Star Wars Unlimited – ein Demo-Spiel auf der ComicCon Stuttgart 2023

Gamer lieben das Jagen und Sammeln (nicht ohne Grund gibt es für ungefähr jedes Brettspiel seltenes Promo-Material). Außerdem lieben viele von ihnen „Star Wars“. Wenn also ein neues „Star Wars“-Sammelkartenspiel in den Startlöchern steht, ist die Neugierde der Community groß, zumal Hersteller Asmodee wirklich aus allen PR-Rohren feuert, um damit einen Glanzstart hinzulegen. Aber taugt das Spiel überhaupt was? Eine Demo-Partie auf der ComicCon Stuttgart soll Klarheit verschaffen.

von Frank Stein

Ein kleines Geständnis vorneweg: Ich hasse Sammelkartenspiele.

Sammelkartenspiele befördern eine 2-Klassen-Spielerschaft: die mit viel Geld, die sich die Decks mit starken, seltenen Karten vollhauen, und die mit wenig Geld, die das eben nicht können und entsprechend keinen Stich auf Turnieren machen können. Sammelkartenspiele sind auch Müllschleudern, denn wer intensiv sammelt, der hat am Ende nicht nur bergeweise aufgerissene Plastik-Boostertütchen rumliegen, sondern auch Unmengen an Commons oder Uncommons („gewöhnliche“ und „ungewöhnliche“ Karten) übrig, die schlichtweg ins Altpapier können. (Die Verteilung in den „SWU“-Boostern liegt bei 9 Commons, 3 Uncommons und 1 Rare oder Legendary Card; rechnet euch selbst den Ausschuss aus …) Und schließlich sind Sammelkartenspiele für mich persönlich frustrierend, weil ich ein leidenschaftlicher Sammler bin, und sie es mir in der Regel unmöglich machen, sie komplett zu sammeln. Zu absurd sind die Seltenheiten (und damit die Ebay-Preise) mancher Karten.

„SWU“ schießt hierbei echt den Vogel ab. So gibt es nicht nur das „normale“ Kartenset mit Commons, Uncommons, Rares und Legendarys, sondern auch noch seltene Foil-Karten, noch seltenere Hyperspace-Karten, Foil-Hyperspace-Karten und Showcase-Karten. Anbei mal ein paar Seltenheitsgrade zum Vergleich: Eine Legendary-Karte kommt 1x in 8 Booster-Packs vor. Eine Hyperspace Rare/Legenday-Karte (mit speziellem offenem Rand) findet sich 1x in 15 Boostern. Mit Foil-Effekt (also metallisch glänzend) muss man schon 50 Booster öffnen, um nur 1 Karte zu erhalten. Den Vogel aber schießen die Showcase-Karten ab, superseltene Anführer-Karten mit alternativem Artwork und Foil-Effekt, die 1x in 12 Booster-Displays (!) zu finden sind. Wer also auf den abwegigen Gedanken kommen sollte, ein komplettes Foil- oder gar Hyperspace-Kartenset nur der ersten „SWU“-Welle „Der Funke einer Rebellion“ zu sammeln, der kann schon mal eine Hypothek auf sein Haus aufnehmen. (Erwähnte ich bereits, dass es jede Woche Promos für das „Weekly Play“ in Läden geben soll? Ebay würde sich die Hände reiben, wenn man dort noch Gebühren von Verkäufern nehmen würden.)

Gut, genug gejammert. Marktwirtschaftlich mag das für Asmodee das perfekte Konzept sein, um ihre Fan-Kunden entweder arm zu machen oder in den Wahnsinn zu treiben. Als Casual Player muss man da aber einfach stark sein, die Augen vor allen durchs Internet gaukelnden Super-Duper-Ultra-Rares verschließen und sich auf das konzentrieren, was ein gutes SammelkartenSPIEL eigentlich ausmachen sollte: den spielerischen Aspekt.

Jetzt wird endlich gespielt ...

Einen ersten Einblick in diesen bekam ich am letzten Wochenende auf der ComicCon Stuttgart. Dort hatte Asmodee einen Stand aufgebaut und bot an 8 Tischen Demo-Runden an. (Am Schluss bekam man dann zwei Promo-Karten geschenkt, die auch bereits für 30 Euro und mehr im Netz gehandelt werden. Es ist irre.) Ich konnte dort eine Partie spielen, wobei ich die Rebellenseite hatte.

Regulär wird „SWU“ mit 50-Karten-Decks gespielt, für das Demo-Spiel hatten wir nur 30-Karten-Decks. Zunächst hat jeder Spieler seinen Anführer und seine Basis ausgelegt. Im Demo haben wir mit Luke gegen Vader gekämpft. Beide Basen hatten 30 Punkte; diese gilt es in einer Partie auf 0 zu reduzieren, um zu gewinnen. Die 30 Karten wurden gemischt, jeder von uns hat 6 gezogen, dann wurden direkt 2 davon in den Ressourcenbereich gelegt. Diese dienten fortan als Ressourcen. Denn das ist eine Eigenheit von „SWU“. Alle Karten können sowohl als das, was sie sind (Bodeneinheit, Raumeinheit, Ereignis), gespielt werden oder man legt sie verdeckt als Ressource aus, die genutzt werden muss, um die anderen Karten beim Ausspielen zu bezahlen. Man muss also stets überlegen, welche Karten man opfern will, damit man genug Ressourcen hat, um Zeug ins Spiel zu kriegen. Es soll Möglichkeiten geben, Ressourcen im weiteren Spielverlauf zurück auf die Hand zu bekommen; im Demo-Spiel gab es die Option nicht.

Das Spiel verläuft in Runden, die sich in eine „Action Phase“ und eine „Regroup Phase“ aufteilen. Wer die Initiative hat, darf anfangen. Das ist jedoch nur ein kleiner Bonus, denn die Aktionsphase ist von extrem kurzen Zügen geprägt, die immer abwechselnd stattfinden. So darf man, wenn man am Zug ist, exakt eine Aktion durchführen: eine Karte spielen, mit einer Karte angreifen, eine Fähigkeit nutzen oder den Initiative-Marker nehmen und damit das eigene Handeln in dieser Runde beenden. Vor allem versucht man, schnell Bodeneinheiten oder Raumeinheiten in die zwei Zonen (Boden und Weltraum) links und rechts der eigenen Basis auszuspielen. Diese kommen erschöpft (also gedreht) ins Spiel und können erst in der nächsten Runde (!) spielbereit gemacht werden, was nötig ist, um mit ihnen anzugreifen.

Jede Einheit hat einen Angriffswert und Lebenspunkte. Greift eine Einheit eine andere Einheit an, fügen sich beide gegenseitig Schaden zu. Manchmal bringt man sich damit also als Angreifer selbst um, wenn man sich vielleicht mit einer größeren Einheit anlegt, um diese für eine zweite Attacke weichzuklopfen. Greift eine Einheit die Gegnerbasis an, wird Schaden in Höhe des Angriffswerts dort platziert. Der Angriff auf eine Basis ist jederzeit erlaubt, solange keine Feind-Einheiten mit dem Schlüsselwort „Sentinel“ ausliegen. Diese Wachen muss man zuerst besiegen, bevor die Basis dran glauben darf. Das wurde uns im Demo-Spiel übrigens nicht deutlich genug erklärt. Wir dachten, wir müssten ALLE Gegner einer Kampfzone wegräumen, bevor die Basis angegriffen werden kann. Das machte das Spiel durchaus dramatisch, zog es aber auch gehörig in die Länge.

Gefallen haben mir an dem Spiel vor allem drei Sachen: Der schnelle Wechsel der Züge/Aktionen verhindert praktisch jede Form von nennenswerter Downtime. Man ist immer mitten im Geschehen. Schön ist auch, dass angegriffene Gegner nicht schutzlos auf die Nase bekommen, sondern durchaus zurückschlagen. Man verliert dabei in der Regel natürlich trotzdem ungewollt Einheiten, aber wenigstens muss der Angreifer dafür auch bezahlen und kann nicht unbegrenzt Attacken durchziehen. Selbst ein Vader ist auf diese Weise nicht unsterblich. Das ist übrigens auch nett: Die eigenen Anführer können sicher im Anführerbereich bleiben. Dann können sie ihre jeweiligen Anführer-Fähigkeiten jede Runde einmal ins Spiel bringen. (Luke zum Beispiel kann einer Einheit einen Schild verleihen, der jeden Schaden eines Angriffs abwehrt, was meinen Gegner teilweise sehr genervt hat.) Man kann sie aber auch, sobald man 7 Ressourcen gesammelt hat, kostenfrei in die Bodenkampfzone ziehen, dann werden sie umgedreht und zu spielstarken Kampfeinheiten. Natürlich mit dem Risiko, umgebracht zu werden. Zu guter Letzt greifen wirklich viele Karten nett ineinander. So macht eine Karte eine andere spielbereit, wenn sie ins Spiel kommt. Eine andere heilt die Basis, wenn sie angreift. Oder man bekommt einen Bonus, wenn die eigene Einheit besiegt ist. Clever genutzt kann man hier über mehrere Aktionen elegante Ketten erzeugen, die einem helfen, noch effektiver zu agieren. Oft muss man aber auch abwägen, weil eben nur der eine oder andere Effekt vom Timing her funktioniert.

Was beim Demo-Spiel nicht zum Tragen kam, aber im Prinzip ein interessanter Aspekt für fortgeschrittenes Gameplay beziehungsweise Deckbau ist, sind die sogenannten „Aspekte“. In „SWU“ gibt es, man kennt das aus anderen Spielen, sechs verschiedene Aspekte, die die Richtung und Funktion jeder Karte bestimmen: Heldentum (weiß), Niedertracht (schwarz), Wachsamkeit (blau), Kommandieren (grün), Aggression (rot) und Raffinesse (gelb). Wenn man sein Deck baut, wählt man mit seinem Anführer zwei und mit der Basis einen Aspekt. Diese drei Symbole stellen die Karten-Aspekte dar, aus denen man bevorzugt sein weiteres Deck bauen sollte. Man kann zwar aus allen Aspekten sein Deck bauen, also sogar Luke Imperiale kommandieren lassen (daher der Name „Star Wars UNLIMITED“), aber wenn man Karten spielen will, die nicht zu den Anführer/Basen-Aspekten passen, zahlt man 2 Ressourcen pro nicht passendem Aspekt als Strafe. Das lohnt sich also nur in Ausnahmefällen!

Fazit: Zum Sammleraspekt des neuen Sammelkartenspiels „Star Wars Unlimited“ habe ich oben schon alles gesagt, was ich loswerden wollte. Der ist ein echtes Elend, mit viel zu vielen Sonder- und Spezialkarten. Spielerisch hat mich das Ding jedoch direkt abgeholt. Der Schlagabtausch geht flott vonstatten. Die Regeln sind – noch – sehr übersichtlich und schnell gelernt. Die taktische Tiefe ist angenehm, nicht zu banal und nicht zu gehirnsprengend. Auf einer nicht kompetitiven Ebenen (also „casual play“) dürfte das Ganze eine lustige Sache werden. Wie gut die Karten (verschiedener Seltenheitsgrade) im Turnierumfeld funktionieren, muss sich noch zeigen. Vor ernsthaften Sammlerambitionen kann ich nur eindringlich warnen. „Star Wars Unlimited“ erscheint weltweit am 8. März 2024.

Star Wars Unlimited: Der Funke Einer Rebellion – Zwei-Spieler-Starter-Deck
Kartenspiel für 2 Spieler
Daniel Schaefer
FFG/Asmodee 2024
EAN: 841333124212
Sprache: Deutsch
Preis: 34,99 EUR

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