Star Wars: Darth Maul – In Eisen

Er war zweifelsohne der dämonischste Schurke, den man im „Star Wars“-Universum bis dato gesehen hatte, ein rothäutiger Kerl mit schwarzer Fratzentätowierung im Gesicht und einem Kranz Hörner auf dem kahlen Schädel, der nicht nur aussah wie der Teufel persönlich, sondern auch genauso kämpfen konnte. Darth Maul hieß dieser Schüler des ominösen Ober-Sith Darth Sidious, der uns in „Die dunkle Bedrohung“ präsentiert wurde, und es gelang ihm binnen kürzester Zeit, sich in die illustre Riege an „Star Wars“-Schurken einzureihen, die bereits nach wenigen Augenblicken auf der Leinwand zu Kultfiguren wurden. „In Eisen“ erzählt eine Geschichte kurz bevor Maul losgeschickt wurde, um Jedi zu jagen.

von Frank Stein

Einmal mehr hat „Star Wars“-Autor Joe Schreiber, der uns die Romane „Der Todeskreuzer“ und „Darth Scabrous“ bescherte, zur Feder gegriffen. Joe Schreiber, das muss man vorab wissen, ist sozusagen als Horrorautor für das Franchise angestellt worden. Entsprechend geht es in seinen Romanen deutlich derber zu, als in irgendeinem anderen „Star Wars“-Abenteuer. Herausgerissene Gedärme, leere Augenhöhlen, Menschenfresser und zu endlosen Qualen verdammte Seelen: Wären seine Bücher Filme, wäre ihnen die FSK18-Einstufung sicher. Dass er für eine Geschichte, in welcher der einsame Killer Darth Maul sozusagen als „Sympathieträger“ fungiert, der richtige Mann ist, versteht sich von selbst.

Das Setting gleicht einem Kammerspiel: Darth Maul wird von seinem Meister nach Radbau Sieben geschickt, in ein Hochsicherheitsgefängnis in Form einer modularen und sich ständig verändernden Raumstation, wo Maul den ominösen Waffenhändler Iram Radique finden soll. Es gilt, einen Handel zwischen dem psychopathischen Erfinder von Todeswerkzeugen und einem fanatischen Todeskult unter Führerschaft einer gefallenen Jedi in die Wege zu leiten. Doch die ganze Sache muss im Geheimen vonstatten gehen, weswegen Maul verboten ist, seine Kräfte einzusetzen. Er muss als gewöhnlicher Gefangener nach Radbau Sieben – und ist zunächst voll und ganz damit beschäftigt, zwischen rivalisierenden Gangs und illegalen Arenakämpfen zu überleben. Sein Kampf nach oben ist mühsam und blutig, und seine Suche nach Radique wird zur Reise ins finstere Herz dieses Orts der Verdammten.

Ich habe „Der Todeskreuzer“ und „Darth Scabrous“ nicht gelesen, bevor ich mich an „In Eisen“ wagte. Aber natürlich hatte ich von den Romanen gehört, also glaubte ich mich zumindest halbwegs vorbereitet. Dennoch muss ich gestehen, dass ich zwischendurch erstaunt die Augenbrauen gehoben habe. Was das All-Age-Franchise „Star Wars“, das von Jahr zu Jahr auf jüngeres Publikum zielt, sich da erlaubt hat, ist schon krass. Der Roman erfüllt alle Klischees des B-Movie-Gefängnisfilms (von korrupten Wachen, über die sadistische Direktorin, bis hin zu illegalen Todesduellen) und er ist auch überreich mit Horrormotiven und -momenten ausgestattet. Hier kommt wirklich kaum einer lebend raus. Mit „Star Wars“, wie man es bei Kevin J. Anderson oder Michael Stackpole einst las, hat das wenig zu tun, auch wenn Jabba, ein Wampa und diverse Bösewichte aus dem Umfeld der Prequels Kurzauftritte haben.

Doch nur um das klarzustellen: Das finde ich nicht schlecht! Es gibt eine Menge typische „Star Wars“-Romane, mit schneidigen Piloten, sarkastischen Schmugglern und der Welten erschütternden Bedrohung des Monats. Sie alle sind auf ihre Weise unterhaltsam, doch das Franchise ist größer. Es ist groß genug für Experimente am Rand, für humorvolle Geschichten, für reinen Pulp, für „Heist-Movies“ und Agententhriller – und eben auch für Horrorromane. Zugegeben, „In Eisen“ hätte vielleicht fünfzig Seiten kürzer sein können. Der Plot ist etwas dünn, der Schauplatz bleibt – von kurzen Abstechern zu Darth Sidious – auf Radbau Sieben begrenzt. Und wenn man sich erst mal daran gewöhnt hat, dass Augen eingedrückt, Kehlen herausgerissen und Leiber zerfetzt werden, betrachtet man das Schicksal der Verurteilten und ihrer Wärter zunehmend distanziert, eine wohl zwangsläufige Folge des hohen Bodycounts.

Trotzdem kann man das Experiment als gelungen bezeichnen. Der Roman passt absolut zur düsteren Figur Darth Maul, sein zielstrebiges, über weite Strecken gefühlloses Handeln unterstreicht das, was man von ihm in „Die dunkle Bedrohung“ gesehen hat. Was mich einzig ein wenig verwirrt hat, war die Präsenz von Darth Plagueis, dem auch in „Die Rache der Sith“ erwähnten Meister von Sidious. Offenbar haben es die Sith mit dem „Ein Meister, ein Schüler“-Konzept nicht so ernst genommen, wie es die Jedi stets dachten. Denn Maul wird offen als Sidious’ Schüler bezeichnet, der wiederum ganz offensichtlich unter Plagueis’ Fuchtel steht. Details dieser Konstellation bleibt der Autor dem Leser schuldig. Vermutlich muss man die zeitgleich angesiedelten Romane „Schleier der Täuschung“ und/oder „Darth Plagueis“ lesen, um die Beziehungsverhältnisse besser zu verstehen.

Fazit: Für Leser, die einen typischen „Star Wars“-Roman suchen, ist „Darth Maul – In Eisen“ sicher die falsche Lektüre. Joe Schreiber ist der Mann für die Horrorkost im „Star Wars“-Universum. Und die liefert er auch in diesem Roman ab. Wer allerdings Spaß an Experimenten hat und mit „literarischen FSK18-Stoffen“ umgehen kann, wird an dem Gefängnis-B-Movie mit Horrorelementen und einem Schuss dunkler Seite der Macht seinen Spaß haben.


Star Wars: Darth Maul – In Eisen
Film/Serien-Roman
Joe Schreiber
blanvalet 2014
ISBN: 9783442269839
464 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 13,00

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