Unearthed Arcana (v.3.5)

Vom Titel und von der Zielrichtung her ist das Buch leicht zu verwechseln mit dem Buch "Arcana Unearthed" von Monte Cook. Doch das Cover und der Inhalt sind teilweise doch recht unterschiedlich. Während Monte Cook sich darauf beschränkt, noch mehr Rassen, Klassen, Feats und Sprüche anzubieten, gehen die Autoren in der „Dungeons & Dragons“-Originalserie ein paar Schritte weiter. Andy Collins, Jesse Decker, David Noonan und Rich Redman bieten Regelvarianten an, auf die mancher seit Jahren gewartet haben mag. Doch bevor man zu diesem interessanten Kapitel vorstößt, sind die üblichen Gefangenen zu machen.

von Jens Peter Kleinau

 

Das betrifft vor allen das erste Kapitel, welches nicht zwingend in diesem Buch landen müsste, sähe sich die Redaktion nicht verpflichtet, die drei typischen Kapitel in jedem Zubehörband zu bringen. Und somit müssen wir uns auch hier durch Rassenbeschreibungen und deren Abwandlungen rackern. Vom Meereszwerg bis zum Wüstenzwerg ist alles dabei, und wer unbedingt fliegende Zwerge haben will, dem hilft eine kurze Anleitung dazu gerne. Interessant dürften da noch die Blutlinien sein, welche ein wenig Farbe in die Welt bringt. Überflüssig scheinen mir dagegen die "Racial Pagaron Classes", sie widersprechen dem Konzept von D&D und fertigen überzogene Klischees als Charaktere.

Uns trifft es nicht wirklich überraschend, wenn wir im nächsten Kapitel auf Klassen stoßen. Neue Varianten braucht das Land nicht unbedingt, aber sie passen wenigstens ins Konzept und sind nett ausgearbeitet. Als Anregung kann man sie mitnehmen, vor allen, wenn man ein echter Powergamer ist. Dann ist man hinter den "Gestalt Characters" her, die von zwei Charakterklassen einfach das Beste mitnehmen und damit recht zufrieden sind.

Unter dem Titel "Building Characters" verstecken sich ein etwas komplex anmutendes neues Skill-System, noch mehr Feats und ein System für Vor- und Nachteile. Letzteres ist für den geneigten Rollenspieler, der auch mal in andere Systeme geblickt hat, nichts Neues. Den Autoren kann man jedoch gratulieren, dass sie es sehr gut in die Regeln eingebaut haben und sie vertragen sich harmonisch mit den Feats. Die "Traits" bringen beispielsweise gleichzeitig einen Vor- und einen Nachteil für denjenigen der sich darauf eingelassen hat. So erhält man durch "Absent minded" eine gute Lernfähigkeit und ist schlauer, rennt aber mit aufgesetzten Scheuklappen durch die Gegend.

Im Kapitel Vier kommen wir nun endlich zu den lang erhofften Regelvarianten, in den viele Spielgruppen ihre Hausregeln wieder finden werden. Vom Abwehrbonus, über die Schadensreduzierung durch eine Rüstung bis hin zu Vitality Points und Action Points. Letztere dienen dazu, wie Gnadenpunkte schlechte Würfelergebnisse aufzupeppen.

Weitere Alternativregeln erhalten wir in Kapitel Fünf. Diese betreffen allesamt die Magie. Das dort angebotene Punktsystem für Zauber wird jedoch erfahrenen Rollenspielern nur ein Gähnen entlocken. Man wird immer noch nicht davon befreit, sich Zauber zu merken, aber zumindest spart man sich das doppelte Lottchen. Ein bisschen Metamagie und spontane Magie runden mit einer endlosen Liste an metamagischen Komponenten das Kapitel ab. Nicht zu vergessen natürlich die magischen Waffen, die auch mal beseelt sein dürfen.

Das letzte große Kapitel widmet sich den Kampagnen bzw. dem Spielen und Überleben darin. In erster Linie geht es um Interaktionen und Kontakte mit Nichtspielerfiguren. Dabei spielen auch die Reputation und der erworbene Ruhm (durch Ehre) eine Rolle. Doch auch kleinere Unpässlichkeiten, wie geistige Verwirrung, kommen nicht zu kurz. Interessant ist das alternative „Alignment System“, welches die Verführung zum Bösen als Maßeinheit nutzt. Einen Blick wert ist auf jeden Fall die Erfahrungspunkt-Variante.

Um noch ein paar Seiten zu füllen – einen anderen Grund kann ich mir kaum denken –, wurden noch ein paar Zeilen angefügt, die einen überambitionierten Spielleiter dazu auffordern, eigene Spielwelten zu schaffen oder zumindest eine Heldengruppe, die von gekaufter Spielwelt zu gekaufter Spielwelt wandert, um dort heldenhafte Taten zu vollbringen.

Fazit: Insgesamt ist das Werk ein durchschnittlich gutes Buch, das einer Menge von Hausregeln, Varianten und Verbesserungen nun den offiziellen Stempel des Verlags aufgedrückt hat. Die Regeln sind in sich logisch und mit dem Grundregelwerk so kompatibel gemacht, dass sie modular eingesetzt werden können, ohne sich gegenseitig stark zu stören oder die Benutzung von Abenteuermodulen oder anderen Quellenbänden unmöglich zu machen. Sicherlich wird das eine oder andere Alternativsystem für den Spielleiter Arbeit bedeuten, um die Monster und andere Ereignisse entsprechend anzupassen. Doch sollte dies nicht unbedingt ein Hindernis darstellen.

Optisch ist das Buch ein Leckerbissen und auch wenn die Seiten wieder einmal überquellen und die Augen nichts zum ausruhen haben, so kann man sich wenigstens an der Textmasse erfreuen. Für jeden Spieler und Spielleiter, der sich über manche Ungereimtheit in den Grundregeln die Haar raufte, steht nun ein Buch im Regal des Händlers, das er sich unbedingt anschauen sollte.

Diese Rezension erschien ursprünglich bei www.x-zine.de.


Unearthed Arcana
Quellenbuch
Andy Collins, Jesse Decker, Davin Noonan, Rich Redman
Wizards of the Coast 2004
ISBN: 0786931310
224 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 34,95

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