Tarean – Sohn des Fluchbringers

Der Junge Tarean zieht mit seinem magischen Schwert aus, um das Land vom Hexer Calvas und seinen Horden zu befreien und den Namen seines Vaters reinzuwaschen, da durch dessen Schuld der Hexer in der Nacht von Tareans Geburt mit seinem Bestienheer gegen die Streitkräfte der freien Reiche obsiegen und diese unterwerfen konnte. Aber kann ein Junge dort Erfolg haben, wo ganze Armeen versagten?

von Andreas Loos

Bernd Perplies, seines Zeichens Chefredakteur des Ringboten, hat mit „Tarean – Sohn des Fluchbringers“ seinen Debütroman geschrieben. In fünzehn Kapiteln, ergänzt durch Pro- und Epilog, wird hier auf gut 345 Seiten die Geschichte einer epischen Reise erzählt.

Großes Kopfkino im klassischen Design

Vor sechzehn Jahren hat der Hexer Calvas mit Hilfe seiner Horde von Wolflingen und einem Dämon, der Grimmwolf genannt wird, in der Schlacht vom Drakenskal-Pass die freien Völker der Alben und Menschen besiegt. Damals stürzte der Kristalldrachenritter Anreon von Agialon, auf dem alle Hoffnungen der freien Völker ruhten, durch eine Intrige des Hexers das Heer und sich selbst ins Verderben.

Sechzehn Jahre später, das Land leidet unter der Herrschaft des Hexers, erscheint Tarean, Anreons Sohn, eine Vision seines Vaters. Die Vision treibt ihn dazu, aufzubrechen, um den Tod seines Vaters, gewappnet mit dessen magischer Klinge Esdurial, zu rächen und den Hexer Calvas zur Rechenschaft zu ziehen. Auf seiner gefahrvollen Reise durch das von Wolflingen (wolfsähnliche Pendants zu Orks) besetzte Land in Richtung At Arthanoc, der Heimstatt des Hexers, macht der Junge nicht nur die Bekanntschaft mit zahlreichen Schergen des Bösewichts, sondern er trifft auf Moosbeere, ein wahnsinnig süßes Irrlicht, und Auril, eine attraktive Albin, die zusammen mit Bromm, einen Werbären, unterwegs ist. Der verschrobene Tüftler Karnodrim mit seinem Flugschiff spielt ebenfalls eine nicht unwesentliche Rolle auf Tareans gefahrvoller Reise.

Der Roman wurde, wie Bernd Perplies mir mitteilte, ursprünglich als Jugendroman im Stile von Hohlbeins „Märchenmond“ konzipiert, und dies merkt man sowohl an den Personen als auch an der Handlung selbst. Das Grundgerüst kann man als klassisch bezeichnen, die Handlung wartet mit vielen Momenten auf, die man so oder ähnlich schon einmal gelesen hat.

Die Protagonisten haben ein paar stereotype Wesenszüge und wirken ansonsten ein klein wenig eindimensional. Wenn überhaupt, macht lediglich Tarean eine charakterliche Entwicklung durch. Das tut der Geschichte an sich keinen Abbruch, jedoch hätte ich mir ein klein wenig mehr gewünscht, das der zornige junge Tarean langsam in seine Rolle hineinwächst. Stattdessen rationalisiert er sein Verhalten mit einer erstaunlichen Abgeklärtheit fast von Beginn an.

Die Handlung selbst verläuft sehr gradlinig, und zwar dergestalt, dass der junge Held von einer Notlage in die nächste hetzt, verfolgt von den Schergen des Hexers, bis zu einem filmreifen Showdown, der mich an die „Rückkehr der Jedi-Ritter“ erinnert hat. Und dies ist nur eine der markantesten Hommagen an erinnerungswürdige Momente in Film und Literatur.

Nur gegen Ende wird ein Handlungsstrang rund um die Albin Auril und die sagenhaften Vogelmenschen und deren Prinzen Iegi gesponnen. Ansonsten ruht der Fokus weitgehend auf Tarean und seinen Erlebnissen. Die eingeschränkte Perspektive hat aber auch sein Gutes. Jede überraschende Wendung, die Tarean und seine Gefährten ereilt, kommt auch für den Leser mal mehr oder minder überraschend. Der Autor setzt also durchweg auf bewährte Elemente, wie man sie im Fantasy-Genre immer wieder vorfindet, jedoch gelingt es Bernd Perplies, diese so geschickt und einzigartig in Szene zu setzen, das die Handlung, trotz der vielen Déjà-vu-Ereignisse, nichts an Spannung oder Originalität verliert.

Tarean oder Taran

Als ich den Namen des Hauptprotagonisten das erste Mal las, musste ich unwillkürlich an Lloyd Alexanders „Taran“-Romane denken, und sah mich gezwungenermaßen genötigt, nach Parallelen zu suchen. Diese fallen allerdings recht spärlich aus, denn „Tarean“ ist aktionsgeladener als „Taran“, obwohl beide Figuren in ihrer Wesensart einige Gemeinsamkeiten haben. Letztlich bin ich dann zu dem Schluss gekommen, dass hier kein wirklicher Vergleich möglich ist, und die Namensgebung rein zufällig ähnlich klingt.

Der von Bernd Perplies verwandte, ausladende Schreibstil macht es einfach, die Ereignisse vor dem geistigen Auge erstehen zu lassen. Sprachlich werden durchgehend antiquiert wirkende Begriffe eingestreut, die dem mittelalterlich angehauchten Hintergrund Authentizität verleihen.

Fazit: Bernd Perplies’ Debütroman kann sich sehen und lesen lassen. Ich hatte den Roman in drei Tagen so begierig verschlungen wie der Grimmwolf tapfere Recken. „Tarean“ bietet ausladendes Kopfkino, das mit vielen Hommagen aus Film- und Fantasy-Literatur aufwartet. Zusätzlich gibt es eine Menge Protagonisten, die einem im Gedächtnis verhaften – obwohl oder gerade weil sie eine wenig stereotyp sind. Dass die Handlung an sich weniger verschlungenen Pfaden folgt, ist dabei nur ein kleines Manko. Ich bin in jedem sehr Fall gespannt, mit was in Bernds nächstem Roman zu rechnen ist.


Tarean – Sohn des Fluchbringers
Fantasy-Roman
Bernd Perplies
Egmont-Lyx 2008
ISBN: 978-3-8025-8180-9
345 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 12,95

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