Gabriel Burns 14: Die Verbündeten

Es ist eine Frage der Loyalität, der Ehre und des Vertrauens: Wenn man eine Sachlage nur aus einer Quelle heraus kennt, dann aber plötzlich auch eine andere Version präsentiert bekommt, wem glaubt man dann? Auf wessen Seite schlägt man sich und für wen kämpft, für wen stirbt man? Im Burnsiversum verschwimmen die Gut-und-Böse-Grenzen und die ersten Bauernopfer werden erbracht...

von Christian Humberg

 

Mad scientists und schwarze Engel

Nach den in Kanada situierten Abenteuern der letzten beiden Tonträgern geht es in Episode 14 der nach wie vor überragenden Hörspielserie "Gabriel Burns" zurück nach Rumänien, wo nach den Ereignissen der jüngsten Vergangenheit (siehe Folge 9 – 11) noch so mancher Handlungsstrang auf seine Fortführung wartete. Nun ist es soweit.

Stuart Blumberg und Larry Newman begeben sich nach Bukarest, um die von Steven Burns dort entdeckten Spuren weiterzuverfolgen. In Bukarest stoßen sie dabei schnell auf Relikte eines dreißig Jahre alten genetischen Experimentes, welche sie zu Professor Lugoj führen, einem ehemals brillianten, seit drei Jahrzehnten aber als eher verwirrt geltenden Wissenschaftlers – der einstige Genetiker predigt heute in herunter gekommenen Bruchbuden seine Lehre von "den Gesandten der zwei Horizonte". Larry und Stuart mischen sich unbemerkt in einen solchen Vortrag Lugojs und müssen mit Erschrecken feststellen, dass sich dessen Theorien auf die grauen Engel beziehen. Schlimmer noch, dass Lugoj offenbar über diese Wesen befehlen kann!

Doch kommt den beiden Ermittlern diese Erkenntnis zu spät. Bevor sie sich mit ihrem Wissen an Bakerman oder andere Mitstreiter wenden können, werden sie von Unbekannten entführt und in die Antarktis verschleppt, wo ein geheimes und menschenverachtendes Experiment stattfindet, dessen Ursache und Ausgang sehr wohl über das Schicksal der ganzen Welt entscheiden könnte.

Ein buchstäblich alter Bekannter

Major Fink steckt nämlich hinter dieser Entführung und berichtet dem erstaunten Larry Newman seine Seite der Ereignisse, die dereinst in der Wüste ihren Anfang genommen hatten (siehe Episode 7 "Die Fänge des Windes"). Damals wetteiferten Fink und Larrys Auftraggeber Bakerman um den Besiz des sagenumwobenen Ila al Khalf, jenem Unsterblichkeitselixier, von welchem der gute Major offensichtlich einiges genossen hat – noch heute erscheint er jung und agil. Fink gelang es damals, das Mittel an sich zu nehmen, wodurch er zu einem der Hauptgegner Bakermans wurde. Doch was ist Finks wahre Motivation?

Wie er Larry erläutert, forscht er seit diesen Tagen nach einem Weg, dieses Mittel zu reproduzieren und es so der gesamten Menschheit zugänglich zu machen. Ist dies nur hohles Geschwätz eines Erzschurken? Oder doch die Kehrseite der Medallie, die ganze Wahrheit – und ist in Wirklichkeit Bakerman der Verblendete, dessen Taten dem wahren Ziel im Wege stehen? Man ist geneigt, den Worten des Majors Gleuben zu schenken, doch hat sich dieser im Zuge seiner Arbeiten mit den Monstern aus dem Gefolge der Ammoniten eingelassen (der Verdacht einer anderen Dimension liegt langsam nahe, zu der diese den Übergang darstellen – aber ich spekuliere nur) – seiner Meinung nach nur eine kurzfristige und friedliche Allianz, nach deren erfolgreichem Ende die "Besucher" wieder brav nach Hause verschwinden. Und das glaubt der wirklich?

Während sich Larry also seine eigenen Gedanken macht, seine Loyalitäten in Frage stellt und seinen ganz persönlichen Standpunkt in diesem Wettstreit neu definieren muss, gelingt Stuart Blumberg mit Hilfe von Finks Sohn Dorgan die Flucht aus dem Forschungskomplex. Am Ende dieser Episode jedoch wird nur einer der beiden Helden noch genügend Leben in sich haben, um seine neuen Erkenntnisse anderen mitzuteilen.

Der Bodycount beginnt

Okay, tief durchatmen. Nach den überraschend aufschluss- und spannungsreichen Geschehnissen der letzten Burns-Folge legt "Die Verbündeten" gleich weiteres Holz ins Feuer: Auch hier erfährt der geneigte Stammhörer einiges über Hintergründe und Ursachen der bisherigen Handlung, die einem so konkret noch nicht bewusst waren.

Mit Blumberg und Newman stehen zudem endlich mal zwei Nebencharaktere im Zentrum der Aufmerksamkeit (Bakerman, Burns und Kramer tauchen in der gesamten Episode nicht auf) und dürfen zeigen, was in ihnen steckt. Und das ist so einiges!

Major Finks Bericht über seine Seite der Geschehnisse seit dem Kampf ums Ila al Khalf erscheint schlüssig und nachvollziehbar, was uns Hörer wie auch Larry Newman natürlich in eine Gewissenszwickmühle bringt: Trauen wir dem vermeintlichen Erzfeind mehr als dem zugegeben massiv rätselhaften Bakerman? Nach "Die Verbündeten" müssen auch wir uns für eine Seite entscheiden. Nur: Welche ist die richtige? Und nach dieser Episode ist auch klar, dass der Kampf um die Wahrheit nicht ohne Opfer ausgetragen werden kann und dass wahre Helden, genau wie es sein soll, einsam sterben.

Fazit: Schnüff, da geht er hin und ruhe in Frieden. Es wird Zeit für Taschentücher und Grabesreden, den hier ist er nun: der erste Tote aus dem Kreis der Hauptpersonen unserer Verschwörungsmär. Und es ist ein standesgemäßer, sinnloser Tod noch dazu. So mag‘ ich das. Überhaupt gibt es an "Die Verbündeten" wieder mal nichts zu meckern. Nach dem eher rekapitulierenden Abenteuer der letzten Folge treiben Newman und Blumberg die Handlung wieder voran und decken dabei einige Querverbindungen und Wahrheiten auf. Und plötzlich zeigt sich so einiges in neuem Licht. Es ist schön zu sehen, dass die Autoren ihren "Gabriel Burns" nach wie vor fest im Griff haben und sich die Handlung mühelos in neue Gefilde bewegt. Das macht Lust auf mehr.


Gabriel Burns 14: Die Verbündeten
Volker Sassenberg, Raimon Weber
Universal 2005
ASIN: B0009UBY3I
1 CD, 60 min., deutsch
Preis: EUR 6,95

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