The Game Master’s Book: Fallen, Rätsel und Dungeons

Die Münchner Verlagsgruppe ist nicht gerade für ihre Rollenspielbücher bekannt, hat aber Ende letzten Jahres in ihrem Imprint Riva eine Rollenspiel-Spielhilfe für den Bereich Fantasy herausgebracht. Der interessante Band enthält nicht nur One-Shot-Szenarien, sondern auch Fallen, Rätsel und modulare Dungeon-Kammern.

von Markus Kolbeck

Das 272-seitige Hardcover ist 2023 auf Deutsch erschienen, die englischsprachige Originalausgabe unter dem Titel „The Game Master’s Book of Traps, Puzzles und Dungeons“ 2022 bei Topix Media Lab. Autor ist unter anderem Jeff Ashworth, und der Band wurde für die Verwendung mit „Dungeons & Dragons 5E“ („D&D 5E“) konzipiert. Er enthält zweifarbige Abbildungen und viele Lagepläne.

Inhalt

Neben den drei One-Shot-Szenarien enthält das Buch über 50 Fallen, über 60 Rätsel und 50 Dungeon-Kammern. Das erste Abenteuer, „Spieß und Schorf“ (16 S.), für Abenteurer*innen der Stufen 1 bis 5 handelt von der Herausforderung, einen Untoten aufzuhalten, der als für immer in einem Bannkerker eingesperrt galt. Im zweiten Szenario, „Ein großer Wurf“ (18 S.), werden die Abenteurer*innen der Stufen 6 bis 10 von den Göttern auf die Ebene der Helden gerufen, um im Wettkampf für ein Sphinxwelpen gegen andere Teams schier tödliche Rätsel und Fallen zu überstehen. Das dritte Abenteuer, „Haus Skhalhammer“ (18 S.), führt die Held*innen der Stufen 7 bis 12 in ein nebelverhangenes Landhaus, wo sie mit ihren Träumen und Albträumen konfrontiert werden.

Die mehr oder weniger realistischen Fallen unterscheiden sich in qualvolle, tödliche, hinderliche und komplizierte Fallen. Geeignet sind die Fallen für Abenteurer*innen irgendwo zwischen der 5. und der 15. Stufe, je nach Fallenart und zum Teil auch je nach Falle unterschiedlich. Die Beschreibung der Fallen erfolgt nach einem spezifischen Schema: Es werden Name der Falle, Auslöser, Vorlesetext, Auswirkung, Untersuchung und Entschärfung aufgeführt. Zu manchen der Fallen gibt es Illustrationen.

Besonders interessant für viele Abenteurer*innengruppen dürften Rätsel sein. Es gibt Rätselreime (47 an der Zahl), Chiffrenrätsel (die anhand von Beispielen erklärt werden; konkrete Chiffren muss man sich selbst ausdenken, da der verschlüsselte Text zum Abenteuer passen muss) und Pfortenrätsel (eine Pforte kann eine Tür sein oder aber auch eine Schatztruhe, es handelt sich oft um Rätsel, bei denen man in einem Raum etwas mit verschiedenen Gegenständen machen muss). Als Beispiel für einen Rätselreim dient folgender Reim: „Wer auf mir sitzt, muss Stellung erben. Doch davor muss ein anderer sterben.“ Die Antwort lautet: Thron.

Das letzte größere Kapitel behandelt Dungeon-Kammern. Diese beinhalten meist Fallen und/oder Hindernisse oder sie sind selbst die Falle. Die Einträge sind meist zweiseitig, auf einer Seite ist der jeweilige Lageplan abgedruckt, auf der anderen Seite Beschreibung, Funktionsweise, Rettungswürfe, Fallen, Hindernisse, etwaige Besonderheiten und Begegnungen.

Zusätzlich gibt es noch Würfeltabellen mit Fallen, Rätseln und Dungeon-Kammern. Durch Auswürfeln wird dabei entweder eine der vier Fallenarten und dann eine spezielle Falle oder auch ein Rätsel in Form von einem Rätselreim oder einem Pfortenrätsel bestimmt. Chiffren sind zu speziell, da sie vom Text her genau auf das Abenteuer abgestimmt sein müssen, um ausgewürfelt zu werden. Dann kann man noch eine zufällige Dungeon-Kammer auswürfeln. Schließlich gibt es noch Tore und Pforten, Gänge und Korridore sowie einen Endgegner (für dessen Spielwerte auf das „D&D Monster Manual – Monsterhandbuch 5E“ zurückgegriffen werden muss). Alle diese Fallen, Rätsel oder Kammern sind aus der vorliegenden Spielhilfe.

Kritik

Die drei Szenarien enthalten auch Dungeons, was zunächst auf wenig Originalität schließen lässt, gibt es doch bereits genug Katakomben-Abenteuer. Allerdings werden diese so gekonnt mit einer Geschichte versehen und in die Handlung eingebaut, dass man die Abenteuer dann doch als originell bezeichnen kann. Auch fällt die interessante Namensgebung auf, wie „Brennluofn“ für „Brennofen“ (ein vulkanisches Höhlensystem auf der Ebene der Helden) in dem mittleren Szenario, „Ein großer Wurf“. Alles in allem stellen die drei Szenarien eine schöne Abwechslung dar, sind aber aufgrund der kürzeren Länge eher als interessantes  Beiwerk des Bandes zu sehen als als Hauptgrund für eine Kaufentscheidung.

Zu den Fallen will ich auch etwas anmerken: Fallen gehören wohl zu den meisten „D&D“-Kampagnen dazu und stellen mit Sicherheit einen Teil der Herausforderung und des Spaßes dar, den die Rollenspielenden haben können. Sie fallen dadurch auf, dass sie einen unterschiedlichen Realismusgrad haben. Nicht jede kann also ohne Weiteres glaubwürdig in einem Abenteuer eingesetzt werden. Man muss sich in solchen Fällen schon fragen, wer diese Fallen mit welchem Aufwand und zu welchen Kosten konstruiert und in Betrieb hält. Es gibt aber auch zum Glück viele Fallen, die man einsetzen kann und die eine interessante Abweichung von herkömmlichen Fallen wie Speerfallen oder Fallgruben darstellen. Man mag sich fragen, ob insbesondere tödliche Fallen es nicht mit dem Spielleiter*innen-„Sadismus“ zu weit treiben, aber Spielleiter*innen und Spieler*innen mit einem Hang zum (Schwarzen?) Humor werden vielleicht auch daran Gefallen finden. Jedenfalls sind die Fallen nicht ohne Humor (wie „Molotow-Cocktail“ oder „Naschwerk“) und erfordern Köpfchen oder einfach Würfelglück zum Umgehen oder Entschärfen. Insbesondere die komplizierten Fallen sind nur durch Überlegung und oftmals unter erheblichem Risiko unschädlich zu machen.

Die Rätsel wiederum sind ebenfalls gut geeignet, die Charaktere vor eine Herausforderung zu stellen, allerdings richtet sich ihre Lösung mehr an die Spieler*innen. Denn deren Grips ist gefragt, doch ein*e Spielleiter*in mag besonders intelligenten Charakteren einen Wurf auf Intelligenz zustehen, damit die Spieler*innen einen Tipp bekommen. Es sind nicht alle Rätsel völlig gelungen, einige wenige sind aufgrund Designmängeln oder Problemen mit der Übersetzung nicht ganz stimmig. Die allermeisten sind aber gut bis sehr gut gelungen und bieten unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, sodass man das passende Rätsel für die Spielgruppe aussuchen kann. Für Spieler*innen ergibt sich eine emotionale Belohnung durch das eigenständige Lösen der Rätsel und ihr Spaß und ihre Motivation dürften ansteigen.

Die Auswahl an Dungeon-Kammern ist wirklich groß und vielfältig, jedoch sind etliche der Räume mit einem meiner Meinung nach zu großem Aufwand (für pseudomittelalterliche Welten) gestaltet. Beispielsweise sind in den Kammern der „Kolbenkolonnade“ mächtige, maschinell betriebene Kolben am Werk, um den Abenteurer*innen das Leben schwer zu machen. Von einer Dampfmaschine können diese Kolben nicht angetrieben sein, da diese noch nicht erfunden wurde. Also bleibt fast nur ein magischer Antrieb; in diesen Ausmaßen ist das aber selbst für einen hochstufigen Magier oder Zauberer sehr schwierig umzusetzen. Alternativ wäre auch ein Wasserkraftantrieb für die Maschinerie möglich, was es wieder etwas leichter realisierbar sein lässt. Es gilt aber, dass es einfachere Fallen gibt, die nicht minder effektiv sind. Im Raum „Zum Kerkerwirt“ mit einer Kneipe mitten im Dungeon für die Bewohner hat sich der Autor auch hier an Humor versucht. Gleiches kann man in der Kammer „Der letzte Ballsaal“ sehen, in dem die Charaktere möglicherweise vom Tanzen besessen werden.

Die Zufallstabellen am Schluss sind nur eine Dreingabe, aber eine nützliche. Wer nicht lange den Band studieren will, kann einfach auf den Tabellen eine Falle, ein Rätsel oder eine Dungeon-Kammer auswürfeln. Ob das dann auch zum Abenteuer beziehungsweise der Spielgruppe passt, muss der*die Spielleiter*in entscheiden; er*sie hat bei allen Angelegenheiten dieses Buches immer das letzte Wort. Negativ ist mir aufgefallen, dass die Zufallstabelle für Gänge und Korridore nur sechs verschiedene Einträge hat. Das dürfte für viele Dungeon-Kreationen zu wenig sein, außer für kleine Dungeons. So muss man sich weitere Verbindungswege zwischen den Kammern selbst ausdenken.

Leider haben sich – wahrscheinlich wegen Übersetzungsfehlern – Unstimmigkeiten eingeschlichen. So ist einmal die Schadensart „Strahlung“ erwähnt, die es bei „D&D 5“ aber nicht gibt! Es wird sich wohl um Energie- oder gleißenden Schaden handeln. Einmal werden auch „Hieb-, Stich- und Schneidschaden“ genannt. Es gibt in diesem Rollenspiel keinen Schneidschaden, die dritte Waffenschadensart ist Wuchtschaden! Und dann wird im Abenteuer „Haus Skhalhammer“ das Monster „Nachtschreck“ als Datenblock zweimal aufgeführt. NSC- oder Kreaturendaten fehlen aber wohl nicht. Außerdem wurde in der Dungeon-Kammer „Die Miniaturfestung“ in der Nummerierung der Schauplätze auf dem Lageplan links unten „1“ statt „5“ gedruckt. Rechtschreibfehler sind mir sehr selten und Layoutfehler sind mir gar nicht aufgefallen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei diesem vielseitigen Band mit einem Anschaffungspreis von nur 20,- Euro hervorragend!

Die Spielhilfe wendet sich strikt nur an Spielleiter*innen und nicht an Spieler*innen! Man sollte sich auf keinen Fall den Spaß verderben, indem man als Spieler*in den Band studiert. Die Herausforderung würde stark abnehmen und man würde sich selbst um die emotionale Belohnung beim Überwinden von Fallen und Lösen von Rätseln etc. selbst betrügen.

Fazit: Der Band „The Dungeon Master’s Book: Fallen, Rätsel und Dungeons“ ist durchgängig herausfordernd und gleichzeitig belohnend für die Abenteurer*innen. Der*Die Spielleiter*in kann seine*ihre Szenarien damit würzen, um für mehr Abwechslung zu sorgen. So wird aus ödem Monsterplätten leicht eine denkwürdige Kampagne mit dezidierten Höhepunkten. Kreativität und Originalität im Buch sind hoch. Bei dem gegebenen Anschaffungspreis kann man eigentlich nichts falsch machen, und ich kann die Spielhilfe praktisch jedem*r Spielleiter*in von einer „D&D 5E“-Kampagne dringend empfehlen!

The Game Master’s Book: Fallen, Rätsel und Dungeons
Spielhilfe
Jeff Ashworth u. a.
Münchner Verlagsgruppe/Riva 2023
ISBN: 978-3-7423-2508-2
272 S., Hardcover, deutsch
Preis: 20,00 EUR

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