Mutant Meeples

Einige Meeples, die klecksförmigen Bewohner der Stadt Meepleville, haben durch einen Unfall Superkräfte bekommen. Sie sind nun Mutant Meeples. Klar, dass dieses Potenzial nicht verschenkt werden darf, sondern zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden muss. Es ist also an der Zeit, ein Superheldenteam zusammenzustellen.

von Bastian Ludwig

 

 

Das „Mutant Meeples“-Spielbrett stellt eine Stadt in der Vogelperspektive dar und ist eingeteilt in 18 Spalten und 18 Zeilen, die jeweils mit den Buchstaben A bis R gekennzeichnet sind. Acht Mutant Meeples befinden sich diagonal auf dem Brett verteilt in ihrer Startaufstellung. Zu Beginn jeder Runde werden zwei verdeckte Buchstaben gezogen, Koordinaten, die auf dem Spielbrett ein Feld markieren, den Tatort eines Verbrechens. Die Spieler müssen nun versuchen, einen der acht Meeples genau auf dieses Feld zu ziehen.

Jeder Mutant Meeple kann sich dabei in gerader Linie horizontal oder vertikal so weit bewegen, bis er von einem Hindernis, zum Beispiel einer Mauer oder einem anderen Meeple, gestoppt wird. Das kostet einen Bewegungspunkt. Dann kann er seinen Zug in eine andere Richtung fortsetzen. Läuft ein Mutant Meeple also beispielsweise im Kreis – oder besser gesagt, im Viereck – braucht er dafür vier Bewegungspunkte. Zusätzlich hat jeder der angehenden Superhelden noch eine spezifische Superbewegung, die er einmal pro Runde einsetzen kann. Einige dieser Bewegungen kosten einen Bewegungspunkt, etwa wenn sich der weiße Mutant Meeple „Skewt“ ein Feld diagonal bewegt, andere sind nur Teil einer Standardbewegung, zum Beispiel „Shortstops“ Kraft, schon ein Feld vor einem Hindernis haltzumachen.

Alle Spieler überlegen gleichzeitig, wie sie eine der Spielfiguren zum Tatort ziehen können, wobei sie mindestens einen, maximal aber drei der Superhelden bewegen und nur eine bestimmte Höchstmenge an Bewegungspunkten verbrauchen dürfen. Der Spieler mit dem kürzesten Weg darf den Mutant Meeple, den er zum Tatort gebracht hat, in sein Superheldenteam aufnehmen, ihn im weiteren Spielverlauf aber nicht mehr benutzen. Macht ein Spieler bei seiner Lösung einen Fehler, muss er einen Mutant Meeple aus seinem Superheldenteam abgeben und der Spieler, der den zweitkürzesten Weg gefunden hat, darf seine Lösung präsentieren. Ziel des Spiels ist es, ein Team aus sechs Meeples zusammenzustellen.

„Mutant Meeples“ basiert so deutlich auf dem Spiel „Ricochet Robots“ – in Deutschland auch als „Rasende Roboter“ bekannt –, dass das Vorbild sogar auf der Verpackung genannt wird. Es macht also Sinn, sich die ganze Sache sowohl aus dem Blickwinkel von Neuspielern als auch von „Rasende Roboter“-Veteranen anzugucken.

„Mutant Meeples“ ist eines dieser Spiele, die mit wenigen Regeln und einem reduzierten Spielbrett ein komplexes Spielerlebnis aufbauen. Waagerecht laufen, senkrecht laufen, Superbewegungen, zum Tatort kommen: Mehr braucht man nicht verstanden zu haben, um loszulegen. Doch dann wird es knifflig. Die Laufwege der Meeples müssen geplant werden, wobei man die Spezialfähigkeiten von bis zu acht Spielfiguren in Betracht ziehen muss. Außerdem muss man die Bewegungspunkte zählen. Das Ganze unter Zeit- bzw. Konkurrenzdruck. Und dann auch noch komplett im Kopf. Das ist anspruchsvoll und sorgt dafür, dass das Spiel zu keiner Zeit langweilig wird, denn man hat immer etwas zu tun. Außerdem disqualifiziert es „Mutant Meeples“ als Familienspiel, denn ein, sagen wir mal, Zehnjähriger wird gegen einen Erwachsenen vermutlich keinen Stich machen. Auch für den gemütlichen Spieleabend, bei dem das Spielen nur das Hintergrundrauschen für Plaudereien mit den Freunden bei gutem Essen bieten soll, fordert „Mutant Meeples“ viel zu viel Konzentration. Man darf sich von der kindgerechten Aufmachung, die auf „Mutant Meeples“-Entwickler Ted Alspachs Online-Comic „Board2Pieces“ basiert, nicht täuschen lassen: „Mutant Meeples“ richtet sich an Hardcorespieler.

Das Spiel lässt sich mit Fug und Recht als „Rasende Roboter“-Variante bezeichnen. Die Grundregeln sind identisch, neben einigen Regeländerungen verändern vor allem die Spezialfähigkeiten der Meeples das Spielgefühl. Beim Original gibt es nur eine Art der Bewegung, nämlich geradeaus, bis man gestoppt wird. Dadurch ist „Rasende Roboter“ deutlich übersichtlicher als „Mutant Meeples“, denn man muss schlicht weniger Dinge beachten. Die neuen Regeln haben außerdem zur Folge, dass Überflieger in die Schranken gewiesen werden, da ein Spieler mit jedem Meeple, den er zu einem Tatort bringt, eine Spielfigur und damit auch deren Spezialfähigkeit verliert. So wird das Spiel dann ein bisschen schwieriger und die Mitspieler bekommen die Gelegenheit, aufzuholen.

Die neuen Regeln machen „Mutant Meeples“ also auf der einen Seite komplizierter, auf der anderen Seite aber auch ausbalancierter als seinen großen Bruder. Ob das nötig ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich persönlich halte „Rasende Roboter“ aufgrund seiner Schlichtheit für das schönere, weil elegantere Spiel. Aber mir war es ja auch schon zu viel Schnickschnack, als es in späteren Ausgaben eigentlich sehr moderat durch eine zusätzliche schwarze Spielfigur und Hindernisse mit besonderen Fähigkeiten ergänzt wurde.

Fazit: „Mutant Meeples“ ist ein Brettspiel mit unverbrauchter Mechanik, das trotz seiner kindgerechten Optik sicherlich nicht für die ganze Familie geeignet ist, sondern sich mit seinem hohen Anspruchsniveau an Hardcorespieler richtet. Die bekommen ein spannendes und trotz der wenigen Regel komplexes Spielvergnügen.


Mutant Meeples
Brettspiel für 2 bis 7 Spieler ab 8 Jahren
Ted Alspach
Pegasus Spiele 2012
EAN: 4250231703997
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 29,95

bei pegasus.de bestellen
bei amazon.de bestellen