Star Trek CCG: In A Mirror, Darkly

Soeben hat Decipher mit der Box „Ages End“ den Abschluss seines „The Lord of the Rings“-Sammelkartenspiels bekanntgegeben. Es war vermutlich auch langsam Zeit, denn die Kinofilme sind schon längst aus dem Kurzeitgedächtnis der Massen entschwunden und ab dem „Shadows“-Set begann man sich auch irgendwie unschön zu wiederholen. Ganz anders sieht es beim „Star Trek CCG“ aus. Mit „In A Mirror, Darkly“ ist soeben die neue Erweiterung erschienen und von Ermüdungserscheinungen absolut keine Spur!

von Bernd Perplies

 

122 Karten ist die aktuelle Booster-Expansion „In A Mirror, Darkly“ stark (40 Commons, 42 Uncommons, 40 Rares), wobei die Karte „Soval, Idealist (13U112)“, obwohl als Uncommon gelistet, auf dem Common-Druckbogen in Common-Seltenheit hergestellt wurde. Wie immer in letzter Zeit wird das Set in 30-Booster-Displays zu 11 Karten (1 Rare, 3 Uncommons, 7 Commons) verkauft. Ein 18-Karten-Foil-Subset und zwei coole, wenngleich extrem schwierig zu findende Archive Portrait Cards – das Dilemma „Stripped Down“, a.k.a. „Shirtless Hoshi“, und die heiße Orioner-Sklavin „Neras“ – sollen dabei Sammler erfreuen. Das Mischungsverhältnis in meinem Display war hervorragend: Keine einzige Rare-Karte wurde doppelt gezogen und es konnte sowohl ein Common- als auch ein Uncommon-Kartenset komplettiert werden.

Die Qualität der Karten ist im Schnitt sehr ordentlich. Der Druck ist kräftig und der schwarze Kartenrand fast überall gleichmäßig. Einige Motive sind etwas dunkel oder matschig geraten (ich argwöhne, das hat damit zu tun, dass hier nur Bildausschnitte der TV-Episoden vergrößert wurden), andere erfreuen dagegen durch knackige Schärfe. Die Foil-Karten sind qualitativ höchst ansprechend geworden, wie ich anhand von „Jonathan Archer“ (12A12) und der „Shirtless Hoshi“ (0AP11) erfreut feststellen konnte. Grund zum Klagen gibt es also eigentlich keinen.

Wie schon „These Are The Voyages“ kommt auch „In A Mirror, Darkly“ recht figurenbetont daher. Von den 122 Karten entfallen immerhin 69 auf Personnel, wobei die Föderation und Starfleet einmal mehr die großen Gewinner der Affiliations sind. Es befinden sich diesmal kaum „Redshirts“ im Set, stattdessen bekommen Sammler und Spieler fast fünf komplette Hauptdarsteller-Ensemble im Mirror-Universe-Look geboten (Ausnahme: „DS9“ – hier fehlen Sisko und O’Brien). Der Vorteil an dem Gedränge bekannter Gesichter liegt vor allem darin, dass viele von ihnen Commons oder Uncommons sind; das macht es gerade Einsteigern leicht, mit namhaftem Personal zu spielen.

  Den Veteranen dagegen nervt es ja oft, wenn ein Set wieder nur aus Kirks, Picards und Quarks besteht – und diese auch noch eher schwach sind, weil ja Common. Hier aber punktet „In A Mirror, Darkly“ gleich doppelt. Zum einen halten wir durch das Spiegeluniversum vom subjektiven Empfinden her andere Charaktere in den Händen, außerdem bauen gleich mehrere clevere Spielmechanismen auf die Personenschwemme auf. So heißt es etwa auf praktisch allen Crewmitgliedern der Voyager: „(You may) Discard a card titled X oder Revised X from hand to…“. Selbst wenn man also beispielsweise 4x den „Revised Doctor“ im Deck hat, sind die drei Karten, die verbleiben, wenn eine von ihnen gespielt wurde, keineswegs nutzlos, sondern können verwendet werden, um einen Interrupt aus dem Deck zu ziehen.

Die TNG-Crew hingegen löst das Problem, „schlechter“ Common-Cards dadurch, dass die einzelnen Karten relativ teuer sind (4 Punkte im Schnitt). Das erlaubt es, ihnen trotz Common-Status ordentliche Werte zu geben, gleichzeitig haben fast alle Spieltexte der Karten die hohen Kosten zum Thema. Entweder werden Möglichkeiten eröffnet, die Kosten zu senken oder aber gewisse Fähigkeiten werden nur ausgelöst, wenn man ein Personal auf der Hand oder ausgepielt hat, das 4 oder mehr Punkte kostet!

Bei der TOS-Affiliation ist erneut „Upgrading“ das Kernkonzept. „You may play this personnel at cost +X to…“. Wenn man also einen Charakter nicht für den angegebenen Wert spielt, sondern zusätzliche Punkte investiert, kann man einen Effekt auslösen, der meist dazu dient, die Gegner zu zwingen, etwas Unangenehmes zu tun (Karten abwerfen, Leute töten usw.). Dieser destruktive Dreh passt sehr gut zum Setting, in dem wir uns hier bewegen. Im Vergleich zu „These Are The Voyages“ ist übrigens zusätzlich ein bereits ausgespielter Spiegeluniversums-Charakter Pflicht.

  Für die übrigen Affiliations werden leider wieder nur Lückenfüller geboten. 1 Borg, 2 Klingonen, 3 Cardassianer, 4 Bajoraner… Viel ist hier nicht zu holen. Der Kartentext bietet meist die Möglichkeit zum Kostensenken „When you play this personnel, if you command a X, this personnel cost -1“. Ich bin ein Fan der Föderations-Affiliation, insofern stört mich dieses Ungleichgewicht nicht so sehr, allerdings wäre es objektiv betrachtet mal wieder wünschenswert, etwa die Romulaner oder Klingonen thematisch zu stärken. (Außerdem wünsche ich mir ja immer noch eine Andorianer-Affiliation – und die Xindi!)

Es befindet sich nur eine einzige Equipment-Karte im Set (mal wieder… schade eigentlich, denn früher fand ich die Waffen und Ausrüstungsgegenstände sehr nett), aber die hat es diesmal in sich! Das „Multidimensional Transporter Device“ erlaubt es, ein ausgespieltes Personal durch eine Karte gleichen Titels, die man auf der Hand hält, auszutauschen. Dadurch kann man im Laufe des Spiels völlig unterschiedliche und der jeweiligen Situation angemessene Versionen von etwa „James T. Kirk“ oder „Jonathan Archer“ spielen, da sich Personenkarten in der Second Edition nicht mehr durch Titel unterscheiden – wie noch in der First Edition, die „Captain Kirk“, „James T. Kirk“ und „James Tiberius Kirk“ kannte –, sondern durch Untertitel.

Ein kleines Easter Egg haben sich die Macher bei Decipher bei den Dilemma- und Event-Karten erlaubt. Mit „Energize“, „Call to Arms“, „Necessary Evil“, „Fractured Time“, „Reflections“, „Strange New Worlds“, „Dangerous Missions“, „Captain’s Log“ und „These Are The Voyages“ wurden – nach „To Boldly Go“, das schon im Grundset zu finden war – neun Kartentitel gewählt, die gleichzeitig alle erschienenen Expansions bezeichnen. Nur die „Genesis“-Collection und das aktuelle Set selbst fehlen noch.

Kleine Seitenanmerkung zum Schluss: Am Besten gefällt mir persönlich die Karte „Investigate Derelict“, eine Mission, die als Region die Delphic Expanse der dritten „Enterprise“-Staffel angibt. Wenn das ein Versprechen für eine zukünftige Expansion ist, kann Decipher eigentlich nicht viel falsch machen!

Fazit: „In A Mirror, Darkly“ vertieft das Konzept, das man schon in „These Are The Voyages“ sehen konnte: Viel Personal, das mit gut aufeinander abgestimmten Kartentexten zu gradlinigen Decks unterschiedlichster Ausrichtung einlädt. Neue Interrupts und Equipment spielen kaum eine Rolle, auch die Auswahl an Missionen wird nur langsam größer. Kein Set, mit dem man aus der Box spielen kann, aber sehr schönes Aufbaumaterial für Spieler, die hinreichend Grundset-Ausstattung besitzen, besonders, wenn man ein Fan der Affiliations Federation oder Starfleet ist.

Star Trek CCG: In A Mirror, Darkly Sammelkarten-Erweiterungsset Decipher 2007 ISBN: 1-58236-095-2 122 Karten, englisch Preis: ca. EUR 3,00 (Booster) bei tradingcard-shop.de bestellen

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