RuneQuest RPG

„RuneQuest“ ist neben „Dungeons & Dragons“ und „Midgard“ eines der ältesten Rollenspielsysteme der Welt. Das Spiel wurde Ende der 1970er entwickelt und hatte Mitte der 1980er seine Blütezeit, ehe es Anfang der 1990er still um den Klassiker wurde. Doch das bekannte D100 „Basic Role Playing“ System starb nie ganz aus und wurde zum Beispiel erfolgreich für „Cthulhu“ oder das „Elric!/Stormbringer“-Rollenspiel eingesetzt. Jetzt ist es wieder da!

von Dominik Cenia

 

„RuneQuest“ beziehungsweise die Spielwelt Glorantha erlebte in den letzten Zehn Jahren mehrere Wiederbelebungsversuche. So wurde das System etwa in die völlig abstrakten Regeln von „Hero Wars“ (später „Hero Quest“) umgewandelt. Doch auch die alte deutsche Ausgabe wurde mit der stoischen Ruhe eines Samuraikriegers bei Games-In angeboten.

Jetzt hat unser Lieblings-Lizenzverwerter und nimmersatter Produktionsmarathonläufer Mongoose Publishing sich „RuneQuest“ angenommen. Und nicht nur das: Denn ab sofort fällt „RuneQuest“ unter das Prinzip der „Open Game Licence“. Damit ist es einjedem gestattet, für das Spiel eigene Erweiterungen oder Zubehör zu veröffentlichen.

Kein Wunder also, dass neben Greg Staffords „Glorantha“ auch schon andere Settings für das „RuneQuest“-Rollenspiel angekündigt wurden. Nicht zu vergessen eine ganze Reihe von weiteren Quellenbüchern über Monster, Ausrüstung, Magie und erweiterte Heldenoptionen.

Das „RuneQuest“-Grundregelwerk hat 124 Seiten und ist im farbigen Hardcover erhältlich. Die Seiten sind in schwarzweiß und weisen das für Mongoose übliche Layout und die damit leider recht spärlich gesähten Illustrationen auf.

Neben einem allgemeinen Teil, einer Erklärung, was „RuneQuest“ als Rollenspiel so besonderst macht, enthält das Buch alle Spielregeln zur Charaktererschaffung, Fertigkeiten, Ausrüstung, Kampf und Magie. Zum Schluss gibt es noch ein kleines Bestarium, dass ca. 20 verschiedene Monster und Gegner auflistet.

Man war im Vorfeld gespannt, welche Änderungen wohl Mongoose an ein derartig traditionelles Spielsystem herantragen würde. Und interessanterweise wurde überraschend wenig geändert. Zumindest, wenn man sich bereits mit den Regeln von „Elric!“ respektive der 5th Edition von „Stormbringer“ auskennt. Attacke und Parade wurden zu einer einzigen Waffenfähigkeit zusammengefasst, es gibt keine Prozent-Boni mehr auf die Fertigkeiten anhand der Attribute des Charakters, und auch das alte Magiesystem wurde komplett überarbeitet.

Mongoose hat es sich auch nicht nehmen lassen, einige Tabllen entwas genauer zu differenzieren. So wurde zum Beispiel die Tabelle für den Schadensbonus deutlich stärker aufgefächert. Und auch beim Auswürfeln der Attribute nimmt man diesmal 4W6 und streicht den geringsten Wurf weg, anstatt wie früher mal mit 3W6 oder mal mit 2W6+6 die Attribute auszuwürfeln.

Fertigkeiten unterscheiden sich im neuen „RuneQuest“ nur noch zwischen Basic und Advanced Skills. Auch muss nicht mehr jedes Waffentalent einzeln erlernt werden. Man unterscheidet eher grob nach der Art der Waffe, wie einhändige Schwerter oder Äxte, Schilde oder Keulen.

Das für „RuneQuest“ charakteristische Prinzip der Lebenspunkte für einzelne Trefferzonen wurde beibehalten. Ein Charakter bei „RuneQuest“ hat keinen einheitlichen Wert an Lebenspunkten. Dafür haben aber Arme, Beine, Kopf, Oberkörper und Unterleib eigene Lebenspunktwerte. Sinkten die Lebenspunkte in der entsprechenden Körperzone auf Null oder darunter, ist das Körperteil unbrauchbar oder abgetrennt. Beim Kopf, der Brust oder dem Unterleib ist damit logischerweise häufig das Ableben des Charakters die Folge.

Beim Kampfsystem hat man sich sowohl an den detaillierten Regeln der alten „RuneQuest“-Edition bedient, als auch an der schnelleren Variante aus „Stormbringer“ oder „Cthulhu“. Zum Glück ist jedoch das System mit den Zeiteinheiten beziehungsweise Zeitpunkten, die jeder Charakter pro Kampfrunde zur Verfügung hat, Geschichte. Kämpfe werden ganz normal in Runden abgehalten und je nach Geschicklichkeit des Charakters, kann dieser in einer Runde mehrere Aktionen machen. Die Anzahl der Aktionen gibt auch an, wie oft ein Charakter im Kampf reagieren darf, zum Beispiel um auszuweichen oder zu parieren.

Wie bei „RuneQuest“ üblich, bedeutet ein parierter Angriff jedoch nicht automatisch, dass man keinen Schaden erleidet. Abgeblockte Schläge können trotzdem noch bis zur Rüstung (oder dahinter) durchkommen, wenn sie mit genügend Wucht geführt wurden.

Mongoose hat versucht, das Kampfsystem in Form von zwei übersichtlichen Tabellen schematisch darzustellen. Leider ist ihnen das nicht vollends geglückt. Mitunter steht man vor der „Attack and Parry Matrix“ und versteht einfach nicht, wie Aktion und Reaktion zu dem beschriebenen Ergebnis führen sollen. Eine erfolglose Attacke gefolgt von einer erfolglosen Parade führt beispielsweise zu einem Treffer - der Verteidiger ist wohl ungeschickt in die Klinge des Angreifers gefallen...

Kleinere Fehler haben sich auch in das Kapitel über die Ausrüstung eingeschlichen, obschon es sich hierbei nur um falsche Überschriften handelt. Trotzdem ist es einfach schade, dass ein doch relativ einfaches Grundregelwerk unter solch einer Unachtsamkeit leiden muss.

Das Kapitel über die Magie wurde von Mongoose komplett neu aufgerollt. Einige Zaubersprüche kommen einem zwar bekannt vor, aber die Autoren haben mehr Wert auf das Prinzip der Runen gelegt. In „RuneQuest“ gibt es keine typischen Zauberer. Jeder Charakter kann je nach Begabung etwas Magie anwenden oder die Kraft von Runen für sich nutzen. Erfahrene Runelords können auf diese Weise weit über das hinauskommen, was für einen normalen Sterblichen möglich wäre.

Abgeschlossen wird das Buch mit einem weiteren allgemeinen Teil, der etwas genauer auf die Art von „RuneQuest“-Abenteuern eingeht und Tipps für die Erfahrung und Steigerung von Charakteren gibt. Denn in „RuneQuest“ gibt es keine Stufen oder Erfahrungspunkte. Die Charaktere können nur jene Fähigkeiten verbessern, die sie auch regelmäßig anwenden oder trainieren.

Das „RuneQuest“-Regelbuch enthält keinerlei Setting. Stellenweise gibt es zwar ein paar Andeutungen auf die Welt Glorantha, aber es ist den Spielern bisher selbst überlassen, wofür sie das Regelwerk verwenden. Etwas eingeschränkt ist man dabei durch die Tatsache, dass man bisher nur Menschen spielen kann. Elfen, Zwerge oder die für Glorantha einzigartigen Enten werden nur am Rande erwähnt.

Fazit: Es ist schön, mal wieder ein zeitgemäßes und aktuelles „RuneQuest“-Regelbuch in den Händen zu halten, vor allem, wenn man das bewährte Regelsystem kennt. Die Liebe steckt bei „RuneQuest“ nunmal im Detail und Mongoose ist es gut gelungen, diese Details behutsam zu verfeinern. Leider irritiert das Kampfsystem stellenweise ein wenig und auch die Fehler bei den Überschriften und Tabellen sind für den Liebhaber ein Ärgernis.

Man darf gespannt sein, inwieweit das neue Prinzip „RuneQuest“ zugute kommt. Ich würde mich wirklich über ein paar neue Welten für dieses spannende und bewährte Rollenspielsystem freuen, sei es Glorantha oder eine andere Welt.


RuneQuest
Matthew Sprange u. a.
Grundregelwerk
Mongoose Publishing 2006
ISBN: 1-905471-10-6
124 Seiten, Hardcover, englisch
Preis: $ 24,95

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