Star Wars Marvel Comics-Kollektion 12: Lando

Lando Calrissian – Frauenheld, Administrator einer Wolkenstadt und verratener Verräter. So lernen wir ihn in „Das Imperium schlägt zurück“ kennen. Han Solos alter Kumpel ist ein Glücksspieler und halbseidener Geschäftsmann. Als solcher verlor er einst den Millennium Falcon an Solo und als solcher betrieb er eine fragwürdige Tibanna-Gas-Mine in den Wolken von Bespin, bis er sich mit dem Imperium überwarf und notgedrungen zum Rebell wurde. Der Comic „Lando“, Ausgabe 12 der „Star Wars Marvel Comics-Kollektion“, wirft einen Blick in die Vergangenheit des charismatischen Schurken.

von Frank Stein

Der 114-seitige Hardcoverband umfasst die US-Ausgaben „Lando #1-#5“, die als eigenständige Mini-Serie ursprünglich zwischen Juli und Oktober 2015 erschienen sind. Auf Deutsch sind sie in Form eines Softcover-Sammelbandes 2016 bei Panini Comics herausgekommen. Autor ist Charles Soule, der Zeichner Alex Maleev. Beide hatten zuvor vor allem Superheldencomics für Marvel und DC realisiert, wenn auch nicht gemeinsam. Mittlerweile gilt Soule jedoch als profilierter „Star Wars“-Autor, der unter anderem „Obi-Wan & Anakin“, die „Poe Dameron“-Reihe und die zweite „Darth Vader“-Staffel geschrieben hat.

Die Geschichte beginnt auf imperialen Kolonialwelt Castell, irgendwann vor „Das Imperium schlägt zurück“. Calrissian steht, wie so oft bei Männern seines Schlages, bei einem lokalen Unterweltboss in der Kreide, und auch ein seiner Ansicht nach perfekter Coup hilft ihm kaum aus dem Schlamassel. Stattdessen sieht er sich gezwungen, gemeinsam mit seinem Kumpel Lobot für den Fiesling ein Raumschiff zu stehlen, das in der Orbitalwerft von Sienar Fleet Systems überholt wird. Alles, was an Bord ist – vor allem Kunstschätze, denn der Besitzer soll Sammler sein –, darf er auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Nur das Schiff muss er abliefern. Klingt soweit gut, denkt sich Lando, heuert ein paar Muskeln und eine Expertin für Kunstschätze an und zieht los. Dummerweise gehört das Vergnügungsschiff nicht irgendeinem imperialen Bürokraten … und schon bald sitzen die Diebe so richtig in der Klemme. Wird es Lando gelingen, sich mit Witz und Charme aus der Affäre zu retten?

Wie so viele Comics und Bücher der ersten Monate „Disney Star Wars“, ist auch „Lando“ vor allem ein Abenteuer, das dazu dient, einen Charakter der klassischen „Star Wars“-Trilogie ins Rampenlicht zu rücken, hier den titelgebenden Glücksspieler Lando Calrissian. Als solches trägt die Handlung wenig zur galaktischen Geschichte an sich bei, stattdessen bleibt es eine kleine, isolierte Episode, die man lesen kann, aber keineswegs muss, um den Fortlauf der Saga zu verstehen.

Das soll nicht heißen, dass der Comic schlecht wäre, im Gegenteil! Die abgeschlossene Story ist flott erzählt und weist ein paar hübsche Wendungen auf. Lando ist treffend charakterisiert und unterscheidet sich, vor allem in seinem Umgang mit Frauen, angenehm deutlich von dem anderen großen Schurken, Han Solo. Sehr schön ist auch, dass die selten bemühte Figur des Lobot näher beleuchtet wird. Der Charakter ist auf einmal geradezu tragisch zu nennen. Die Zeichnungen sind sehr ansprechend umgesetzt und von Paul Mounts in atmosphärischen, an selige „Dark Empire“-Zeiten erinnernden Farben koloriert. (Auch wenn ich zumindest bei dem Verbrecherboss, mit dem Lando Ärger hat, unwillkürlich an „Hellboy“ und „B.U.A.P.“ denken musste. Da bricht das Setting ganz kurz mal.)

Die Ausstattung des Comics ist typisch für die „Star Wars Marvel Comics-Kollektion“. Er kommt als schicker Hardcoverband daher, der auf dem Buchrücken das durchgehende Bildmotiv um ein klein wenig Jek Porkins erweitert. Die Einleitung ordnet die Geschichte ein und wird dabei seltsamerweise von einem Variant Cover von „Star Wars #1“ illustriert – dabei hätte es mehr als genug Variant Covers der „Lando“-Mini-Serie gegeben. Der kurze Überblick über die Hauptfiguren ist wie immer bloß eine Füllseite, zumal die Einordnung auf dem Zeitstrahl (nach „Episode IV“) glatt der Einleitung eine Seite zuvor („diese Geschichte spielt vor der Original-Trilogie“) widerspricht. Unterm Strich ist es aber eigentlich egal, wann genau „Lando“ spielt, eben weil es im Wesentlichen für sich steht. Am Ende findet sich eine Cover-Galerie, die angenehm komplett ist, wobei auch hier noch Luft für Variant Covers gewesen wäre.

Fazit: Unterm Strich präsentiert sich „Lando“ als gelungenes, kleines „Star Wars“-Abenteuer. Vom Inhalt her ist es zwar absolut optional und setzt weder Vorkenntnisse voraus (abgesehen von dem Film „Das Imperium schlägt zurück), noch wird es großen Einfluss auf Folgewerke haben, aber eine unterhaltsame, flott erzählte Story und ein atmosphärischer, angenehm „erwachsener“ Zeichenstil machen den Band für Fans auf jeden Fall zu einer lesenswerten Unternehmung.

Star Wars Marvel Comics-Kollektion 12: Lando
Comic
Charles Soule, Alex Maleev, Paul Mounts
Panini Comics 2021
ISBN: 987-3-7416-2509-1
114 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 14,99

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