von Sabrina
Inhalt
Das Herzstück des Spiels ist ein großformatiger, runder Spielplan, der in drei farblich getrennte Bereiche unterteilt ist: braun, hellgrün und dunkelgrün – jeweils mit einem eigenen Wald- und Sägewerkssektor. Du erhältst einen individuellen Charakterplan, auf dem du deine persönlichen Fortschritte, Ressourcen und Entwicklungen festhältst. Dort notierst du, wie viele Aktionen dir pro Runde zur Verfügung stehen, wie weit du deine Technologien entwickelt hast, wie gut du aufforstest oder schützt und welche Materialien du in deinem Lager bereithältst.
Zum Spiel
Im Zentrum von „Forestry“ steht ein Zwei-Arbeiter-System, das dir zwei Figuren an die Hand gibt: Dein Harvester arbeitet im Wald, fällt Bäume, pflanzt neue Setzlinge und führt Schutzmaßnahmen durch. Deine Führungskraft im Sägewerk dagegen organisiert den wirtschaftlichen Betrieb, verarbeitet Holz zu Produkten und erfüllt Aufträge. Du musst beide Figuren taktisch aufeinander abstimmen, um effizient zu spielen.
Das Standardspiel läuft über zehn Runden, in denen ihr reihum Aktionen ausführt. Zu Beginn hast du drei Aktionspunkte, die du im Verlauf steigern oder zukaufen kannst. Bist du an der Reihe, setzt du deine Aktionspunkte innerhalb eines Zuges nacheinander ein, bis sie aufgebraucht sind. Gute Planung und Weitsicht sind da gefordert. Mit den Aktionspunkten bestimmst du, ob du lieber im Wald tätig bist oder deine Industrie voranbringst. Die Aktionen sind dabei in Wald- und Sägewerkaktionen unterteilt. Viele davon kosten 1 Aktionspunkt, das Fällen und Aufforsten bestimmter Waldfelder hingegen 2.

Im Wald erntest du Holz verschiedener Arten – Kiefer, Birke, Fichte, Buche oder Eiche – und nutzt es, um Aufträge zu erfüllen oder Bauwerke zu errichten. Nach der Ernte kannst du die betroffene Fläche wieder aufforsten. Auch Schutzmaßnahmen wie Durchforstung oder Kalkanstrich bringen Belohnungen, während Bauwerke dir einmalige Vorteile oder dauerhafte Boni verschaffen. Du kannst sogar den Verlauf von Flüssen verändern, indem du Mäander (kostet 3 Zeitarbeitskräfte) oder Talsperren (kostet 3 Baumaterialien) einsetzt. Dies verändert sowohl Bewegungskosten als auch spätere Wertungsmöglichkeiten.
Im Sägewerk steuerst du deine Führungskraft, um Gebäude zu nutzen und aufzuwerten, Ressourcen zu beschaffen sowie neue Aufträge oder Zielkarten zu erhalten. Hier schlägt das wirtschaftliche Herz des Spiels. Aus Holz entstehen Möbel, Musikinstrumente oder Bauwerke – und jede fertige Lieferung bringt Siegpunkte und oft zusätzliche Vorteile.

Neben diesen Aktionsmöglichkeiten stehen dir noch 4 freie Aktionen zur Verfügung. Du kannst Aufträge gegen eine Münze austauschen. Du kann die Einmal-Effekte der Zielkarten auslösen. Zweimal im Zug kannst du vier Münzen ausgeben, um einen zusätzlichen Aktionspunkt zu erhalten. Oder du kannst dein Lager für die angegebenen Kosten ausbauen.
Nach der letzten Runde folgt eine Schlusswertung, die verschiedene Faktoren berücksichtigt: erfüllte Aufträge, gebaute Gebäude, gesammelte Schutzplättchen, erreichte Ziele und den Fortschritt auf der Wasserlaufleiste.

Für den Einstieg bietet „Forestry“ ein vereinfachtes Einführungsspiel, das dir die Grundlagen vermittelt, während die fortgeschrittene Variante mit zusätzlichen Charakterfähigkeiten neue Varianten reinbringt. Im Solomodus trittst du gegen den automatisierten Förster Paul an, der per Kartenmechanismus agiert.
Mein Spieleindruck
Spielerisch richtet sich „Forestry“ klar an ein erfahreneres Publikum (Kennerspiel). Die Regeln sind logisch aufgebaut, bieten eine durchdachte Struktur und sind leicht verständlich erklärt. Die Vielzahl an möglichen Aktionen, langfristigen Effekten und Wechselwirkungen verlangt jedoch einiges an Planung.

Zwischen den Regeln befinden sich grün hinterlegte Infoboxen, die die (ökologischen/ökonomischen) Hintergründe zu den Aktionen beziehungsweise zum Spiel erklären: die Rolle von Erntemaschinen, welche Holzarten häufig geforstet werden oder welche Aufgaben mit der „Forstwirtschaft“ verbunden sind – der Begriff „Forstwirtschaft“ in Anführungszeichen, denn die eine Forstwirtschaft gibt es nicht, sondern diese ist sehr vielfältig. Ich für mich empfinde es als sehr stimmig und sinnvoll, wenn die Infos bereits bei den Aktionen stehen. Das hat mir auch bei anderen Spielen bereits sehr zugesagt. Auf der letzten Seite der Anleitung befindet sich noch eine Symbol-Übersicht, die ich sehr hilfreich fand. Ebenso die beigelegten zwei Übersichtsplättchen mit Aktionsmöglichkeiten, Aufbau- und Endwertung.
Das Material und die Illustrationen haben mir beziehungsweise uns ausgesprochen gut gefallen. Sie sind hochwertig und schön gestaltet. Ich bin eine Freundin der „matten“ Karten und Spielbretter, da sie auch bei künstlichem Licht noch wunderbar zu erkennen sind und nicht im Glanz verschwinden.

Das Zwei-Arbeiter-System, also die Trennung zwischen Waldarbeit und Management, bringt frischen Wind in das Genre der Euro-Games und kam in allen Runden als Mechanik sehr gut an.
Bei den Zielkarten würde ich persönlich den Nachziehstapel offen lassen, um aus zwei Karten wählen zu können und nicht nur eine Wahlmöglichkeit zu haben.
Die Interaktion ist für mich angenehm zurückhaltend, aber dennoch gegeben. Zum Beispiel durch das Wegschnappen von Aufträgen, Zielkarten oder das Blockieren von Feldern.

Die Downtime hängt – wie so oft – stark von der Spielgruppe ab. Besonders in den/r letzten Runde/n kann sie spürbar ansteigen: Zum einen verfügt man dann (in der Regel) über mehr als die anfänglichen drei Aktionspunkte, und zum anderen möchte man im finalen Zug das Maximum aus den verbleibenden Möglichkeiten herausholen. Dadurch kann es gegen Ende durchaus etwas denklastiger werden.
Achtung: Bei der Übersetzung der Anleitung haben sich ein paar Fehler eingeschlichen. Die Errata wurde bereits bei Pegasus veröffentlicht.
Fazit: „Forestry“ ist ein Euro-Game, das ein ernstes Thema auf spielerische Weise umsetzt. Das komplexe Thema Forstwirtschaft kann selbstverständlich nur vereinfacht dargestellt werden und darf kritische Diskussionen über den Umgang mit der wichtigen Ressource Wald hervorrufen. „Forestry“ ist und bleibt dennoch ein Brettspiel, das in erster Linie Freude durchs Spielen bringen möchte und vielleicht hier und da zum Nachdenken anregen soll. In unseren Runden kam es jedenfalls bei allen sehr gut an – kontroverser Debatten zum Trotz. Wenn du also gern planst, ökologische Themen spannend findest und ruhigere, strategische aber nicht zu komplexe Partien bevorzugst, solltest du „Forestry“ unbedingt testen.
Forestry
Kennerspiel für 1 bis 4 Spielende ab 12 Jahren
Michal Peichl
Pegasus Spiele 2025
EAN: 4250231743795
Sprache: Deutsch
Preis: 69,99 EUR
bei pegasus.de bestellen
