von Dennis Bisenius
Ein kleiner Hinweis vorab: „Summoners“ ist ein Tabletop-Spiel. Diese Rezension bespricht nur das Grundregelwerk, das als eigenständiges Buch erschienen ist. Zum Spiel benötigt man obendrein die passenden Miniaturen, die man (unbemalt und gegebenenfalls in Einzelteilen, die zusammengeklebt werden müssen) separat erwerben kann. Wer es besonders schön auf dem Tisch haben will, muss diese dann vor einer Partie noch bemalen und Geländeteile entweder basteln oder fertig kaufen. Auf den Fotos sind solche bemalten Minis und Geländeteile zu sehen, die ich zum Zweck dieser Rezension vorbereitet habe.
„Summoners“ ist ein einsteigerfreundliches Miniaturenspiel. Statt vor dem Spiel oder einem Turnier eine kampfstarke Liste zu erstellen, die auf möglichst vieles eine Antwort hat, muss man sich einfach nur für einen Beschwörer entscheiden und reagiert im Spiel auf die aktuelle Situation. Mit Sicherheit entwickelt man mit der Zeit Taktiken und Strategien, die mehr Erfolg versprechen als in der ersten Zeit, als man das Spiel kennengelernt hat, aber das macht den Reiz des Spiels aus.
Hat man seinen Beschwörer gewählt, ist auch die Ausgangssituation des Spiels einfach aufgebaut. Je nach gewähltem Szenario (im Buch gibt es eine Auswahl aus acht Szenarien für zwei Spieler und zwei Szenarien für vier Spieler) werden Mana-Quellen und Artefakte auf einem Spielfeld von 36 x 36 Zoll (ca. 90 x 90 Zentimeter) platziert. Wer nicht auf dem nackten Tisch spielen will, für den gibt es eine Vielzahl an passenden, mit Untergründen wie Gras, Wüste oder Felsen bedruckten Neopren-Spielmatten in Hobbyshops zu kaufen. Nachdem das Gelände platziert wurde, werden die zwei Beschwörer an eine feste Stelle des Spielfeldes platziert. Nun kann das Spiel beginnen.
Aber worum geht es denn eigentlich in „Summoners“? Die Welt von „Summoners“ ist in unendlich viele Teile zerbrochen. Jeder Splitter ist eine eigenständige Welt für sich, die für ein Element steht. Die Beschwörer erschaffen Portale und springen so von Splitter zu Splitter auf der Suche nach mächtigen Mana-Quellen. Auf ihren Reisen treffen Beschwörer unweigerlich aufeinander, sodass ein Kampf um die wertvollen Quellen ausbricht. Da die Beschwörer die magische Energie (Mana) für ihre Zwecke nutzen können, öffnen sie kleinere Portale in ihre Ursprungsdimension und ziehen Kreaturen aus diesen raus, die für ihren Meister kämpfen. Aber Vorsicht! Die Kontrolle über die Kreaturen erfordert eine hohe mentale Konzentration, und wenn das Band zwischen Meister und Kreatur bricht, verschwindet die Kreatur wieder in ihre eigene Splitterwelt.
Das Grundbuch erschien im Hardcover mit 94 vollfarbigen Seiten. Es enthält alles an Regeln, um das Spiel zu spielen. Das Buch ist in fünf Abschnitte unterteilt.
Der erste Abschnitt ist mit den ersten acht Seiten relativ kurz und beschreibt die Welt und Geschichte der Scherbenwelt.
Es folgen die Grundregeln des Spiels. Das Obligatorische „Was ist ein Table-Top?“ und „Was wird zum Spielen gebraucht?“ darf natürlich nicht fehlen. Die Regeln sind gut geschrieben und wirken sehr aufgeräumt. Durch Bilder von Miniaturen aus dem Spiel und Erklär-Bilder werden die Regeln gut aufgelockert. Bei unseren Spielen kam es zu Situationen, die in den Regeln nicht abgedeckt werden beziehungsweise wir haben darauf erst mal keine Antwort gefunden. Diese Situationen waren aber sehr speziell und kamen nicht sehr oft vor.
Jede Runde beginnt mit der Startphase. Jedes Modell auf dem Feld generiert Aktionspunkte bis zu seinem Maximum (in der Regel zwei bis drei). Danach legen die Spieler geheim fest, in welcher Reihenfolge die Modelle auf dem Feld aktiviert werden sollen. Dies geschieht mit Hilfe von Aktivierungskarten. Auf diesen Karten ist auch festgehalten, welche Aktionen das jeweilige Modell durchführen darf und wie viele Aktionspunkte das Modell für diese Aktionen ausgeben muss. In der Regel haben Kreaturen zwei Aktionspunkte. Beschwörer und Level-3-Kreaturen haben drei Aktionspunkte. Als letzten Schritt würfeln die Spieler einen achtseitigen Würfel, um die Initiative festzulegen. Der Spieler, der das höhere Ergebnis hat, darf entscheiden, wer anfangen darf/muss. Bei Gleichstand wird einfach erneut gewürfelt.
Abwechselnd wird in der Aktivierungsphase nach Initiative aktiviert. Sobald eine Kreatur beschworen oder aktiviert wird, muss der Beschwörer testen, ob er die Kontrolle über die Kreatur behält. Je nach Stufe der Kreaturen und der Entfernung zwischen Beschwörer und Kreatur wird der Würfelwurf erschwert. In „Summoners“ wird in der Regel ein achtseitiger Würfel (oder auch mehrere) geworfen.
Jedes Modell startet die Runde mit einer bestimmten Anzahl an Aktionspunkten, die auch vor und nach der Aktivierung verwendet werden können, um Nahkämpfe zu parieren, Fernkämpfen auszuweichen oder einen Gegenschlag durchzuführen. Also muss man immer mit den Aktionspunkten haushalten. Aber auch mit dem Mana, das der Beschwörer zur Verfügung hat, muss der Spieler haushalten, da nicht nur das Beschwören von Kreaturen Mana kostet. Man kann mit Mana beispielsweise auch Kontrollwürfe oder gewisse Attribute des Beschwörers verstärken oder Effekte über mehr als eine Runde aufrechterhalten.
Nachdem jedes Modell auf dem Feld aktiviert wurde, kommt die Endphase. Effekte wie Brennen, Gift usw. werden abgehandelt. Jetzt wird geprüft, ob das Spiel vorbei ist. Sollte es in eine weitere Runde gehen, bekommen die Spieler für jede Mana-Quelle ein bis zwei Mana (je nach Größe der Quelle) und je nach Spielgröße noch ein bis drei Mana für den Beschwörer an sich. Als letztes müssen die Spieler entscheiden, ob sie bleibende Zauber kanalisieren, was in der Regel ein Mana kostet.
Die möglichen Standard-Aktionen und Reaktionen werden abgekoppelt von den Regeln im dritten Teil des Buches abgehandelt. Das sorgt dafür, dass man die Aktionen und Reaktionen schnell findet. Die Aktionen sind gut und sehr nachvollziehbar beschrieben.
Der vierte Part besteht aus den Szenarien, die das Spiel einem offiziell zur Verfügung stellt. Dabei gibt es acht Szenarien für zwei Spieler und zwei Szenarien für vier Spieler, sodass es eine gute Auswahl gibt. Die zwei 4-Spieler-Szenarien konnte ich auch schon testen. Sie klappten in meinen Partien sehr gut und machen das Spiel noch einmal interessanter.
Das Spiel endet immer spätestens nach sechs Runden. Sollte ein Beschwörer vor dem Ende der sechsten Runde sterben, endet das Spiel sofort. Die Spiele sind immer sehr kurzweilig, und die Szenarien dauern nicht sehr lange, sodass man auch gut mehrere Spiele hintereinander planen kann.
Der fünfte und letzte Abschnitt wird mit den ersten fünf Summoners und deren Elementen gefüllt. Obwohl es fünf Summoners gibt, führt das Buch nur vier Elemente ins Spiel ein: Erde, Luft, Wasser und Feuer. Der fünfte Summoner darf sich vor dem Spiel ein Element aussuchen und hat dann Zugriff auf die Kreaturen dieses Elements. Den einzigen Unterschied, den dieser spezielle Summoner zu den anderen Summoners hat, sind die Zauber und Sonderregeln. Die Elemente sind alle recht unterschiedlich gehalten. Luft ist schnell und oft etwas verwundbarer als die anderen Fraktionen. Das Element Erde ist etwas langsamer, aber die höhere Widerstandskraft, die die Erdkreaturen haben, absorbiert viel Schaden.
Obwohl die erste Erweiterung noch auf sich warten lässt, gibt es schon zwei weitere Beschwörer, die je ein neues „Element“ in die Schlacht führen: Verderbnis und Leben sind die neusten Fraktionen, die um die Mana-Quellen kämpfen. Die Beschwörerin des Lebens ist eher auf Unterstützung und Defensive ausgelegt. Sie erschwert dem Gegner die Übernahme von Mana-Quellen, sie heilt und kann kleine Setzlinge beschwören, die sich selbst reproduzieren und später für stärkere Monster geopfert werden können. Man merkt schnell, dass sich die Fraktionen unterschiedlich spielen lassen. In Planung sind auch schon die nächsten Beschwörer, die dann je ein neues Element in die Schlacht führen.
Mit den zwei neuen Fraktionen sind auch für die bestehenden Fraktionen ein paar neue Modelle erschienen. So bekam die Erdfraktion einen guten Fernkämpfer, der den Erdbeschwörer noch einmal deutlich unterstützt. Und auch ein paar große Stufe-3-Kreaturen (aktuell die größte Stufe an Kreaturen) sind für die ein oder andere Fraktion dazugekommen. So ist aktuell für eine gute Abwechslung gesorgt.
Das Regelbuch kommt in einem hochwertigen Hardcover Buch daher und fühlt sich sehr wertig an. Fehler konnte ich bisher keine finden. Auf der Homepage findet man in der Download-Sektion die Einheiten- und Aktivierungskarten, ein Errata-Dokument und ein Fan-Made Add-On, das Nebenmissionen einführt und das Spiel noch ein wenig spannender und auch etwas ausgeglichener gestaltet.
Fazit: „Summoners“ ist ein schnelles Spiel, dessen taktische Tiefe auf den ersten Blick übersehen werden kann. Nicht alle Modelle von „Summoners“ gefallen mir gleich gut. Aber das ist für Miniaturenspiele ja ganz normal. Die Figuren sind aus Resin und alle sehr gut und detailreich gegossen. Ich habe mich ohne einen Test für die Lebens- und die Erdfraktion entschieden. Beide Fraktionen spielen sich sehr unterschiedlich, sodass ich in meinen Spielen bisher immer eine große Abwechslung hatte und meine Wahl nicht bereue. „Summoners“ ist ideal, um in das Hobby einzusteigen, aber nicht so seicht, dass es alte Hasen langweilen würde. In jedem Fall ist es ein Blick wert.
Summoners – Zeit der Elemente (Das Regelbuch)
Skirmish-Miniaturenspiel für 2 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Christian Schlumpberger
Neverrealm Industry 2020
ISBN: n. a.
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 34,95
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