Aktuelles

Das Haus am Meer 1

Nach dem DC Schocker „Das Haus am See“ von James Tynion IV folgt nun die sehnlichst erwartete Fortsetzung mit dem Titel „Das Haus am Meer“. Die Welt ist untergegangen, aber eine Gruppe an unterschiedlichsten Persönlichkeiten hat überlebt – dank eines Außerirdischen namens Walter. Was nun? Was tun? In diesem Comic erfahren die Überlebenden, dass sie nicht die einzige Gruppe an Überlebenden sind, sondern dass da draußen – am Meer – weitere Menschen leben. Das könnte der Beginn unerwarteter Freundschaften werden, oder aber in einem tödlichen Gemetzel enden …

von Daniel Pabst

James Tynion IV hält in diesem Comic an seinem Erfolgskonzept fest. Erneut bebilderte der Künstler Álvaro Martínez Bueno die Gedanken und Jordie Bellaire übernahm wieder die Farbgebung der durchaus düsteren und beängstigenden Zeichnungen. Wie schon „Das Haus am See“ ist auch diese Geschichte in zwei Comics aufgeteilt worden. Für die Fortsetzung von „Das Haus am Meer“ („The nice House by the Sea“) müssen sich alle dann wiederum etwas gedulden, da diese bei Panini Comics für das Jahr 2026 geplant ist. Warum ist auch dieser Auftakt wieder so lesenswert und was für Geheimnisse lauern am Meer?

Für alle, die bereits „Das Haus am See“ („The nice House on the Lake“) gelesen haben, enthält der Comic viel Bekanntes. So gibt es zum Beispiel wieder E-Mail-Konversationen, die ganzseitig einzelne Seiten füllen, und auch die verschiedenen Charaktere geben ausführlich ihre Innen- und Gefühlswelten preis, indem ihnen jeweils einzelne Seiten gewidmet werden, auf denen sie mit sich selbst und damit direkt zu den Lesenden „sprechen“. Die Zeichnungen und die Farben sind noch düsterer als zuvor, was auch daran liegt, dass nun ein gewaltiger Sturm heraufbeschworen wird, bei dem man nicht vorhersagen vermag, ob er je wieder den Himmel öffnen wird.

Inhaltlich überrascht der Titel damit, dass es neben der Gruppe am See noch eine weitere Gruppe gibt, die am Meer – unter ähnlichen Umständen – zu einer Party eingeladen wurde, bevor die Welt untergehen sollte. Statt des Freundes Walter jedoch lud sie Max dorthin ein. Woher nur wusste Max davon, dass die Welt untergehen wird? Kennen sich Max und Walter? Wie sich im Laufe des Comics herausstellen wird, kennt auch Max die Überlebenden am See und hatte mit einer oder einem der anderen mehr als nur eine flüchtige Bekanntschaft. Es ist also alles enger miteinander verknüpft, als es den Anschein hat!

Gerade wegen der engen Beziehungen der Personen zueinander wird dieser Comic nicht langweilig. Die Figuren sind vielschichtig und bieten ausreichend Projektionsfläche für die Lesenden. Zudem knistert die Spannung, da man wissen will, ob die Gruppen es schaffen werden, sich zu treffen, und falls ja, wie sie sich verhalten werden. Auch wenn solche Konstellationen einem aus dem Klassiker „Herr der Fliegen“ von William Golding aus dem Jahre 1954 oder TV-Serien wie „Lost“ von J. J. Abrams, Damon Lindelof und Jeffrey Lieber aus den Jahren 2004-2010 bekannt sind, hat diese Thematik nichts an ihrer Faszination verloren.

Am Ende dieses ersten Bandes gibt es mehrere Abbildungen der verschiedenen Figuren sowie ganzseitige Variant-Cover, die die apokalyptische Stimmung von „Das Haus am Meer“ trefflich einfangen. Der schützende Käfig, den Walter in „Das Haus am See“ seinen Freunden liebevoll im Glauben baute, dass diese sich dort lebenslang aufhalten werden (wollen), ist zerbrochen. Der naive Glaube eines Außerirdischen, dass Menschen sich einen fremden Willen aufzwingen lassen, wurde eines besseren belehrt. Ob sich Triebe und Urinstinkte jemals überwinden lassen, steht auf einem anderen Blatt. Damit hat es James Tynion IV ein weiteres Mal geschafft, metaphorische Fragen einzubauen und das Werk besonders zu machen.

Fazit: Neben einem Haus am See gibt es nun also ein Haus am Meer. Die Häuser gleichen einem Glaskasten, in den die Lesenden voyeuristisch hineinblicken und an der Gefühlswelt der Figuren teilnehmen. Neben all der Science-Fiction und Apokalyptik, stehen die engen Beziehungen der Bewohnerinnen und Bewohner im Fokus, geprägt von Identitätsfragen, Eifersüchtelei, Animositäten, tiefem Verständnis füreinander, Neugierde, Begehren und Liebe. Man darf gespannt sein, welche Erklärungen die Fortsetzung geben wird und ob es einen krönenden Abschluss – womöglich im Ozean – geben wird oder ob die Menschheit schlicht nicht mehr zu retten ist und schon bald gänzlich aussterben wird?

Das Haus am Meer 1
Comic
James Tynion IV, Álvaro Martínez Bueno 
Panini Comics 2025
ISBN: 978-3-7416-4254-8
208 S., Softcover, deutsch
Preis: 29,00 EUR

bei amazon.de bestellen