Magestorm – Gewaltige Schlachten im Zeitalter der Magie

Es herrscht Krieg in der Welt der zwei Sonnen, denn das naturverbundene Volk der Láusjan wird von den kriegerischen Vorstößen der Kragis aus ihren Heimatwäldern vertriebt. Da bleibt nur noch eine Möglichkeit: Nämlich mit gewaltigen Heeren, aber auch reichlich Magie die Eindringlinge zurückzuschlagen. Doch auch die Kragis wollen die Kolonien ihrer Siedler schützen. Willkommen in der Welt von „Magestorm“!

von Dominik Cenia

Bei „Magestorm – Gewaltige Schlachten im Zeitalter der Magie“ handelt es sich um ein Fantasy-Brettspiel für zwei Spieler aus dem italienischen Hause Nexus Games. Die vorliegende deutsche Ausgabe ist beim Heidelberger Spieleverlag erschienen, der natürlich mittlerweile ein Routinee für Spiele dieser Art ist.

In „Magestorm“ führen zwei Spieler im Rahmen eines Szenarios ihre jeweiligen Armeen in die Schlacht. Zur Auswahl stehen dabei die bereits besagten Láusjan, welche stark an Waldelfen oder Na'vi erinnern, sowie das menschliche Volk der Kragis. Neben verschiedenen Einheiten- und Truppentypen kommt dabei auch reichlich Magie in Form einer sogenannten „Mage-Tafel“ zum Einsatz. In jedem Szenario verfolgen beide Spieler ein bestimmtes Ziel, sei es in Form von Siegpunkten, dem Einnehmen und Halten einer bestimmten Position auf dem Schlachtfeld oder einfach nur die Vernichtung der gegnerischen Streitmacht. Insgesamt zehn verschiedene Szenarien lassen sich im beiliegenden Szenario-Heft finden. Für ausreichend Abwechslung ist also für den Anfang gesorgt.

Auf den ersten Blick erinnert „Magestorm“, rein von der Optik und Ausstattung her, doch sehr stark an „BattleLore“ oder ähnliche Titel von Richard Borg. Dieser Eindruck verblasst jedoch schnell, wenn man sich die knapp 40-seitige Spielanleitung genauer ansieht. Denn im Gegensatz zu „BattleLore“ stellen hier die jeweiligen Figuren nicht einfach nur einen generellen Einheitentyp dar. Vielmehr stellt jeder Spieler vor Beginn der Schlacht seine Einheiten ganz individuell aus verschiedenen Truppenkarten zusammen. Diese werden dann verdeckt und mit einer Nummer versehen den jeweiligen Figurengruppen (Trupps) auf dem Schlachtfeld zugeordnet. Über einen einfachen Steckmechanismus können dabei normale Infanterie-Einheiten, Bogenschützen oder Reitertrupps zusammengestellt werden. Der Gegner kann somit anhand der Figuren auf dem Schlachtfeld nur erkennen ob eine gegnerische Einheit allein aus Infanterie oder auch aus Kavallerie besteht. Die genaue Zusammensetzung der Trupps wird jedoch erst beim Aufeinandertreffen zweier Regimenter offenbart, wenn die jeweiligen Truppenkarten offen ausgelegt werden. Doch auch hier kann man den Gegner noch mit einer geschickt platzierten Vorhut in die Irre führen.

Das Konzept ist überaus interessant, stellt es doch den „Nebel des Krieges“ durchaus realistisch dar. Auf der anderen Seite tut man sich allerdings gleich beim ersten Spiel entsprechend schwer. Man weiß einfach nicht genau, welche Zusammenstellungen der Truppenkarten Sinn machen oder ob man eher große oder doch lieber viele kleine Einheiten aufstellen soll. Das Regelwerk gibt zwar, wenn auch ein wenig verstreut, Hinweise, welche Truppen sich für welche Zwecke eignen, doch richtige Beispiel-Armeen für Einsteiger sucht man vergeblich.

In unserer Testrunde hat das dazu geführt, dass der Spieler der Kragis nur wenige, aber dafür umso größere Einheiten auf dem Feld hatte und diese auch als geschlossenes Heer marschieren lies. Ich dagegen versuchte es mit vielen kleinen Trupps, die möglichst über das ganze Schlachtfeld verstreut von allen Seiten schnell agieren und angreifen sollten. Leider zeigte sich, zumindest im ersten Szenario, dass diese Taktik weniger Vorteile bietet als zu Anfang gedacht.

Neben der Zusammenstellung der Truppen spielt außerdem die bereits erwähnte „Mage-Tafel“ eine Rolle. Mit Luftmagie, Druidenmagie, Feuermagie und der Schicksalsmagie steht beiden Seiten, je nach Szenario, je eine der verschiedenen Magieformen während des Szenarios zu Verfügung. Das Prinzip dahinter ist dabei so genial wie auch einfach: Zu Beginn seines Zuges generiert jeder Spieler eine bestimmte Anzahl an Energiemarkern, welche auf einem zentralen Feld der jeweiligen „Magie-Tafel“ platziert werden. Im Anschluss darf der Spieler in seinem Zug nur eine bestimmte Anzahl an Energiemarkern auf seiner Tafel bewegen um bestimmte Zaubersprüche oder Beschwörungen anwenden zu können. Die verschiedenen Sprüche benötigen dabei unterschiedlich viele Energiemarker, weshalb durch die begrenzte Anzahl an Bewegungen der Marker auf einen bestimmten Spruch zuerst „gespart“ werden muss. Die wirklich mächtigen Sprüche können dabei sogar nur alle paar Runden gesprochen werden, da die Energiesteine mehrfach bewegt werden müssen, um das jeweilige Feld mit dem Spruch zu erreichen. Das System funktioniert großartig und ist vom Spielmechanismus her unglaublich flexibel was die verschiedenen Magiearten angeht. Ohne Zweifel ein echtes Highlight dieses Spiels!

Eine weitere Besonderheit bei „Magestorm“ stellt das Bewegungssystem der Einheiten auf dem Schlachtfeld dar. Denn die Einheiten bewegen sich nicht frei nach dem Willen des jeweiligen Spielers, sondern marschieren stets in Richtung des am nächsten gelegenen Zielobjektmarkers der eigenen Seite. Diese Marker können von den Spieler jeweils über Strategiepunkte platziert, entfernt oder bewegt werden. Da System hat einen gewissen „Cosim“-Charakter und bildet erneut die tatsächlichen Truppenbewegungen auf dem Schlachtfeld adäquat ab. Allerdings bedarf es auch ein wenig Fingerspitzengefühl und des Umdenkens, um über dieses System seine eigenen Truppen überhaupt sinnvoll bewegen zu können.

Der übrige Spielablauf von „Magestorm“ verläuft nach dem üblichen Schema: Man beachtet eventuelle Geländeauswirkungen, wirft sich gegenseitig die Zaubersprüche um die Ohren, unterstützt die eigenen Truppen mit Magie oder man lässt ganz einfach seine waffenstarrenden Einheiten im blutigen Gekeile aufeinanderprallen. In diesem Fall wird der Kampf in verschiedenen Phasen abgehandelt, wie Magie, Fernkampf, Nahkampf und den jeweiligen Gegenschlägen. Es werden Werte verglichen und Würfel geworfen. Das System dahinter funktioniert gut, ist allerdings auch mit ein wenig Rechenarbeit verbunden, da die Angriffs- und Verteidigungswerte aller Truppenkarten in einer Einheit miteinander addiert und dann mit den Werten des Gegners verglichen werden müssen. Vor allem an diesem Punkt macht es sich bemerkbar, ob man zuvor seine Truppenkarten und Einheiten sinnvoll oder einfach nur nach dem Zufallsprinzip zusammengefügt hat. Selbstverständlich spielen sich dabei auch die beiden Völker völlig unterschiedlich. Während die Láusjan eher auf Schnelligkeit und Fernkampf setzen, stecken die Kragis mit ihren schweren Rittern deutlich mehr Treffer weg oder teilen im direkten Nahkampf einfach mehr aus.

Die Ausstattung von „Magestorm“ kann sich sehen lassen. Mit 100 Plastikfiguren, zahlreichen Karten und Countern ist der Inhalt der Box recht umfangreich ausgefallen, ohne dabei allerdings unübersichtlich oder überladen zu wirken. Tatsächlich verwendet man fast schon das komplette Material der Schachtel bereits im ersten Szenario.

Die deutsche Spielanleitung ist klar verständlich und übersichtlich mit ausreichend vielen Beispielen bebildert. Lediglich das Fehlen zweier Beispiel-Armeen und die ein oder andere etwas unklare Beschreibung bei einzelnen Zaubersprüchen sorgen für einen geringen Abzug in der Gesamtwertung.

Fazit: „Magestorm“ mag auf den ersten Blick wie ein „BattleLore“ Klon aussehen, verfügt aber über erstaunlich viele eigene Mechanismen, die das Spiel in vielerlei Hinsicht einzigartig und individuell erscheinen lassen. Darunter leidet allerdings zugegeben auch ein wenig die Einsteigerfreundlichkeit. Obwohl die Spielregeln wirklich nicht all zu komplex sind, sind es doch die vielen neuartigen Mechanismen und die übermäßigen Freiheiten beim Erstellen der eigenen Armee, welche den Zugang nicht ganz so einfach machen. „Magestorm“ ist damit ein Spiel für für Fans des Genres, die auf der Suche nach etwas Neuem sind. Ein gewisser Anspruch ist auf alle Fälle gegeben. Auch wenn das Ausspielen die Stärken und Schwächen der beiden Völker vielleicht ein wenig zu sehr vom jeweiligen Szenario abhängig ist. So bekommen die Láusjan etwa recht viele Vorteile nur dann, wenn das Szenario bei Nacht spielt, während die direktere Spielweise der Kragis durch den Einsatz von Feuermagie oder dem Schlagabtausch auf der offenen Ebene noch viel stärker zur Geltung kommt.

Insgesamt ist „Magestorm“ ein interessantes Brettspiel geworden, dass sich vor Titel wie „BatteLore“ oder „Die Schlachten von Westeros“ nicht zu verstecken braucht.


Magestorm – Gewaltige Schlachten im Zeitalter der Magie
Brettspiel für 2 Spieler
Piero Cioni, Luca Pansecchi, u. a.
Nexus Games / Heidelberger Spieleverlag 2010
ISBN 978-1-906508-27-2
Sprache: Deutsch
Preis: ca. EUR 69,95

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