Shadowrun 61: Shelley

Seattle im Jahr 2061 – kurz vor Weihnachten. Der bärbeißige und großschnäuzige Ork-Detektiv Simmons sowie der stets kontrollierte Ex-Soldat Walker (ein vollendeter Gentleman) sollen gemeinsam einen Mordfall aufklären. Doch schnell müssen die beiden feststellen, dass deutlich mehr hinter der Gewalttat steckt...

von Chris Sesterhenn

 

 

Trockene Fakten – die äußeren Werte:

Das Taschenbuch umfasst 316 Seiten und beinhaltet ein Glossar für die wichtigsten Begriffe. Dabei geben jeweils beide Hauptakteure des Romans eine Erklärung aus ihrer Sicht dazu ab. Die Umschreibungen könnten nicht unterschiedlicher sein, passen aber sehr gut in das Gesamtkonzept des Buches. Das Titelbild zeigt eine futuristische Szene, welche keinen erkennbaren Bezug zum Inhalt hat.

Um was geht es überhaupt? – zum Inhalt:


André Wiesler bietet mit „Shelley“ einen weiteren Roman in der Welt von „Shadowrun“. Die beiden Helden der Geschichte werden kurz vor Weihnachten damit beauftragt, einen brutalen Mord in Seattle aufzuklären und dem hinterbliebenen Lebensgefährten des Opfers den oder die Mörder auszuliefern. Das Ermittler-Duo setzt sich aus dem ortsansässigen Ork-Detektiv Simmons und dem Durch-und-durch-Gentleman Walker zusammen. Simmons, ein eher bärbeißiger und bodenständiger Ork mit einer Vorliebe für kaltes Bier und Frauen, versucht, mit seiner Detektei den Sprung aus den niederen Schichten der Gesellschaft zu schaffen. Dazu kommt ihm der Ermittlungsauftrag gerade recht. Walker hingegen ist ein wohlhabender Ex-Elitesoldat, welcher sehr auf sein Äußeres achtet, immer die Kontrolle behalten will und sich um Geld keine Sorgen machen muss. Er übernimmt den Job, um einem Bekannten einen Gefallen zu tun.

Zusammen beginnen Walker und Simmons die Ermittlungen. Trotz ihrer Gegensätze können sie den anderen jeweils schnell von ihren eigenen Fähigkeiten überzeugen und somit ihre Vorzüge kombinieren. Auch wenn einige Male ihre verschiedenen Ansichten und Gewohnheiten zu Problemen und Reibungen führen, können sie mindestens so oft von ihnen profitieren. Bei ihren Nachforschungen lüften die beiden Ermittler ein Geheimnis, welches das Opfer umgab. Schon bei den nächsten Schritten müssen sie feststellen, dass auch noch eine weitere Gruppe großes Interesse daran hat, den oder die Killer in die Finger zu bekommen. Doch diese Gruppe lehnt jede Zusammenarbeit ab und ist sogar bereit, Walker und Simmons dafür aus dem Weg zu räumen. Das Lüften des Geheimnisses führt die beiden Ermittler tiefer in die Schatten und Abgründe Seattles.

Zuckerbrot und Peitsche – Pro und Contra:

André Wiesler greift einen bewährten Kniff auf: Die beiden Protagonisten könnten ihrem Wesen nach nicht unterschiedlicher sein, ergänzen sich aber sehr gut und bilden ein erfolgreiches Duo. Etwas untypisch für einen „Shadowrun“-Roman ist aber, dass es sich bei den Hauptakteuren nicht um Shadowrunner handelt. Dennoch werden immer wieder die gängigen Handlungsmuster einer Runnergruppe aufgegriffen (etwa der Kontakt zu Connections, der Besuch beim Schieber), sodass diese Abweichung sehr schnell verschwimmt.

Walker ist der elegante Gentleman und kühle Planer, welcher von seiner militärischen Vergangenheit geprägt ist. Er braucht die Kontrolle in jeder Situation, weiß sich zu benehmen und macht sich sehr große Sorgen um eine mögliche Cyberpsychose. Auch wenn die Einblicke in die Auswirkung von zu viel Cyberware im Körper sehr interessant sind, so wurden mir gerade Walkers häufige Gedanken an eine beginnende Psychose mit der Zeit etwas lästig.

Der Ork-Detektiv Simmons übernimmt in „Shelley“ hingegen den bodenständigen Part. Simmons verlässt sich gerne auf sein Bauchgefühl, bringt seine Meinung klar und direkt zur Sprache, kennt sich auf den Straßen Seattles aus und hat reichlich Erfahrung in seinem Beruf gesammelt. Er ist nicht auf den Kopf gefallen und nutzt das Blöde-Ork-Klischee gerne einmal zu seinem Vorteil.

Das Spiel mit den Gegensätzen des Ermittlerduos gelingt André Wiesler sehr überzeugend und insbesondere die Erzählungen aus den beiden sehr unterschiedlichen Sichtweisen sorgen für amüsante Kurzweil. In Kombination mit der Geschichte rund um das Thema Rassismus und dem sehr angenehmen Schreibstil lässt sich „Shelley“ flüssig und auch schlüssig lesen. Und dass bei aller Spannung kein weiteres Mal die Welt vor dem sicheren Untergang gerettet werden muss, ist aus meiner Sicht ein weiterer Pluspunkt.

Für wen lohnt es sich? – meine Einschätzung:

„Shelley“ von André Wiesler ist ein gelungener Shadowrun-Roman, welcher durch seine Kombination aus Spannung, Action und auch Spaß zu glänzen versteht. Obwohl es sich nicht um eine Gruppe Shadowrunner dreht, kommen Action und die typischen Shadowrun-Elemente nicht zu kurz. Somit dürfte „Shelley“ viele Shadowrun-Fans begeistern können.

Fazit: Mit „Shelley“ präsentiert Heyne einen weiteren „Shadowrun“-Roman von André Wiesler. Die Geschichte um die beiden sehr unterschiedlichen Ermittler ist spannend, flüssig und amüsant erzählt. Insgesamt konnte mich André Wiesler erneut überzeugen und daher nimmt „Shelley“ einen Platz im oberen Bereich meiner „Shadowrun“-Roman-Hitliste ein. Fans des Rollenspiels kann ich einen Blick auf den Roman nur empfehlen.


Shelley (Shadowrun-Roman Nr. 61)
Rollenspiel-Roman
André Wiesler
Heyne 2007
ISBN: 978-3-453-52304-3
316 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 7,95

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