, „Teotihuancan“, „Tekenhu“, „Tiletum“, … Eine inoffizielle Spielereihe, deren Länge mittlerweile jede Einleitung sprengt. Board and Dice ist bei „Tianxia“ wie so oft der Publisher. Giant Roc hat sich an die Lokalisierung gemacht. „T-Spiele“ stehen für Strategie, wenig Glück, Verkettungen und ineinandergreifende Mechanismen, wobei ein Mechanismus häufig einen besonderen Kniff darstellt. Das Gehirn wird bei „Tianxia“ trotz einfacher Regeln jedenfalls zur Höchstleistung animiert. Und eine Mauer bauen wir auch.

von LarsB

Vorweg: Ich liebe diese kniffligen, verschachtelten Euro-Games, die mir verschachtelte Optimierungsaufgaben stellen, die eben nicht ganz trivial sind. „Experte“ oder zumindest „Kenner Plus“ ist für mich der richtige Spieleanspruch. Schreckt euch nicht ab? Ihr seid hier richtig. 

Das Spielmaterial

„Tianxia“ hat eine Menge Spielmaterial. Ein nahezu gewaltiges Spielbrett entfaltet sich in bunten Farben, aber gut strukturiert, auf dem Spieletisch. Segel schmücken kleine Schiffchen, die seitlich am Spielplan vor Anker gehen. Barken werden auf den Spielplan gesteckt, unsere Arbeiter einladend, um sie später rücklings über Bord zu schicken – nicht als Todgeweihte, sondern als Händler. Natürlich. Ein Haufen stilvoller Gebäudeplättchen sorgt für Variabilität auf dem Spielplan. Jedem Spieler wird ein eigenes Spielbrett zuteil, das irgendwo auf dem hoffentlich geräumigen Spieletisch seinen Platz finden kann. Dort finden stilvoll bedruckte Mauerteile und Türme aus Holz ihr Zuhause, die Spielfiguren müssen hingegen – trotz ihrer vielen Talente – fußkalt daneben drapiert werden. Zu zweit oder im Solomodus kommt noch ein Extraspielbrett auf den Tisch, um die Verwaltung eines simulierten Gegners zu erleichtern. Hey, dafür sparen wir zu zweit ja an den Spielerboards! Plättchen und weitere Plättchen werden auf dem Spielbrett platziert, Karten gemischt und verteilt, und, und, und.

Bei „Tiletum“ hatte ich mich schon über die Aufbauzeit beschwert. „Tianxia“ steht dem nicht hinterher: Zu zweit brachten wir über 30 Minuten bis alles fertig war! Und wir wussten, was wir tun! „T-Spiel“ steht also auch für „Tageswerk“ hinsichtlich der Aufbauzeit. Der Vorabaufbau durch den Gastgeber dürfte bei „Tianxia“ von den Spielegästen eingefordert werden. 

Was ist die „besondere Komponente“ bei „Tianxia“? „T’zolkin“ hatte die ineinandergreifenden Zahnräder, „Teotihuacan“ die Pyramide mit diesen Wohlfühlsteinen, „Tekhenu“ den übergroßen Obelisken, der angemalt zu einem wahren Schmuckstück wurde. Und „Tianxia“? So richtig fällt einem da nichts ins Auge. Gut, die Barken, die in den Spielplan eingesteckt werden und diesem so etwas Dreidimensionalität mit Runterstupsfunktion verleihen. Aber das ist es eigentlich nicht. Die zweiteiligen Segelschiffpuzzles machen sich auch gut. Aber so richtig spektakulär wirken diese auch nicht. Trotzdem: „Tianxia“ hat eine sehr gute Tischpräsenz, aber eben keine herausragende. Gut gelungen ist die Gliederung des Spielbretts. Und das ist auch ein Wert. Aber es begeistert nicht.

Sehr gut ist auch die Anleitung. Schlüssig übersetzt versteht man schnell, wie das Spiel funktioniert. Beispiele helfen vor dem Spiel, während der Partie hilft die letzten Seite der Anleitung mit einer vollständigen Symbolübersicht. Im hinteren Teil der Anleitung sind alle Plättchen und Karten erklärt. Fragen bleiben nicht offen. Darüber hinaus unterstützt eine doppelseitige Spielerhilfekarte. Für Partien zu zweit oder allein gibt es eine extra Anleitung.  

Das Spiel

Willkommen im alten China zur Zeit der Streitenden Reiche vor gut 2000 Jahren. Als Oberhaupt einer Adelsfamilie wollen wir mehr Prestige anhäufen als unsere Mitspieler. Prestige wurde auch im damaligen China schon in Siegpunkten gemessen. Und was wäre „T-Spiel“ ohne Siegpunkte? Für diese setzen wir Gouverneure in Provinzen ein, treiben Handel und zeigen an den Grenzmauern, wo der Hammer hängt. 

Das Spiel wird in vier Runden gespielt. In jeder Runde darf jeder Spieler drei Aktionssteine setzen. Oh, warte! Zwölf Aktionen? Das hört sich nach einem flotten Ding an. Das war es in unseren Partien aber nie – auch nicht ansatzweise. Es war schon ein Running Gag: „Heute spielen wir ‚Tianxia‘, aber wirklich mal schnell.“ Nein. Dazu ist es nicht gekommen. Aber wie funktioniert das Spiel? Und wieso kann ich es einfach nicht schnell spielen?

Grundsätzlich ist der Hauptspielplan in die vier Bereiche „Große Mauer und Provinzen“, „Häfen“, „Fluss mit Barken“ und „Palast“ aufgeteilt. Der großen Mauer widmen wir uns zunächst. Hier wollen nämlich einfältige Nomaden einfallen. Ein Fall für uns. Falls ein Nomade die Mauer erreichen sollte, sind dort am Ende der Runde besser Wachturm, Mauerteile und Soldaten platziert, um den Angriff abzuwehren. Komfortabel: Wir wissen am Anfang der Runde, was uns am Ende der Runde blühen wird. Warum kommen die Nomaden? Gier? Schlechte Erziehung? Die Wahrheit: Sie kommen, weil Karten es ihnen befehlen. Die Armen! Sie können doch nichts dafür! Dabei gibt es ein Kartendeck für träge, leistungsgeminderte Nomadenstämme und ein weiteres Kartendeck für agile, performante Nomaden. Letztere sind aber nicht so performant, dass man das ganze Spiel über ausschließlich für die Vervollständigung der Mauer Steine kloppen muss.

Südlich der Mauer schließen sich entlang mehrerer Straßen die Provinzen an. Einige generieren Einkommen, welches jeder Spieler in der nächsten Phase, der Einkommensphase, in Empfang nehmen darf. Dazu muss ein eigener Gouverneur in eines der vier (in jeder Runde unterschiedlichen) Einkommensgebäude eingesetzt worden sein. Hat man das nicht, bekommt man zumindest für sein Startgebäude auf dem eigenen Tableau ein Rundeneinkommen. Sind Arbeiter in der Einkommenphase auf den Barken zu finden, generieren auch diese Rohstoffeinkommen.

Und schließlich schließt sich die Aktionsphase an. Hier werden die drei Aktionsscheiben dieser Runde in die Provinzen platziert. Und schon fängt die Grübelei an. Mit Einsetzen der Scheibe passiert nämlich so einiges. Der Einsetzort entscheidet über das Voranschreiten auf einer der vier Palastleisten, was eventuell einen Bonus auslöst. Wir dürfen gegen Holzkohle, also „Bezahlung mit Holz“, einen Gouverneur in der entsprechenden Provinz einsetzen. Jener generiert fortan Einkommen (sofort und in der Einkommenspahse) oder einen dauerhaften Effekt, der eine bestimmte Aktion oder Spielphase betrifft. Dann darf man in der Provinz handeln (Rohstoffe oder Geld in Handelswaren tauschen), Soldaten oder Gebäude an der Grenze drapieren oder in einem der Häfen mit den vor Anker liegenden Schiffen Handel treiben (Handelswaren in geilen Shit eintauschen). Geiler Shit heißt in „Tianxia“ zum Beispiel Siegpunkte, Fortschritte auf Palastleisten, Soldaten, Geld und/oder Rohstoffe. Ach ja, in einigen Provinzen gibt es auch noch eine Wunschressource oder einen Wunschrohstoff. „Und dann noch einen Aal oben drauf!“, hatte ja auch „Aale-Dieter“ auf dem Hamburger Fischmarkt eingeführt. Wahrscheinlich war er damals auf Kutterfahrt in China.

Alle diese Möglichkeiten sind potenziell verkettet und verschachtelt. Und sie entfalten ihren maximalen Nutzen nur mit den richtigen Ressourcen und Handelswaren in der richtigen Anzahl. Nur einen einzigen Rohstoff in eine Handelsware tauschen? Viel zu lahm. Nur einen Soldaten rekrutieren? So wird das nichts mit dem Sieg! Eine einzige Kiste auf’s Schiff verladen? Meh. 

Daher setzt man gern auch mal vorbereitend Arbeiter für Reis, Stein oder Holz in eine der drei Barken ein. Doch das Einsetzen kostet Geld. Je mehr eigene Arbeiter bereits an Bord der Barke gegangen sind, desto teurer wird das Einsetzen weiterer Arbeiter. Mit den Barken ist das über die gerade genannten Kosten hinaus so eine Sache: Zum Rundenanfang generiert jeder Barken-Arbeiter einen entsprechenden Rohstoff. Zu früh eingesetzt kommt es dazu vielleicht aber gar nicht. Geht ein Arbeiter an Bord einer Barke, schubst er einen Arbeiter als Händler hinten herunter. First-in-first-out. Auf Wiedersehen, Rundeneinkommen! Hallo Händlerzusatzaktion! Auf jedem Spielerspielbrett gibt es davon drei individuelle – für unterschiedliche Strategien und noch mehr Abwechslung.

Letztere kann sich auch an den drei Zielkarten, die man für Siegpunkte zum Spielende nutzen kann und die man zum Anfang der Partie erhalten hat, orientieren. Andererseits kann man diese Zielkarten aber auch für den abgedruckten Benefit abwerfen, den man dann sofort und unverzüglich erhält. Auf bestimmten Handelsschiffen und einer der Palastleisten gibt es schließlich sowieso neue Auftragskarten. Und mehr als drei davon darf man eh nicht werten pro Partie.

Ihr könnt noch folgen? Nein? Macht nichts. Nach dem Abschluss der Aktionsphase handeln wir die Angriffe der übergriffigen Nomaden ab. Dabei wird der größte Verteidigungsbeitrag mit besonders vielen Siegpunkten belohnt, auch weil überlebende Gouverneure überschwänglich Siegpunkte an den Hauptverteidiger (und nur an den) vergeben. Aber auch kleine Verteidigungsbeiträge werden oftmals mit Siegpunkten gewürdigt. Wie auch die Soldaten, die bei nicht ausreichender Befestigung auf mysteriöse Art und Weise verschwinden und sich dabei in Siegpunkte verwandeln. Sie sind doch nicht etwa … TOT!?! Nein, sie weilen jetzt an einem besseren Ort. Sollten auch die Soldaten die Nomaden nicht aufhalten können, gibt es einen Durchbruch. Der Durchbruch der schlechten Art ist gemeint. Diese Barbaren zertreten nun die schönen Blümchen entlang des Weges und „befreien“ die Provinzen! Von ihren Gouverneuren! Dabei brauchen sie einen Teil ihrer noch übrigen Stärke auf und ziehen weiter, oder eben nicht, wenn sie sich genug ausgetobt haben. Die gute Nachricht: In der folgenden Runde können wieder frische Gouverneure (für etwas mehr Holzkohle) eingesetzt werden. Manchmal ergibt sich so ein freier Platz in einer eigentlich schon vollen Provinz … Mmmhhh. Sollte ich vielleicht gar nicht mit verteidigen, damit ICH zukünftig das Gebäude der Provinz nah an der Mauer gouverneurstechnisch nutzen kann? Muahaha! Rasen die wilden Truppen allerdings durch den gesamten Landstrich und haben dann immer noch Plünderwillen, geht es schmerzlich an das Portemonnaie eines jeden Spielers – oder schlimmer noch – ans Siegpunktekonto. Es gibt also ein gemeinsames Interesse zu verteidigen. Zumindest nicht allzu stümperhaft.

Am Ende jeder Runde steht das Buchhalten an. Aber das ist schnell erledigt. Am Ende der Runde 4 ist meist nicht mehr viel Tag übrig. Dann steht die Schlusswertung an. Für das Voranschreiten auf den Palastleisten gibt es Punkte, für die Auftragskarten und das gesammelte Jadefiguren-Set. Ja, auch die sammelt ihr während des Spiels durch Voranschreiten auf den Palastleisten oder das Einsetzen des ersten Gouverneurs in ein Provinzgebäude.

In der Partie mit zwei Spielern wird ein dritter Spieler über einen kartengetriebenen Bot realisiert, der in jeder Runde drei Aktionskarten abgehandelt bekommen will. 

Das Spielgefühl

Die Regeln finden auf nur sieben Seiten Anleitung statt. Da sind Beispiele und Bilder mit dabei. „Tianxia“ ist also nicht kompliziert. „Tianxia“ kommt neben der „Passen“-Aktion nur mit zwei weiteren Aktionsmöglichkeiten daher: Das Einsetzen eines Aktionssteins in den Provinzen oder das Einsetzen eines Arbeiters in eine Barke. In vier Runden werden insgesamt 12 Aktionsscheiben eingesetzt. Doch das hat es in sich. Die oben beschriebene Vernetzung will gemeistert werden. Wie so häufig bei diesen Spielen ist auch bei „Tianxia“ die Effektivität der Schlüssel zum Sieg. Dabei ist die Vernetzung auf einem solchen Niveau, dass es mir gelungen ist, da noch den Kopf drum zu wickeln. Für mich ist das Nahe des grüblerischen Sweetspots, wenn es um den Rätselspaß geht, wie man nun alles unter einen Hut bekommt. Doch das hat auch seine dunkle Seite. „Tianxia“ ist Analyse-Paralyse-anfällig. Punkt. Oder eher Ausrufezeichen! Ich kann das Spiel einfach nicht schnell spielen und gleichzeitig zufrieden mit meinen Zügen sein.

Timing-Aspekte sind bei „Tianxia“ auf den zweiten Blick durchaus gewichtig. Beispiel Verteidigung: Wer Soldaten früher einsetzt, gewinnt (oft) Gleichstände, wenn es um die Verteilung der Siegpunkte geht. Beispiel Gouverneur: Der erste Gouverneur zieht nicht nur billiger ins Häuschen ein, er bekommt zur Belohnung noch eines dieser Plättchen für Boni oder Jade-Figuren. Beispiel Palasttrack: Wer eher hochsteigt, hat die freie/bessere Auswahl an Bonusplättchen. Darüber hinaus finde ich die Barken aus hinsichtlich ihres Timings interessant: Ich möchte früh Arbeiter einsetzen, um früh Rohstoffe zu bekommen, die ich dann ja gewinnbringend in den Provinzen einsetzen kann. Ich möchte auch früh Arbeiter einsetzen, damit diese früher, vielleicht sogar noch in derselben Runde, von der Barke fliegen, um dann als Händler einen coolen Einmal-Schub geben zu können. Ich möchte aber spät Arbeiter einsetzen, damit sie in der nächsten Runde an Bord der Barke noch Einkommen generieren. 

„Tianxia“ ist kein Mangelspiel per se. Durch den modularen Spielaufbau in den Provinzen und die unterschiedlichen Händlerboni auf den Spielertableaus fühlen sich die Partien – auch je nach Taktik – unglaublich unterschiedlich an. Diese Variabilität ist eine der großen Stärken von „Tianxia“. Ich hatte eine Partie, in der ich immer knapp bei Kasse war und mich irgendwie immer von Zug zu Zug gerettet haben. Und dann hatte ich eine Partie mit Geld im Überfluss und Rohstoffen im Überfluss. Und interessanterweise habe ich in der erstgenannten Partie mehr Punkte gemacht. Was aber immer richtig ist: Nur wohl durchdachte Zugfolgen bringen den Sieg. 

Noch ein Wort zum Zwei-Spieler-Bot. Ja, er zeigt ein gutes Verhalten und es fühlt sich wirklich fast so an, als säße ein dritter Spieler mit am Tisch. Aber das ganze Handling habe ich als Belastung empfunden. Manchmal haben wir den Bot auch vergessen. Warum? Weil wir so in das Spiel und die Optimierung der eigenen Züge abgetaucht sind. Wir haben sogar trotz vier (!) Stunden „Tianxia“ am Stück vollkommen vergessen, unsere Getränke zu trinken. Abgefahren. Da ist es eben schwer, noch Platz für einen Bot im Kopf zu haben.

Hervorheben möchte ich das interessante Spannungsfeld im semi-kooperativen Verteidigungsbereich. Klar, das kennt man vielleicht auch schon aus anderen Spielen. Bei „Tianxia“ funktioniert „semi-kooperativ“ wirklich gut. Gerade mit dem aggressiveren Barbarendeck ist das Verhalten der Barbaren wirklich nur für die aktuelle Runde sicher voraussehbar. Und es ergibt sich ein riesiger Entscheidungsraum. Mitverteidigen mit kleinem Aufwand für ein paar Punkte? Voll in die Verteidigung investieren? Womöglich bekommt man durch Gouverneure noch Zusatzpunkte für eingesetzte Soldaten oder Gebäude. Oder absichtlich nicht helfen und den Schaden im Hinterland damit maximieren. Vielleicht hatte man in diesem Landstrich vorher gar keinen Gouverneur eingesetzt und freut sich nun über die vielen freien Stellen?

„Haben wir schon mal so ähnlich gespielt“ oder „Das Spiel bringt nichts Neues“ habe ich schon gehört. Das möchte ich mit einem Restaurantbesuch vergleichen. Natürlich habe ich schon mal ein Filetsteak gegessen. Wenn ich jetzt also in einem neuen Restaurant ein Filetsteak bestelle und bekomme, dann habe ich sowas auch „schon mal gegessen“. Und wahrscheinlich „brachte es nichts Neues“. Fleisch mit Salz und Pfeffer eben. Und doch macht es einen Unterschied, ob das Steak auf den Punkt gegart wurde, wie die Qualität des Fleisches war und auch wie nett alles auf dem Teller drapiert wurde. Klar, nicht für jeden Steakesser sollte das Steak „medium rare“ sein. Und genug Menschen essen gar kein Steak oder gar überhaupt kein Fleisch. Bevor mir der Mund ganz wässrig wird (gleich gibt es Abendbrot), zurück zu „Tianxia“. Das Spiel ist in seinen Mechanismen simpel, es ist interessant verkettet, es hat einen sehr gut funktionierenden semi-kooperativen Teil und es sieht toll aus. In dieser Kombination ist es einfach ein kunstvoll zubereiteter, gut abgeschmeckter Leckerbissen. Es hat für mich einen tollen Grad an Verkettung, Verschachtelung und Timingfragen mit dem extrem interessanten semi-kooperativen Verteidigungselement als Herzstück. 

„Tianxia“ spielt man erfolgreich, wenn man sich ein paar Gedanken gemacht hat über seinen Zug. Aus dem Bauch heraus gespielt kann es sich frustrierend anfühlen, keinen Boden unter die Füße zu bekommen. Damit ein sehr gutes Spiel für Spieler und Spielegruppen, die genau das mögen. Es ist ein würdiges „T-Spiel“. „Tianxia“ hat das „T’zolkin“-Rad nicht neu erfunden. Das musste es aber auch nicht. 

Noch ein Gedanke zur idealen Spielerzahl: Gegen eine Partie zu zweit spricht das aufwändige, irgendwie nicht in den Spiel- und Grübelfluss passende sperrige Abhandeln des Bots. Gegen eine Partie zu viert spricht die schiere Spieldauer und auch die „Downtime“ zwischen den Zügen. Bei drei Spielern hat das Spiel aus meiner Sicht seine Idealbesetzung. Wem ausgiebiges Bot-Handling nichts ausmacht, der kann „Tianxia“ auch zu zweit sehr gut spielen, weil der Bot wirklich gut agiert.

Fazit: Regeltechnisch ist „Tianxia“ eines der simpelsten Expertenspiele mit nur sieben Seiten Anleitung. Doch die Verkettung und Verschachtelung, das neue Rätsel, das man in jeder Partie gestellt bekommt, das alles hat es wirklich in sich. Die Nomaden setzen uns als Spielergemeinschaft unter Druck, sodass das Herzstück von „Tianxia“ das semi-kooperative Verteidigungselement ist – mit der Taktikoption, auch mal absichtlich die Füße still zu halten. Wenn man diese Art Spiel mag, vermag „Tianxia“ auf ganz besondere Art zu fesseln – am liebsten in Partien zu dritt. Man plant für „Tianxia“ allerdings lieber einen längeren Spieleabend ein und hat das schicke, in vieler Hinsicht ausladende Spiel schon vorher aufgebaut. So, Abendbrot. Leider kein Steak. Dafür hab’ ich aber noch die Cola vom letzten „Tianxia“-Spieleabend.

Tianxia
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Antonio Petrelli, Daniele Tascini
Giant Roc 2025
EAN 04255682706016
Sprache: Deutsch
Preis 60,00 EUR

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