Lift Off

„T minus 10 Minuten.“ – „3-2-1-Go!“ – „Houston, wir haben ein Problem!“ – „Ground Control to Major Tom.“ … Na ja, so richtig sitzt der Astronautenjargon vielleicht noch nicht, aber kein Grund, nicht Chef einer eigenen Raumfahrtagentur zu werden und sich mit der Konkurrenz ein Wettrennen um die Eroberung des Alls zu liefern.

von Bastian Ludwig

Bei „Lift Off“ übernehmen die Spieler die Leitung konkurrierender Raumfahrtagenturen in einem vage an das Space Race der 60er-Jahre erinnernden Szenario. Ihr Ziel besteht darin, möglichst erfolgreiche Missionen durchzuführen und dafür Siegpunkte einzukassieren. Bevor eine Mission ins All starten kann, will aber einiges organisiert werden: Man schart ein Team aus Spezialisten um sich, das neue Technologien erforscht, das Labor ausbaut, das Raumschiff einsatzbereit macht oder auch einfach nur das nötige Kleingeld heranschafft. Anschließend wählt man Missionen aus, und wenn man alle Voraussetzungen erfüllt hat, heißt es auch schon: Ignition and … Lift Off! Hat man eine Mission ins All gebracht, bringt das wiederum gewisse Vorteile und Siegpunkte. So baut man seine Raumfahrtagentur Stück für Stück aus, um immer aufwendigere und ertragreichere Missionen umzusetzen. Massig Siegpunkte gibt es auch für spezielle Ziele, die man zu Spielbeginn bekommt und bei Spielende erfüllt haben muss. Ein weiteres Betätigungsfeld ist der Bau einer Raumstation, an der alle Spieler gemeinsam werkeln.

„Lift Off“ ist ein Strategiespiel mit hervorragender Balance zwischen Zugänglichkeit und Spieltiefe. Es gibt nicht wenige Baustellen, die man im Auge behalten muss, weil eine Mission daran scheitern kann: Zu wenig Geld, nicht die richtigen Technologien, nicht genug Traglast in der Rakete, die falschen Missionen gewählt. Trotzdem sind die einzelnen Spielelemente so nachvollziehbar und in ihrem Zusammenspiel so verständlich, dass man als Spieler niemals überfordert ist. Sucht man nach Orientierung, kann man sich außerdem an die individuellen Spielziele der Marke „Sammle möglichst viele blaue Technikkarten“ oder „Bringe möglichst viele Missionen des Levels 3 ins All“ halten.


 Zusatzantriebe und mehr Laderaum: Je besser die Rakete, desto aufwendiger die Missionen.

„Lift Off“ erlaubt üblicherweise, dass man sich auf die jeweils aktuelle der insgesamt acht Spielrunden konzentriert. Größere Planungen über mehrere Runden hinaus oder gar bis zum Spielende hin sind – abseits von der Verfolgung der individuellen Spielziele – kaum nötig.

Jede Runde für sich sollte man dafür aber umso gewissenhafter planen. Beispiel: Geld. Man benötigt Geld für die Raketenstarts, quasi Abschluss und Höhepunkt jeder Spielrunde, aber auch schon vorher, um zum Beispiel die Rakete auszubauen. Da Geld nie in Hülle und Fülle vorhanden ist, ist genaue Buchführung wichtig. Baut man zum Beispiel einen neuen Laderaum in die Rakete, um mehr Last transportieren zu können, erhöhen sich auch die Kosten für einen Start. Ist man nun aber so vorausschauend, mit dem ersten Raketenstart einen Kommunikationssatelliten ins All zu schießen, durch den man ein effizienteres Triebwerk bekommt, das die Startkosten wieder senkt, reicht das Budget dann vielleicht gerade so für einen zweiten Start. Jede Mission will also genau durchkalkuliert werden.


 Mit den richtigen Spezialisten greift man schon bald nach den Sternen …

Macht man dabei mal einen Fehler, ist das ärgerlich und bringt eines ins Trudeln, wirft einen aber nicht aus der Bahn, denn „Lift Off“ verzeiht Fehler großzügig. Trifft man mal eine schlechte Entscheidung, kann man sich damit kaum Möglichkeiten verbauen, sondern sie vertagen. Dadurch wird man nie völlig abgehängt. Zumindest bei meinen Testspielen waren alle Spieler nach der Endabrechnung aus der Punkteleiste sehr nah beieinander – ein Zeichen für eine gut ausbalancierte, faire Mechanik.

Sieht man „Lift Off“ als Strategiespiel für Gelegenheitsspieler, gibt es wenig zu bekritteln. Hardcore-Strategen mag neben der untergeordneten Langzeitplanung allerdings der recht hohe Glücksfaktor stören, denn sowohl bei den Spezialisten als auch den Missionen darf man nur aus einem zuvor verdeckt gezogenen Set wählen – ganz genau weiß man also nie, was man bekommt und wohin die Reise gehen wird.


 … und mir nichts, dir nichts hat man den Erdorbit mit Weltraumschrott zugemüllt.

Der Autor Jeroen Vandersteen ist Mathematiker bei der ESA, eine verkopfte Raumfahrtsimulation ist „Lift Off“ aber nicht geworden, sondern vielmehr ein humoristisches Weltraumabenteuer. Perfekt unterstützt wird das durch die zauberhafte Grafik von Nache Ramos. Sonderlich plastisch ist das Spielmaterial zwar nicht, besteht es doch größtenteils aus Karten und Plättchen, die allerdings sehr liebevoll in einem retrofuturistischen Design gehalten sind, das aus den 60er-Jahren stammen könnte. Hingucker sind dabei die Raumstation, die immer weiter wächst, und die Rakete, die man Stück für Stück ausbauen kann.


 Kooperation trotz Konkurrenz: An der Raumstation bauen alle Agenturen gemeinsam.

Fazit: „Lift Off“ ist ein auch für Gelegenheitsspieler zugängliches Strategiespiel mit deutlichem Glücksfaktor, schönem Szenario und putziger Präsentation.

Lift Off

Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Heroen Vandersteen, Nache Ramos, Andreas Resch, Kreativbunker
Hans im Glück 2018
EAN: 4015566018174
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 52,99

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