Smash Up: Munchkin

Diebische Orks, die mit Laserkanonen auf der Jagd nach Schätzen in Richtung der Jünger Cthulhus ballern oder sich mit untoten Hühnchen zoffen: Im Universum von „Munchkin“ ist das an der Tagesordnung und bringt keinen Fan aus der Fassung. Diese Welt trifft nun auf „Smash Up!“ und fügt dem Wahnsinn eine beängstigende Komponente hinzu: System!

von Kai Melhorn

 

„Smash Up!“ kenne ich, aber was ist dieses „Munchkin“?

Dass jemand diese Frage stellt, ist doch halbwegs unwahrscheinlich. Aber für den Fall, dass es jemanden da draußen geben sollte, dem ich diese Frage zu Recht in den Mund lege, will ich es gerne erklären. „Munchkin“ ist die spielgewordene Inkarnation eines Geeks. Wer mit „D&D“ oder einer frühen Fassung von „DSA“ angefangen hat, Rollenspiel zu betreiben, irgendwann in seiner Karriere mal über „Hack&Slay“-Rollenspiele gestolpert ist oder auch nur mal „Diablo“ gespielt hat, wird den Humor der Originalausgabe von „Munchkin“ zum Brüllen komisch finden. Das sagt allerdings noch nichts über das eigentliche Spiel aus, da man hier durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann. Sollte sich jedoch mal die Gelegenheit bieten, eine Runde „Munchkin“ zu spielen, sollte man es mal gemacht haben.

„Munchkin“ kenne ich, aber was ist dieses „Smash Up!“?

Nun kommen wir also zum eigentlichen Gegenstand dieser Rezension. Das Spielprinzip ist schnell erklärt und auch wenn es sich bei „Smash Up! Munchkin“ bereits um das Kartenset Nummer acht handelt, will ich an dieser Stelle kurz darauf eingehen.

Jeder Spieler verfügt über sein eigenes Set an Karten und versucht durch geschicktes Ausspielen und Kombinieren derselben, die Oberhand an den Basen zu gewinnen. Von diesen Basen liegt immer eine mehr auf dem Tisch, als Spieler derzeit mitspielen, womit man sich gut überlegen muss, wie man seine Kräfte verteilt. Wurde eine Basis so stark bearbeitet, dass ihre Wertungsbedingung erfüllt wurde, wird geschaut, wer denn nun die Oberhand im Kampf um die Basis behalten hat. Je nach investierter Kampfeskraft bekommen die Spieler auf den Plätzen eins bis drei ein paar Punkte gutgeschrieben. Das ist der wichtigste Teil des Spiels, denn wenn man als erster 15 dieser Punkte eingestrichen hat, hat man gewonnen.

Das Spiel ist durchaus unterhaltsam, man muss sich jedoch als Anfänger zunächst mit den eigenen Karten beschäftigen, was den Spielfluss ein wenig hemmt und man konzentriert sich leider zwangsläufig auf das Spiel und weniger auf die Mitspieler. Bei diesem Spiel hat jeder Spieler sein ganz individuelles Kartendeck und normalerweise wird keine der Karten, die man auf der Hand hat, ebenfalls auf der Hand eines anderen Spielers zu finden sein.

Und das ist der Clou des Ganzen

Im Falle von „Smash Up! Munchkin“ stehen den Spielern acht Fraktionen zu Wahl, die alle vollkommen unterschiedlich sind. Jede Fraktion hat ihre speziellen Fähigkeiten, die sie von den anderen unterscheidet. Zu Beginn des Spiels wählt jeder Spieler nun zwei dieser Fraktionen aus, mischt diese gut durch und wappnet sich so für den Kampf gegen die Gegner, die ebenfalls ihre eigene, wilde Kombination gewählt haben. Damit ergeben sich alleine für dieses Set 28 verschiedene Paarungen mit ganz eigenen Möglichkeiten. Das gibt dem Spiel diesen tollen Effekt, dass man schnell noch einmal spielen will. Denn irgendwann während des Spiels fällt mit Sicherheit auf, wie toll doch zwei bestimmte Fraktionen miteinander harmonieren würden. Das ist dann der Moment, wo man das Gefühl hat, man hätte sich zu Beginn des Spiels lieber anders entscheiden sollen.

Das passiert natürlich immer dann, wenn man neue Fraktionen kennenlernt. Und da sich dieser Effekt nach und nach abnutzt, werden immer mal wieder neue Fraktionen benötigt und das wiederum ist der Grund, warum ich heute diese Rezension schreibe. Schließlich handelt es sich bei „Smash Up! Munchkin“, wie oben bereits angemerkt, um das achte Set, das für „Smash Up!“ erschienen ist. Die Anzahl der wählbaren Fraktionen ist damit auf 37 Fraktionen angestiegen. Das wunderbar Geekige ist, dass sich daraus 666 mögliche Kombinationen ergeben. Eigentlich müsste man Herrn Peterson, den Autor dieses Spiels (unter anderem verantwortlich für das „Pathfinder Adventure Card Game“ und „Guillotine“) jetzt fragen, wie es passieren konnte, dass „Munchkin“ und nicht dem „Cthulhu“-Set diese Ehre zu Teil wurde. Und, wie es passieren konnte, dass der wunderbare englische Titel „The Obligatory Cthulhu Expansion“ zu „Der endgültige Cthulhu“ übersetzt wurde. Schade drum, aber nicht Teil dieser Rezension.

Das ist neu

Dieses Set bietet das Beste von „Munchkin“ im „Smash Up!“-Outfit. Die acht Fraktionen sind ein Mix aus den Klassen und Rassen: Elfen, Zwerge, Orks und Halblinge stehen auf der einen Seite, Krieger, Priester, Diebe und Zauberer auf der anderen. Diese können nach Herzenslust kombiniert werden, sodass man Priesterdiebe genauso gut spielen kann, wie Zwergelfen. Zusätzlich bietet das Spiel noch eine Erweiterung der originalen Spielmechanismen: Es werden die Kartentypen Monster und Schätze eingeführt. Eine absolute Notwendigkeit, denn wer könnte sich „Munchkin“ ohne Monster und ohne Schätze vorstellen?

Die Monster werden auf die Basen gelegt und sorgen dafür, dass mehr Aufwand für die Wertung einer Basis betrieben werden muss. Alternativ bringen sie zusätzliche Effekte ins Spiel. Zudem aber tun Monster das, was sie halt immer tun: Sie bewachen Schätze. Sollte es nun gelingen, die Basis trotz erhöhtem Monsteraufkommen zur Wertung zu bringen oder eines der Monster auf irgendeine andere Art seinem Schöpfer – welchem auch immer – vorzustellen, können sich alle Beteiligten auf die Verteilung der unglaublichen Reichtümer freuen. Diese kommen für die Dauer ihres Einsatzes auf die Hand der neuen Besitzer, landen am Ende des Tages aber wieder auf dem Ablagestapel für Schätze.

Das Spielmaterial

Die Box (deutsche Ausgabe) kommt mit den üblichen Siegpunktezählern, den Karten und ein paar übergroßen Trennkarten im Design der verschiedenen Fraktionen, lediglich die Basiskarten haben keinen Trenner spendiert bekommen. Dabei ist die Box größer als das übliche Standardformat und kommt mit einem zusätzlichen Einleger. Damit ist es gut möglich, die Karten derart einzulegen, dass man die Sets anhand der Trenner durchblättern kann. Das sieht am Ende nicht nur gut aus, sondern spart zu Beginn einer Partie auch das langwierige Sortieren der Karten, die sonst beim Transport unweigerlich durcheinanderfliegen würden.

Zum Design der Karten muss man nur einen Namen nennen, um eine Aussage über die Qualität zu machen: Kovalic. Einzigartig und von Anfang an untrennbar mit der Marke „Munchkin“ verschmolzen.

Fazit: „Smash Up!“ ist ein schönes Spiel mit Suchtfaktor, denn unweigerlich stellt sich ein Sammeltrieb ein, wenn man sich vom Prinzip begeistern lässt. Als Einsteiger-Set würde ich „Smash Up! Munchkin“ nicht unbedingt empfehlen. Durch diverse zusätzliche Modifikatoren bei der Stärke und den zusätzlichen Kartentypen der Monster wird es ein wenig unübersichtlich. In manchen Situationen wünscht man sich eine Spielhilfe, womit man die Stärke von Kreaturen und Basen leichter verfolgen kann (siehe u.a. Wil Wheaton in seinem Playthrough zu „Smash Up!“). Auf der anderen Seite bringt diese Erweiterung eben nicht nur acht neue Fraktionen und damit eine Menge neue Kombinationsmöglichkeiten, sondern eben auch neue Mechanismen, die das Spiel insgesamt bereichern. Die Fraktionen bieten bereits bei der ersten Durchsicht reizvolle Kombinationen, die stellenweise sehr schöne Combos aufweisen. Das Design und der Spielwitz von „Munchkin“, der sich mühelos in der ungewohnten Spielumgebung einfügt, tragen ihr Übriges bei. Gelungene und runde Sache und für „Smash Up!“-Erfahrene auf jeden Fall einen Blick wert.


Smash Up! Munchkin
Kartenspiel für 2 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Paul Peterson
Pegasus Spiele (2015)
EAN 4250231706523
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 19,95

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