Shadowrun: Schattenläufer (Sammelband)

Seit seinem durchschlagenden Erfolg mit den Fantasy-Werken „Die Zwerge“, „Der Krieg der Zwerge“ und „Die Rache der Zwerge“ wird Markus Heitz als Bestsellerautor und als einer der begnadetsten deutschen Fantasy-Autoren der Gegenwart gehandelt. Auch dem „Shadowrun“-Universum hat Heitz einige Geschichten gewidmet, die in der vom Heyne-Verlag publizierten Reihe erschienen. Zwei Sammelbände fassen diese Einzelerzählungen zusammen. Nach „Schattenjäger“ versammelt „Schattenläufer“ erstmals die „Shadowrun“-Romane „Sturmvogel“, „05:58“ und „Jede Wette“ in einem Band.

von Simon Ofenloch

 

 

Im Europa der nahen Zukunft liefern sich global operierende High-Tech-Konzerne heftige Konkurrenzkämpfe. Die Fehden werden auf höchsten Ebenen ausgetragen, aber auch in den Straßen der Mega-Städte. Beteiligt an den Kämpfen sind technisch hochgerüstete Krieger, gleichsam magische Wesen wie Orks und Trolle, Elfen und Zwerge. Denn die Magie ist auf die Erde zurückgekehrt.

So weit, so bekannt. Das „Shadowrun“-Universum versteht es bereits seit Jahren, durch seine Mischung aus Science-Fiction und Fantasy zu begeistern.

Der deutsche Fantasy-Autor Markus Heitz hat dem bekannten Umfeld seinen ganz eigenen Mikrokosmos eingeschrieben. Held seiner Geschichten ist zumeist der flegelhafte rasende Sensationsreporter Severin T. Gospini mit dem einfallsreichen Straßen- und Korrespondentennamen Poolitzer (sic!), um den sich eine Schar je nach Bedarf wiederkehrender Nebenpersonen gruppiert.

In „Sturmvogel“ geht es um Politik, genauer: um rechte Politik. Um Terrorismus, Atomwaffen und eine große Verschwörung, die zum Ziel hat, den Elfenstaat Pomorya zu vernichten. Untypisch für einen „Shadowrun“-Roman handelt diese Geschichte nicht von Kon-Kriegen, sondern bietet ein erfrischend neues Handlungsgerüst und eine ungewöhnlich brisante Thematik. Action steht im Vordergrund. Zudem bemüht sich der Autor um regelmäßige humorige Zwischenepisoden, die sich insbesondere am schnodderigen und chaotischen Verhalten von Poolitzer entzünden. Diese vermeintlich lustigen Passagen funktionieren mal mehr und mal weniger gut. Die Geschichte ist spannungsgeladen konstruiert. Mehrere Handlungsstränge laufen in einem Showdown zusammen, der leider einen Teil seiner Wirkung verspielt, weil er sich in zwei dramatische Enden aufteilt. Die bei „Shadowrun“ üblichen magischen Elemente werden sehr sparsam eingesetzt.

Auch „05:58“ ist ein eher ungewöhnlicher „Shadowrun“-Roman, ein Krimi mit ausgefallenen Perspektivenwechseln. Die Handlung spielt im Großraum Stuttgart. Ein brutaler Mörder treibt dort sein Unwesen. Bei seinen Taten imitiert er die Verbrechen von bekannten historischen Kriminellen. Erste Spuren führen zu einem Show-Hypnotiseur. Doch tatsächlich ist nichts so, wie es auf den ersten Blick erscheint. Die Handlung wird auf drei parallel verlaufenden Ebenen erzählt. Zum einen blickt der Leser durch die Augen des Killers, zum Zweiten nimmt er teil an den Ermittlungen der Polizei und zum Dritten verfolgt er die Nachforschungen der Presse. Mehrere Handlungsstränge laufen in einem fulminanten Ende zusammen, das einige Überraschungen bereithält. Die Geschichte ist spannend bis zuletzt und evoziert an einigen Stellen eine geradezu beklemmende Atmosphäre.

Mit „Jede Wette“ präsentiert Markus Heitz seinen vorerst letzten „Shadowrun“-Roman. Erneut eine Geschichte mit ungewöhnlichen Ingredienzen. Zu diesen zählt, dass der Schauplatz des Geschehens vor allem in Arabien liegt. Durch seinen Abschlußcharakter nimmt der Roman eine Sonderstellung ein. Und so verwundert es nicht, daß Heitz viele Charaktere aus seinen vorangegangenen „Shadowrun“-Büchern aufmarschieren läßt. Praktisch zum letzten Gruß. Für einige von ihnen sogar im konkreten Wortsinn. Denn Heitz befolgt den berühmten Ratschlag „Kill your darlings!“ nur allzu genau. Die Handlung beginnt mit einem erfolgreichen All-Area-Combat-Golfer, dessen Problem es ist, wegen verlorener Glücksspiele hoch verschuldet zu sein. Und zwar bei Leuten, bei denen man dies besser nicht ist. Mit einer gewagten Wette will sich der Spieler aus der Misere befreien: Er wettet, dass er eine Woche überlebt, in der die besten Killer auf ihn angesetzt sind. Aus dieser Ausgangssituation heraus entwickelt sich ein außergewöhnliches Szenario im Stil der von Stephen King unter dem Pseudonym Richard Bachman(n) veröffentlichten Erzählung „Menschenjagd“ beziehungsweise „The Running Man“ oder der deutschen Fernsehfilmvariante „Das Todesspiel“. Doch ein Handlungsstrang ist Heitz bekanntlich nicht genug. Zwei Stadtkrieger kämpfen gegen Leukämie und eine Magierin verfolgt eine Gestaltwandlerin. In Dubai laufen die Handlungsstränge zusammen.

Der lockere Schreibstil von Markus Heitz wirkt stellenweise etwas schlicht. Außerdem verarbeitet der Autor in seinen Geschichten Klischees en masse. Poolitzer funktioniert als Antiheld, kann mitunter in seiner naiv-dämlichen Ausgestaltung allerdings auch richtig nerven. Spannend und originell sind die Handlungen der in diesem Band versammelten „Shadowrun“-Romane aber allemal. Und das sind zwei große Pluspunkte.

Fazit: Für überzeugte Fans der Reihe ist der Band vermutlich uninteressant, weil die vorangegangenen Einzelbände sicherlich in keiner guten „Shadowrun“-Sammlung fehlen. Für Neueinsteiger oder Fans des Autors ist der Band allerdings gewiss reizvoll.


Schattenläufer (Shadowrun-Sammelband)
Rollenspiel-Roman
Markus Heitz
Heyne 2007
ISBN: 345352232X
1040 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,95

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