Einsamer Wolf 6: Die Königreiche des Schreckens

Mit Band 6 beginnt ein neues Kapitel für die Solo-Spielbuch-Reihe „Einsamer Wolf“ – sowohl regeltechnisch als auch inhaltlich. Ein Grund für den Ringboten, ein besonderes Auge auf das Werk zu werfen. Aber tun wir das nicht ohnehin bei jedem Produkt?

von Morgath

 

Nach 6 Ausgaben ist es Zeit für einen kleinen Überblick:

Was bisher geschah …

Die Schwarzen Lords von Helgedad überfielen Sommerlund. Ihr erster Schlag ging gegen den Orden der Kai, einen mächtigen Kriegerorden, der das Rückgrat des Königsreichs bildete. Der ganze Orden fiel diesem Überraschungsangriff zum Opfer. Der ganz Orden? Nein! Ein unbeugsamer Kai-Lord überlebte: der Einsame Wolf! Er schlug sich zum König durch und berichtete ihm über das Schicksal des Ordens (Band 1). Dann wurde er in geheimer Mission nach Durenor geschickt, um Hilfe zu holen. Er kehrte an der Spitze einer Armee zurück und vernichtete die feindliche Armee (Band 2). In Durenor erhielt er außerdem das Sommerschwert, die wohl mächtigste Waffe von ganz Magnamund. Der nächste königliche Auftrag führte den Einsamen Wolf in die Eiswüste von Kulde, wo er den Verräter Vonotor zu Strecke brachte (Band 3). Anschließen klärte der Einsame Wolf das Verschwinden einer königlichen Karawane auf und verhinderte so nebenbei die Rückkehr des mächtigen Schwarzen Lords Vashna (Band 4). Auf einer Friedensmission in Vassagonie, welche in einem Spießrutenlauf um Leben und Tod mündete, entdeckte der Einsame Wolf zufällig das verschollen geglaubte Buch der Kai (Band 5). Dieses Buch wurde von dem Gründer des Kai-Ordens Sonnenadler geschrieben und birgt nicht nur das Wissen der Kai, welches von Generation zu Generation weitergegeben wurde, sondern auch verborgene Erkenntnisse.

Was noch geschehen wird …

Seitdem sind drei Jahre vergangen. Der Einsame Wolf studierte während der Zeit das Buch (er ist wohl ein langsamer Leser), wodurch er – ohne Lehrmeister – den Rang des einfachen Kai-Lords hinter sich lassen und den Rang eines Magnakai erreichen konnte. Zugleich offenbart ihm das Buch, wie Sonnenadler sein Wissen erlangte. Er fand die sieben Weisheitssteine von Nyxator. Der einsame Wolf beschließt daher, selber die Weisheitssteine zu suchen, um dasselbe Wissen wie Sonnenadler zu erwerben, um damit den Orden der Kais neu zu gründen. Das vorliegende Buch „Die Königreiche des Schreckens“ beinhaltet die Suche nach dem ersten der Weisheitssteine. Auch die nachfolgenden Bände 7 bis 12 haben jeweils die Suche nach einem der Weisheitssteine zum Inhalt. Diese Suche wird den Einsamen Wolf über ganz Magnamund und teilweise sogar darüber hinaus führen.

Die Königreiche des Schreckens

Der erste Weisheitsstein, den sich der Einsame Wolf zu finden aufmacht, ist der „Stein von Varetta“. Varetta ist eine alte Stadt in den Stornlanden jenseits der Maakenschlucht, die der Leser in Band 4 ausführlich kennen lernen konnte. Die Stornlanden bestehen aus mehreren kleinen Königreichen, die in einem ständigen und undurchschaubaren Krieg untereinander liegen. Die Lande sind daher von Söldnern, Waffenknechten und marodierenden Soldaten übersäht. Ärger ist vorprogrammiert. Und in der Tat muss der Einsame Wolf auch die ein oder andere gefährliche Situation überstehen, ehe er den Stein in Händen hält. Als Bespiel seien genannt: rachsüchtige Adlige, schwarze Magie oder das Eindringen in eine belagerte Stadt.

Ohne zu viel zu verraten, kann man auch hier sagen: Das Abenteuer macht von dem ersten bis zum letzen Abschnitt Riesenspaß. Die einzelnen Begegnungen sind spannend, abwechslungsreich und herausfordernd. Gerade zum Schluss kommt es auf jede Entscheidung an, denn eine falsche Entscheidung mündet schnell in den Tod.

Die einzige Schwäche des Buches findet sich erstaunlicherweise am Anfang – bei der Präsentation der Regeln. Wie schon angekündigt, haben sich die Regeln dadurch verändert, dass der Einsame Wolf vom Kai-Lord in den Rang eines Magnakai aufstieg. Anstatt der bisherigen zehn Kai-Disziplinen treten nun zehn Magnakai-Disziplinen, von denen der Einsame Wolf zunächst drei beherrscht. Diese sind im Grund identisch mit den Kai-Disziplinen, allerdings noch mächtiger und geben noch mehr Bonus. So wurde beispielsweise aus der Kai-Disziplin Waffenkunde (Bonus +2) die Magnakai-Disziplin Waffenmeisterschaft, welche einen Bonus von +3 bringt. Als Highlight gibt es die vier Weisheits-Kreise der Magnakai. Wenn der Einsame Wolf bestimmte Disziplinen beherrscht, dann hat er einen Kreis vollendet, was ihm weitere Boni einbringt. Soweit ist alles gut, doch nun zu den Schwächen:

Die Regeln lassen ungeklärt, in welchem Verhältnis der Bonus der Kai-Disziplinen zum Bonus der Magnakai-Disziplinen steht. Also kann man die Boni addieren (2+3=5) oder ist der Bonus der Waffenkunde bereits in der Waffenmeisterschaft berücksichtig, so dass man insgesamt nur auf +3 kommt? Einige klarstellenden Worte wären hier hilfreich gewesen.

Überhaupt wird die Disziplin der Waffenmeisterschaft unzureichend beschrieben. So heißt es, dass der Einsame Wolf drei Waffen beherrscht. Es bleibt aber unklar, ob er diese selber wählen kann oder ob er diese (wie bei der Waffenkunde) auswürfeln muss. Die Waffenliste, auf die verwiesen wird, beinhaltet Zufallszahlen, was auf ein auswürfeln schließen lässt. Der größte Fehler liegt aber darin, dass in der Waffenliste der Bogen nicht beinhaltet ist (stattdessen taucht das Schwert zweimal auf), was bei der Anwendung der Regeln unter Berücksichtigung des Wortlautes bedeutet: der Leser beherrscht die Waffenmeisterschaft des Bogens nicht und bekommt auch keinen Bonus, wenn er im Abenteuer einen verwendet! Das ist ärgerlich, weil der Leser im Abenteuer an einem Bogenturnier teilnehmen kann (wo er den Bonus bitter nötig hat) und auch im Buch mehrmals auf die Waffenmeisterschaft (Bogen) Bezug genommen wird. Bleibt zu hoffen, dass in den Folgebänden dieser Lapsus korrigiert und die Regeln klarer formuliert werden. In Band 7, welcher mir ebenfalls schon vorliegt, wurde der Fehler leider wiederholt (ich sehe hier eine Teilschuld bei mir, weil ich zu langsam rezensiere).

Der Schlüssel zur Zukunft

Im Zusatzabenteuer schlüpft der Leser in die Rolle von Gwynian dem Weisen. Gwynian ist der wohl kundigste Astrologe auf Magnamund, der sich überwiegend mit der Vorhersage der Zukunft beschäftigt. So sah er auch die Mission des Einsamen Wolfes vorher und leistet ihm im Hauptabenteuer unerwartet Hilfe. In dem Zusatzabenteuer wird der Hintergrund genauer erklärt, wie es dazu kam. Dabei werden einige Zusammenhänge gezeigt, die der Leser so nicht wahrgenommen hätte. Das Abenteuer endet, wenn Gwynian dem Einsamen Wolf begegnet. Ein besonderer Reiz des Abenteuers besteht darin, dass Gwynian Orte aufsucht, zu denen der Einsame Wolf noch kommen wird, und dabei Vorahnungen hat, was dort passieren wird. Das Abenteuer ist mit 187 Abschnitten sehr umfangreich und eine sinnvolle Ergänzung zum Hauptabenteuer. Es kann rundum als gelungen bezeichnet werden.

Fazit: Ein tolles Hauptabenteuer und ein gelungenes Zusatzabenteuer zeigen, warum die Serie so beliebt ist. Das hohe Niveau wird weiter gehalten. Die leichten Fehler in den Regeln sind ärgerlich, mindern den Spielspaß aber nicht merklich. Ein Muss für jeden „Einsamer Wolf“-Fan.


Einsamer Wolf 6: Die Königreiche des Schreckens
Abenteuer-Spielbuch
Joe Dever
Mantikore Verlag 2011
ISBN: 978-3-939212-05-8
406 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 14,95

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