Schattenkatalog 2 (limitiert)

Es ist eine alte Runnerweisheit: Viel hilft viel. Wer auf den dunklen Straßen der Zukunft des Jahres 2074 überleben will, sollte wissen, wie man seine Ausrüstung optimieren kann. Es schadet auch nie, die Stärken und Schwächen gegnerischer Ausrüstung zu kennen. Und überhaupt kann man nie genug schwere Waffen und coole Fahrzeuge besitzen. Wer genau so denkt, für den ist der „Schattenkatalog 2“, ein Kompendium mit noch mehr Tötungswerkzeugen und Vehikeln unterschiedlichster Art, genau das Richtige.

von Frank Stein

Der „Schattenkatalog 2“ kommt in vielerlei Hinsicht genau so daher, wie sein Bruder, der erste „Schattenkatalog“. Der Einband besteht aus grauschwarzem Kunstleder samt irisierender Schrift und Waffenlogo und weist Metallecken auf. Das hat schon was! Innen erwarten einen 216 Seiten in Vollfarbe und auf sehr stabilem Papier gedruckt. Das Layout ist sehr klar aufgemacht, die Illustrationen sehen fast durch die Bank gelungen aus (gut, an die gegenwärtige visuelle Referenz eines „Star Wars: Edge of the Empire – Beginner Game“ kommen sie nicht ran, aber es gibt vieles da draußen, was hässlicher aussieht). Die Aufmachung der meisten Seiten ähnelt sich: Die oberen 40 Prozent werden von einer großen Abbildung einer Kanone oder eines Fahrzeugs eingenommen, in den unteren 60 Prozent erfolgt eine Beschreibung, gepaart mit Spielwerten und gewürzt durch Kommentare der Schatten-Community.

Wie auch der erste „Schattenkatalog“ versammelt die zweite Ausgabe in limitierter Druckauflage von 700 Exemplaren mehrere Dokumente, die zuvor nur rein digital als PDF zu haben waren. Enthalten sind die drei PDFs „Feuerkraft 2“, „MilSpec Tech 2“ und „Vertraute Fahrzeuge“ sowie das bislang noch nicht übersetzte PDF „EuroWar Antiques“ (hier: „Eurokrieg-Antiquitäten“). Exklusiv für die Printversion wurde die Sektion „Vertraute Fahrzeuge“ um zwei Abschnitte erweitert. Zum einen wäre da „Nightfire präsentiert“, ein kleines Dokument mit sechs Zusatzeinträgen (fünf Fahrzeuge, ein Gewehr), das schon in den USA in der Printversion des „Runner’s Black Book 2074“ zu finden war, und zum anderen eine neue, exklusiv deutsche Zutat, eine Ausgabe des „Ra*zaang“ (Inhaltsverzeichnis) oder „Ra*zanng“ (Covertitel), eines deutschen Riggermagazins, das nochmal zwölf Nutzfahrzeuge – vom Einsatzrettungswagen, über den THW-Truck, bis zur Planierraupe – vorstellt.

Inhaltlich ist der „Schattenkatalog 2“ exakt das, was sein Name suggeriert: ein Katalog. Quellentexte über das verkaufsfördernde PR-Speak der Konzerne zu den einzelnen Waffensystemen und Fahrzeugen hinaus gibt es nicht. In „Feuerkraft 2“ stehen Schusswaffen unterschiedlichster Art im Fokus. Regeltechnisch gibt es hier wenig Neues. Nett fand ich die Idee einer Pistole, die zugleich eine Art Hackmesser ist. Und natürlich muss man auch sagen, dass die martialischen Illustrationen durchaus Lust machen, die eigene Messerklaue mit diesen Waffen auszustatten. „MilSpec Tech 2“ leidet unter dem gleichen Problem wie sein Vorgänger. Hier werden zwar brachiale Waffensysteme vorgestellt (Kampfpanzer, Amphibienfahrzeuge, Raketenlafetten und sogar ein Atom-U-Boot), aber welcher Runner wird damit jemals in Berührung kommen?

Die gleiche Frage kann man sich auch bei dem sehr umfangreichen „Eurokrieg-Antiquitäten“ stellen. Hier werden Waffen verschiedener Fraktionen vorgestellt, häufig Panzer, Hubschrauber und auch mal Gewehre. Es bedarf aber schon einer extrem rauen Umgebung, wenn nicht gar eines echten Kriegsgebiets, um vor allem mit den Fahrzeugen etwas anfangen zu können. Hier unterstützt der „Schattenkatalog 2“ spürbar die Linie, die Catalyst Game Labs in den letzten Jahren gefahren ist und die „Shadowrun“ aus den amerikanischen Städten hinaus in die weite Welt geholt und in Gegenden geführt hat, wo offen Krieg geführt wird (siehe die Quellenbücher „Krisenzonen“ und vor allem „Fronteinsatz“). Spielgruppen, die sich auf dieses neue Level einlassen, werden an den zwei Kapiteln „MilSpec Tech 2“ und „Eurokrieg-Antiquitäten“ ihre helle Freude haben. Gewöhnliche Stadtrunner können damit weniger anfangen.

Wieder ein Dokument für alle ist „Vertraute Fahrzeuge“ mit seinen exklusiven Ergänzungen. Hier gilt etwas Ähnliches wie im Fall von „Feuerkraft 2“: Es gibt mehr von allem, was regeltechnisch wenig Auswirkungen haben mag, aber vor allem für Spieler, die nicht nur auf Spielwerte schauen, sondern auch ein bisschen auf Stil (und Herkunft) achten, interessant sein dürfte. Wobei „Stil“ vielleicht der falsche Ausdruck ist, denn abgesehen vom „Rollce Royce Phaeton“ finden sich fast nur Mittelklassewagen auf diesen Seiten (manche davon so rund und bonbonfarben, dass sie höchstens unter flippigen Elfen Freunde finden dürften). Mir persönlich gefällt der „Eurocar President“ am Besten, eine Luxuslimousine, die ein wenig an das Batmobil erinnert. Sehr cool und nützlich endet der „Schattenkatalog 2“ in meinen Augen mit den zwölf neuen Nutzfahrzeugen. CargoLifter, Polizeidrohne und THW-Einsatztruck sind Fahrzeuge, die man im Spiel immer gebrauchen kann, entweder, um einer Szene als Spielleiter Farbe zu verleihen oder um ungewöhnliche Pläne der Runner zu unterstützen.

Fazit: Ich bin etwas unschlüssig, wie ich den „Schattenkatalog 2“ abschließend bewerten soll. Fakt ist, dass viele Waffen und Fahrzeuge darin zu finden sind, die zweifellos cool aussehen, allerdings nur geringe Spielwertunterschiede aufweisen. Wer also primär auf Spielwerte schaut, findet hier wenig, was er zwingend braucht. Zudem erschwert der Fokus auf militärische Hardware den Gebrauch im Alltag gewöhnlicher Runner. In meinen Augen richtet sich der Katalog also eindeutig an Veteranen im doppelten Wortsinne, also an Spieler, die so tief im „Shadowrun“-Universum drin stecken, dass sie wirklich darauf achten, wie ihre Ausrüstung aussieht (nicht nur, was sie kann), und an Runner, die auch die richtig harten Jobs in Kriegsgebieten annehmen, in denen man eben auch mal in einen Panzer oder einen Kampfjet steigen muss, um seine Arbeit zu machen.


Schattenkatalog 2 (limitiert)
Quellenbuch
Peter M. Andrew Jr., Jason Hardy, Andreas „AAS“ Schroth u.a.
Pegasus Press 2013
ISBN: 978-3-941976-62-7
216 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 39,95

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