Starships

Menschen, die gern Rollenspiele spielen, legen meist eine ausgeprägte Sammelleidenschaft an den Tag. Aus diesem Grund findet ein neues Rollenspielsystem oft erst dann seinen festen Stamm begeisterter Fans, wenn es eine gewisse Kontinuität an neuem Lesestoff in Form von Quellenbüchern, Abenteuerbänden usw. verspricht. Die Spieleschmiede Decipher, seit Frühjahr 2002 um den Relaunch des „Star Trek“-Rollenspiels bemüht, gab mit einer weit in die Zukunft weisenden Produktlinie gleich zu Beginn das Versprechen eines anhaltenden Nachschubs. Dieser strömt im Moment etwas zäh – die Ursprungspläne liegen schon um vier Bücher in Verzug und Unheilspropheten sehen schon das Ende gekommen –, aber eine paar Supplements existieren doch. „Starships“ ist eines von ihnen.

von Bernd Perplies

„Starships“ – laut Buchrücken Band 4 der „Star Trek“-Produktreihe – widmet sich ganz den Raumschiffen des „Star Trek“-Universums. 208 Seiten stark und wie alle „Star Trek“-Rollenspiel-Bücher von Decipher ein vollfarbiger Hardcoverband besteht „Starships“ im Wesentlichen aus drei Teilen. Den Anfang machen die erweiterten Regeln für den ambitionierten Raumschiffkonstrukteur. Lust auf einen zehn Kilometer langen Koloss? Eine State-of-the-Art-Errungenschaft mit Multivektor-Angriffsmodus, ablativer Panzerung und Quantum-Slipstream-Antrieb? Oder vielleicht ein Alienschiff? Ist alles möglich mit den 20 Seiten voller Tabellen und neuer Gimmicks, welche die regulären Konstruktionsregeln im 9. Kapitel des "Narrator´s Guide" erweitern und teilweise ersetzen.

Ähnliche Zusatzregeln finden sich im zweiten Teil des Buchs. So erweitern sieben neue „Edges“ und sechs neue „Raummanöver“ die Bandbreite angehender Crews, mit einem einzigartigen Schiff auf Reise zu gehen respektive abwechslungsreiche Raumkämpfe auszufechten. Neu ist, dass ein Schiff nun, ähnlich wie seine Besatzung, regeltechnisch zu einer Art Charakter aufsteigt. Es kann „Renown“-Punkte sammeln und irgendwann – ungeachtet des Mannes im „Captains Chair“ – allein durch seinen Namen Respekt, Begeisterung oder Furcht auslösen (die „Enterprise“ dürfte das beste Beispiel sein). Obendrein kann es an der Erfahrung der Crew Teil haben, indem die Spieler gewisse Mengen der Punkte, die sie während ihrer Abenteuer erhalten, dem Schiff zukommen lassen, um sozusagen die vorgenommenen Upgrades im Laufe einer historischen 5-Jahres-Mission zu simulieren.

Den dritten und umfangreichsten Abschnitt des Quellenbuchs nehmen die 47 Raumschiffsdatenbögen ein. Jedes Schiff wird auf jeweils vier Seiten beschrieben (Shuttles ausgenommen), wobei auf den ersten beiden Seiten – eingebettet in ein vielleicht allzu verschwenderisches Layout – die spielrelevanten Werte zu finden sind, auf den letzten beiden in einem Fließtext die Geschichte und Eigenheiten sowie eine Liste bekannter Schiffe der jeweiligen Klasse verzeichnet werden. Den Löwenanteil haben natürlich Föderationsdesigns, die von Captain Archers NX-Klasse der Gründungszeit bis zur hypermodernen Prometheus-Klasse reichen. Doch auch fast alle anderen bekannten Schiffstypen, vom klingonischen Vor´cha-Klasse Schlachtschiff über den romulanischen Bird of Prey bis hin zu Borgwürfeln und Jem Hadar-Jägern, sind vertreten. Dabei sind alle Schiffe Originaldesigns aus den verschiedenen "Star Trek"-Serien – die Macher sahen entweder keine Veranlassung (durchaus zu Recht, hält man sich die Vielfalt an existierenden Gefährte im "Star Trek"-Universum vor Augen) oder aber sie hatten kein Lizenz dazu, eigene Entwürfe einzubringen. Ein Wermutstropfen sind hier allerdings die zahlreichen Dopplungen zu vorherigen Bänden, wie dem "Narrator´s Guide" und dem "Starfleet Operations Manual". So kennt man beispielsweise neun der 24 Sternenflotten-Designs bereits. Auf der einen Seite macht es Sinn, in einem eigenen Raumschiff-Band auch die „Galaxy-Class“ noch einmal aufzuführen. Auf der anderen Seite sind die zusätzlichen Infos dann allerdings nicht so üppig ausgefallen, wie man es sich gewünscht hätte, um die „doppelten“ Seiten guten Gewissens zu legitimieren.

Fazit: Man kann sich über „Starships“ streiten. Wer keine eigenen Schiffe konstruieren will und auf die optionale Regel, Schiffe mit eigenem „Ruf“ und eigener „Erfahrung“ auszustatten, verzichten kann, der wird sich nur von den Schiffsdesigns angezogen fühlen. Hier existieren leider etliche Dopplungen, die irgendwie nach einfachem Recycling schmecken. Ein Spielleiter allerdings, dessen Kampagne überwiegend im Weltraum angesiedelt ist – und um was geht es in "Star Trek", wenn nicht um Weltraum-Abenteuer? –, wird auf die Regelzusätze und vor allem den Reigen feindlicher Schiffe nicht verzichten wollen, während er seine Spielergruppe dorthin schickt, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist.


Starships
Quellenbuch
Bill Bridges, Andrew Greenberg u. a.
Decipher 2003
ISBN: 1582369062
208 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 34,95

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