von Ansgar Imme
Die Universalspielhilfe von Robin D. Laws hat mittlerweile einige Jahre „auf dem Buckel“. Erstmals im Jahre 2002 erschienen, wurde sie viel gelesen und speziell mit der immer stärkeren Verbreitung des Internets in Foren oft diskutiert und hinterfragt. Bis heute werden vor allem seine Spielerkategorisierungen sehr häufig verwendet, auch wenn die eine oder andere Anpassung vorgenommen wurde. Robin D. Laws ist in Sachen Rollenspiel ein „Weltenbummler“ und schrieb für die meisten bekannten und großen Rollenspielverlage: Er ist Entwickler und Autor für und von „Hero Wars“, „Rune“, „Dying Earth“, (des unglaublichen) „Feng Shui“, schrieb Artikel für das „Dragon“-Magazin und den „Star Wars Gamer“, Abenteuer und Quellenbände für „GURPS“ und „Deadlands“, arbeitete an dem Sammelkartenspiel „Shadowfist“ mit und vieles mehr. Als er in der Hochphase seiner Bekanntheit auf der Rollenspiel-Convention „Hannover spielt!“ (damals noch in der Uni-Mensa) Plätze für seine Rollenspielrunde versteigerte, wurden Höchstsummen geboten.
Der Inhalt – 44 Seiten pure Theorie?
Pegasus veröffentlicht die damals als dünnes Paperback erschienene Spielhilfe in einem etwas größer als A5-Format kleinen Hardcover-Büchlein von 44 Seiten. Da es sich im engeren Sinne um ein Sachbuch handelt, sind keine Illustrationen, sondern nur wenige Tabellen oder Übersichten enthalten. Das Layout ist spärlich, aber einfach und durchgängig, die Texte nur selten unterbrochen durch Erläuterungen, die grau hinterlegt sind.
Nach einer kurzen Einleitung über den eigentlichen Zweck des Spielleitens, was Laws als die Unterhaltung der Spieler in bestmöglichem Sinne charakterisiert, folgt der erste große Part, der sich den Spielern, also dem eigenen Publikum widmet. Er definiert die aus seiner Sicht sieben essentiellen Spielertypen: Power-Gamer, Kampfsau, Taktiker, Spezialist, Schauspieler, Geschichtenerzähler und Gelegenheitsspieler (die z.B. in den beiden deutschen Publikationen neueren Datums zum Spielleiten von Dominic Wäsch in „Spielleiten“ und Florian Don Schauen in „Werkzeuge des Meisters“ auch wieder aufgegriffen wurden). Diese haben jeweils Ziele an jedem Rollenspielabend und benötigen einen bestimmten emotionalen Kick, um den Abend als zufriedenstellend zu betrachten, sodass der Spielleiter darauf achten sollte, jedem diesen emotionalen Moment zu verschaffen.
Im anschließenden Kapital erläutert Laws, dass entsprechend der Spielertypen auch das passende Spielsystem ausgewählt werden sollte, da bestimmte Spielsysteme für bestimmte Arten von Spielertypen geschaffen wurden oder diesen die beste Momente bieten. Dabei gilt es vor allem Stimmung und Tonfall des Systems, eine gewisse Eingängigkeit und Spielbalance zu berücksichtigen. Vor allem die Verschiebung der Spielbalance und damit einer gewissen Macht in Richtung Spielleiter oder Spielleiter konkretisiert der Autor hier genauer.
Für das Kampagnendesign sind Genre und Hintergrund wichtig, die Laws im folgenden Kapitel genauer unter die Lupe nimmt und erklärt, warum es durchaus sehr sinnvoll ist, bestehende Hintergründe und Welten zu nutzen. An dieser Stelle macht er ebenfalls klar, dass die Kampagne schnell und mit wenigen Worten zu benennen sein und die Mission der Spieler und Charaktere bei aller Komplexität auch in einen bis wenige Sätze gefasst werden sollte. Das Kapitel des Abenteuerentwurfs führt dies weiter fort, in dem auch der Plotaufhänger im Endeffekt nur in einem Satz erklärbar sein sollte. In einem größeren Part erklärt er anschließend, wie kompliziert Strukturen eines Abenteuers sein können und wieviel Flexibilität möglich ist und diese am besten darzustellen ist – dabei nimmt er an dieser Stelle auch wieder Bezug auf die erklärten Spielertypen.
Wie man Spontanität vorbereitet, sodass diese wie geplant aussieht, zeigt das nächste Kapitel, das kurz und prägnant über Nichtspielercharaktere referiert. Diesem eher kurzen Kapitel folgt ein Teil über den Spielabend und die Spielrunde an sich und welche Probleme und Verschleppungen dort auftauchen können sowie viele kleine interessante Anregungen und Ideen, wie man diese löst. Abgeschlossen wird das Büchlein mit Vorschlägen zum Improvisieren und schnellen Entscheidungen treffen sowie einem Schlusswort.
Bewertung – veraltete Theorie oder noch gelebte Praxis?
Auch wenn manche Theorien und Anmerkungen gerne in Foren als veraltet kritisiert werden oder zum Beispiel die Spielertypen noch genauer charakterisiert oder durch andere Modelle erläutert werden, stellt Robin D. Laws „Gutes Spielleiten“ doch immer noch eine sehr gute aktuelle Basis dar, um sein eigenes Spielleiten zu verbessern. Auch jeder Spitzensportler muss immer noch trainieren und sich verbessern, wieso sollten es nicht auch die Spielleiter tun und die vielen kleinen und großen Hinweise, die, wenn man darüber kurz nachdenkt, oft schon schnell weiterhelfen, nutzen und ein- und umsetzen. Dabei bleibt es jedem Leser und Spielleiter überlassen, welche der vielen Vorschläge des Autors er aufgreift, denn sowohl zu den Spielern, Wahl des Spielsystems bis zum Improvisieren und Spontan sein hat Laws Hinweise und Anregungen parat. An manchen Stellen merkt man zwar, dass er aus dem amerikanischen Raum stammt und darüber und den Spielstil philosophiert (wobei er auch kurz auf Unterschiede amerikanischer und europäischer Rollenspieler eingeht), aber diese Tipps sind eher rar. Bedingt durch das Thema ist die Spielleiterhilfe an manchen Stellen allerdings etwas trocken, sodass ein komplettes Durchlesen in einem Stück kleine Qualen bedeutet. Einfacher ist sicherlich der „Genuss“ in kleinen Dosen oder gleich das Rauspicken wichtiger Stellen mit Hilfe des Inhaltsverzeichnisses.
Zwei neuere Werke zum Thema Spielleiten sind auch von deutschen Autoren und auf Deutsch erschienen: Das universelle „Spielleiten“ von Dominic Wäsch und das eher „Das Schwarze Auge“-zentrierte „Werkzeuge des Meisters“ unter der Redaktion von Florian Don Schauen. Beide sind wesentlich ausführlicher gestaltet und bieten sicherlich gerade Anfängern noch einen höheren Mehrwert durch genauere Erklärungen und Beispiele als Laws mit 44 Seiten. Erfahrene Spielleiter werden in beiden Werken dafür nur teilweise Neues finden und sind daher mit kurzen knackigen Anregungen besser bei Robin D. Laws bedient, auch wenn sie hier das eine oder andere schon kennen.
Ein Wort noch zur Übersetzung: Der Übersetzer hat es immer schwer. Fast immer wird ihm vorgeworfen, nicht adäquat übersetzt zu haben, nur selten hört man ein gutes Wort. Arne Babenhauserheide schreibt in seinem Blog, dass er die Übersetzung als Hobby viele Jahre immer wieder verbessert und um einzelne Wörter und Sätze gefeilscht hat. Fast durchgängig weiß diese auch zu gefallen, nur an wenigen Stellen wirken Sätze etwas holprig oder in deutscher Sprache zu konstruiert. Hier wäre es aber eine Sache des Lektorats gewesen, diese letzten kleinen Holperer noch auszubessern. Die größte Verbesserung wäre aber gewesen, in der deutschen Übersetzung mehr deutsche Rollenspiele oder in Deutschland populäre Rollenspiele zu zitieren – nicht immer im Fließtext, sondern vielleicht als Fußnote.
Fazit: Die Tipps von Robin D. Laws sind auch heute noch aktuell und helfen auch einem erfahrenen Spielleiter immer mal wieder weiter oder lenken den Fokus mal wieder auf das Wesentliche – das Spielleiten. Nur der Preis für das dünne Büchlein trübt die ansonsten volle Empfehlung etwas!
Robin D. Laws Gutes Spielleiten
Sachbuch
Robin D. Laws
Pegasus Spiele 2010
ISBN: 978-3941976221
44 Seiten, Hardcover, deutsch
Preis: EUR 14,95
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