von Frank Stein
Der vorliegende Sammelband vereint die Ausgaben #28-32 der Reihe „Darth Vader (2020)“. Die fünf hier gesammelten „Star Wars“-Comic-Hefte wurden ursprünglich zwischen Oktober 2022 und März 2023 in den USA auf Englisch veröffentlicht, also ziemlich zeitgleich zu dem Comic-Event „Hidden Empire“. Allerdings wird praktisch kein Bezug darauf genommen. Die Story steht – im Rahmen der „Vader“-Reihe – gut für sich allein. Auf Deutsch wurden die Comics zunächst in Heftform zwischen Mai und September 2023 herausgebracht, im Februar 2024 folgte dann dieser Sammelband im Softcover und parallel im limitierten Hardcover. Geschrieben wurden die Comics weiterhin von Greg Pak, illustriert wurden sie von Raffaele Ienco, Luke Ross und Ibraim Roberson. Die Kolorierung besorgten Carlos Lopez und Federico Blee.
Der Comic setzt kurz nach der letzten Mission von Vader und Sabé ein. Sie hatten sich gegen die korrupte, mit Crimson Dawn kooperierende Gouverneurin Tauntaza gestellt. Dabei war Vader schwer verletzt worden. Doch statt ihn zu töten, hatte Sabé ihn gerettet. Aber auch nach Vaders Genesung ist die Beziehung zwischen den beiden angespannt. Während Sabé irgendwie erreichen will, das verbliebene Gute in Anakin hervorzulocken, schwankt Vader zwischen Zorn und Verlangen. Auf der einen Seite macht ihn die Erinnerung an früher, für die Sabé letztlich steht, wütend und er will sie am liebsten tilgen, um den Schmerz zu vergessen. Auf der anderen Seite hat er alle Frauen, die ihm je etwas bedeutet haben – vor allem seine Mutter und Padmé – letztlich enttäuscht und sterben sehen. Und ein Teil von ihm sehnt sich danach, dass dies bei Sabé nicht passiert. Er will sie an seiner Seite haben – und mit ihr gemeinsam die Galaxis beherrschen, nachdem ihn sein Sohn Luke ja ebenfalls abgelehnt hat.
Diese Spannung ist auch dem Imperator wohl bewusst, aber er sieht in Sabé dennoch keine Gefahr, sondern vielmehr ein interessantes neues Spielzeug, eine im Kern gute, aber auch von Dunkelheit befleckte Seele, die korrumpiert werden kann und zugleich Vader aus dem Gleichgewicht bringt. Beides bereitet Palpatine sadistisches Vergnügen. Und so wird Sabé ganz offiziell Vader zur Seite gestellt. Ihr nächster Auftrag besteht darin, Jul Tambor zu finden, den Sohn des Techno-Union-Führers Wat Tambor (aus den „Prequel“-Filmen), und ihn zu töten. Dieser erhebt sich gegen das loyale Regime, das Vader nach den Klonkriegen auf der Heimatwelt der Union eingerichtet hatte. Das darf nicht ungestraft bleiben.
Unterdessen machen sich die anderen Zofen der Königin, Sabés ehemalige Mitstreiterinnen, auf, um ihre verlorene Schwester aus den Fängen des Imperiums zu retten. Dabei kommen sie früher oder später Vader in die Quere – und es beginnt ein Kampf um Macht und Loyalität. Wer wird am Ende Sabé für sich gewinnen können? Oder verfallen alle „Schatten“ der Dunkelheit?
Je länger diese Zofen-Geschichte andauert, desto mehr fühlt sich der „Star Wars“-Veteran bei Sabé an die Figur der Mara Jade erinnert, die „Hand des Imperators“, die zu Prä-Disney-Zeiten als ebenso clevere wie gefährliche Killerin des Imperiums unterwegs war, um schließlich Dank Luke den Weg zurück ins Licht zu finden. Hier sind die Vorzeichen etwas umgekehrt mit Sabé und Vader, aber die starke Frauenfigur, die zerrissen ist zwischen dem Wunsch, Gutes zu tun, und der Notwendigkeit, dem Imperium – dem Bösen – zu dienen, hat unleugbar Mara-Jade-Vibes in sich. Das macht einen gewissen Reiz für Kenner aus.
Vader ist und bleibt bei Greg Pak ein Charakter, mit dem nicht alle Fans warm werden. Zu nachdenklich wirkt er, zu sehr innerlich zerrissen und auch nach all den Jahren noch von Verlust und Einsamkeit getrieben. Er denkt so oft an Padmé und seine Mutter, als wären diese erst gestern gestorben, nicht bereits vor 20 Jahren. Was Pak will, ist klar. Er versucht, halbwegs glaubwürdig die Transformation des düsteren Vaders aus „Das Imperium schlägt zurück“, der regelmäßig Untergebene erwürgt, hin zu dem fast müde erscheinenden und am Ende beinahe freundlichen alten Mann zu vollziehen, den wir in „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ beobachten. Dazu nutzt er den Schock der Konfrontation mit Luke, um alte Erinnerungen und Gefühle aufzuwühlen, die Vader vielleicht längst begraben und vergessen glaubte. Dass dadurch ein innerer Zwiespalt entsteht, der Vader geradezu erratisch handeln lässt, passt da durchaus, auch wenn es manchmal schwer fällt, jede seiner Entscheidungen und Sinneswandlungen nachzuvollziehen. (Aber wer von uns hat auch je einen Sith auf dem schmerzhaften Weg zurück ins Licht erlebt?)
Die Bilder, die Raffaele Ienco, Luke Ross und Ibraim Roberson dafür finden, sind immer wieder erstaunlich stark. Das befürchtete Stil-Chaos bleibt weitgehend aus. Optisch weiß der Comic fast durch die Bank zu überzeugen, egal ob bei Mimik, Gestik, Detailgrad oder der Proportionen von Raumschiffen. Insbesondere Vader wirkt immer wieder eindrucksvoll, auch wenn man die Last auf seiner Seele in vielen Panels spürt. Die Farbgebung ist angemessen gedeckt: viel Blau, Rot, Schwarz und Grau beherrscht die Seiten, hier und da durch Erdfarben und ein giftiges Grün-Gelb ergänzt. Fröhlich und bunt ist hier gar nichts. So soll es sein.
Fazit: „Die Rückkehr der Schatten“ erzählt die Geschichte um Darth Vader und die Zofe Sabé weiter. Im Detail episodisch, ist das Ganze doch in den größeren Handlungsverlauf eingebettet, sodass ein Lesen ohne Vorkenntnisse auf jeden Fall Verständnisfragen und Einbußen beim Vergnügen zur Folge haben dürfte. Dass parallel der Event-Comic „Hidden Empire“ läuft, merkt man nicht. Die „Vader“-Reihe konzentriert sich ganz auf sich selbst. Lesenswert – wenn man bereit ist, sich mit einem Vader auseinanderzusetzen, der von tiefen inneren Konflikten geplagt ist.
Star Wars: Darth Vader – Die Rückkehr der Schatten
Comic
Greg Pak, Ibraim Roberson, Federico Blee u. a.
Panini Comics 2024
ISBN: 978-3-7416-3799-5
112 S., Softcover, deutsch
Preis: 15,00 EUR
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