Winterwelt 01: La Niña

Die Kälte ist gekommen, um zu bleiben. So im Szenario eines Comic-Highlights der 1980er Jahre von Texter Chuck Dixon und Zeichner Jorge Zaffino. Mittlerweile ist das Comic-Phänomen „Winterwelt“ selbst zunächst einmal zurückgekommen, um zu bleiben. Bei Cross Cult gibt es die glorreiche Wiederauflage des Comic-Klassikers zusammen mit der damaligen direkten Fortsetzung „Wintersee“. Und daran anknüpfend neue Abenteuer, die in der apokalyptischen Hölle aus Eis spielen. Der erste deutsche Band mit derlei neuen Geschichten trägt den Zusatztitel „La Niña“. Getextet hat diese Bildergeschichten Chuck Dixon, gezeichnet Butch Guice.

von Simon Ofenloch

 

 

Die Welt liegt unter ewigem Eis und Schnee begraben. Kämpfernatur Scully schlägt sich zusammen mit Überlebenskünstlerin Wynn und einem Dachs einigermaßen durch. Das Leben geht weiter, genährt von der Hoffnung, die Reden von einer sagenumwobenen Stadt, in der die Kälte keine Macht hat, mögen wenigstens im Ansatz stimmen. Wynn treibt überdies der Glaube an, ihre Eltern würden noch leben und wären irgendwo dort draußen zu finden. Die ungleichen Gefährten folgen diversen Spuren durch eine Welt voller Gefahren, voll wilder Tiere und marodierender Banden. Bis sie eine Siedlung erreichen, die Träume wahr werden lässt. Scheinbar zumindest.

Mit einem ersten Band unter dem Titel „La Niña“ wird der ursprüngliche Comic-Klassiker „Winterwelt“ von Chuck Dixon und Jorge Zaffino mit neuen Geschichten fortgesetzt und erweitert. Die insbesondere pessimistisch geprägte Weltsicht ist weiterhin vorherrschend. „Homo homini lupus“, so gilt es noch immer. Der Fall der Zivilisation hat in der Postapokalypse vor allem zu einem Rückfall in archaische, in kriegerische, in stark egoistische Verhaltensmuster geführt. Doch am Horizont glimmt ein Funken Hoffnung, als Antrieb zum Durchhalten. „La Niña“ lässt die Hauptfiguren der klassischen Geschichte ihre Reise fortsetzen, eröffnet an manchen Stellen neue Zusammenhänge und Möglichkeiten zu weiteren Ausbauten.

Die Handlung verantwortet wieder Chuck Dixon, doch auf dem Zeichenstuhl hat nun ein anderer Platz genommen, Butch Guice. Auch notgedrungen, denn Jorge Zaffino ist zwischenzeitlich verstorben, 2002 im mittleren Alter, an einem Herzinfarkt. Der Comic-Klassiker über einen zukünftigen menschenfeindlichen Lebensraum aus Schnee und Eis verdankt einiges den ausdrucksstarken Schwarzweiß-Zeichnungen des argentinischstämmigen Comic-Künstlers. An deren Statt finden sich nun farbige Bilder mit einem ganz eigenen Charme. Sie passen durchaus zum Gesamtwerk, doch Jorge Zaffinos Arbeiten hatten wohl mehr Charakter und eher das Potenzial zur Ausnahmeerscheinung, die den Ursprungscomic nachhaltig berühmt gemacht haben. Nach dem Schluss der Geschichte um „La Niña“ findet sich eine klassische „Winterwelt“-Zeichnung von Jorge Zaffino, nun in Farbe, koloriert – wie die Zeichnungen des ganzen Bandes – von Diego Rodriguez. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang auch ein, zwei neue ganzseitige Zwischenbilder bei den Kapitelwechseln, die als Zeichner Gerardo Zaffino ausweisen, den Sohn von Jorge.  

Auch mit diesem Comic-Band bleibt sich Cross Cult treu und liefert höchste Qualität in Druck und Verarbeitung.  

Fazit: Zeichnerisch, vor allem eben auch farblich wesentlich veränderte Fortführung eines Klassikers aus den 1980er Jahren, die den Geist der Vorlage nichtsdestotrotz gut transportiert. Die Reise übers Eis geht weiter. Darf sie, soll sie.


Winterwelt 01: La Niña
Comic
Chuck Dixon, Butch Guice
Cross Cult 2015
ISBN: 978-3-86425-589-2
96 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 16,00

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