DSA 99: Answin von Rabenmund I: Macht

Answin von Rabenmund war Reichsverräter, Thronräuber und Prinzenmörder. Doch bevor er ein gefürchteter Mann wurde, half er dem erschütterten Reich in langen Zeiten. Mit dem ersten Teil über eine der bekanntesten und schillernsten Figuren im Kosmos „Das Schwarze Auge“ legt Michelle Schwefel eine Geschichte vor, an denen sich viele andere Autoren werden messen müssen.

von Ansgar Imme

 

Mit Michelle Schwefel (geb. Melchers) darf sich eine erfahrene „DSA“-Bekannte und für lange Zeit auch Redakteurin des „Schwarzen Auges“ an einem schwierigen Stoff versuchen: Der Biografie des Mannes, der das Mittelreich gleich zwei Mal in arge Bedrängnis und nahezu Bürgerkriege stürzte: Answin von Rabenmund. Doch sie löst die Aufgabe mit Bravour. Viel besser, als man es sowieso schon erwarten konnte, schafft sie eine detailgetreue, sehr intensive und extrem gut recherchierte Geschichte.

Zum Inhalt

Der spätere Usurpator Answin von Rabenmund dient als Knappe des Prinzen Reto von Gareth. Dieser entschließt sich, seine Verwandten, die kaiserlichen Zwillinge Bardo und Cella zu entmachten, da diese das Reich herunterwirtschaften und der Lächerlichkeit preisgeben. Zugleich entdeckt Answin ein schwer gehütetes Geheimnis Retos und seines Nachkommen Hal, dem späteren Kaiser des Mittelreichs.

Durch seine Schläue und Treue macht er sich für Reto mehr und mehr unentbehrlich und leistet ihm treue und wertvolle Dienste. Gleichzeitig überwirft er sich mit seinem Oheim, dem Fürsten von Darpatien, der ihn zu seinem Nachfolger küren wollte, jedoch nun Answins Schwester Hildelind vorzieht, da Answin sich zu sehr an den Kaiserhof bindet. Answin erlebt einen Ansturm der Orks, die Eroberung Maraskans durch Reto und das Aufbegehren Araniens gegen den Kaiser. Durch seine Taten steigt er innerhalb der Reichskanzlei immer weiter auf und macht sich zugleich immer mehr Feinde.

Als er seine frühere Liebe, die Gräfin Praiodane von Falkenstein, am Hofe wieder trifft, daraufhin seine Ehefrau betrügt und daraus ein Kind erwächst, kann er sich nur durch Glück vor den Konsequenzen drücken. Schließlich erreicht Answin den Höhepunkt seines Lebens: Er wird von Kaiser Reto zum Reichskanzler des Mittelreichs ernannt und hat nun alle Fäden in der Hand. Als jedoch sein Ziehvater, Kaiser Reto durch eine mysteriöse Krankheit viel zu früh dahingerafft wird, steht Answin an der Seite eines schwachen und leicht beeinflussbaren neuen Kaisers Hal.

Die Autorin und was sie schuf


Mit Michelle Schwefel hat sich eine der erfahrensten aktiven Schreiberinnen im Kosmos des „Schwarzen Auges“ dem schwierigen Thema „Answin von Rabenmund“ angenommen. Schon Ende der 1980er hatte sie erste Beiträge für das Rollenspiel verfasst und war von 1992-1995 sogar Chefredakteurin des verlagseigenen Magazins „Aventurischer Bote“. Etliche Abenteuer, redaktionelle Betreuungen und unzählige Beiträge zu Spielhilfen stammen aus ihrer Feder. Bedingt durch diese Erfahrung sowie ihre Arbeiten für das Fürstentum Rommilys und natürlich die Fortschreibung und den Hintergrund des Protagonisten Answins, ist sie geradezu für diese Aufgabe prädestiniert.

Wie es bei einer Biographie nun einmal so ist, verläuft die Handlung über viele, viele Jahre. Und obwohl das Leben Answins schon auf drei Bücher gestreckt wurde, ließ es sich natürlich nicht vermeiden, immer wieder auch Lücken beziehungsweise Zeitsprünge in der Geschichte und dem Roman vorkommen zu lassen. Die Autorin löst dies aber sehr gut und elegant, sodass der Leser nicht den Eindruck hat, von einem wichtigen Ereignis zum nächsten geführt zu werden, sondern eher unwichtigere Passagen bewusst auszulassen.

Spieler und Kenner des „Schwarzen Auges“, die schon länger im Kosmos verweilen, werden hier eine Fundgrube an Verweisen auf bekannte und Spielwelt bestimmende sowie weniger bekannte Personen und Ereignisse finden und sich an der Detailtreue und den vielen Verknüpfen erfreuen. Ein Großteil der Vorlaufgeschichte der heutigen Ereignisse wird skizziert und wiedergegeben, und für den Leser baut sich alles so genau auf, dass man denken könnte, die Ereignisse hätten wirklich stattgefunden. Hier liegt auch vielleicht einer der ganz wenigen Schwachpunkte des Romans: Neuleser oder nicht so erfahrene Spieler und Leser werden all die vielen Hinweise und Verknüpfungen gar nicht erkennen beziehungsweise durch die Details unter Umständen erschlagen werden.

Die Figur des Answin von Rabenmund gewinnt zu den vielen bekannten Informationen noch an weiteren Facetten und wird vor allem als sympathische Person mit all ihren Stärken und Schwächen aufgebaut. Die meisten seiner Entscheidungen sind nachvollziehbar oder zumindest verständlich. Auch die anderen Figuren wie Reto, Dexter Nemrod, Hal, Haffax und viele weitere werden gut skizziert und reihen sich sehr gut in die Geschichte und die Darstellung in anderen Romanen ein. Natürlich müssen sie hinter dem Protagonisten zurückstehen, aber speziell Kaiser Reto bekommt recht viel Platz eingeräumt, was für den interessierten Leser einiges bietet, da doch bisher nicht so viele Informationen über den alten Kaiser vorlagen. Es wird eine Herausforderung für die Autorin und spannend für den Leser werden, zu sehen, wie sich der bisher fast durchgehend sympathische Answin von Rabenmund in den beiden weiteren Bänden entwickeln wird und ob diese Entwicklung stimmig und passend ist.

Fazit: Michelle Schwefel hat einen der besten „DSA“-Romane geschaffen, die es bisher gibt. Intensive Recherche und Details sorgen für unglaubliche Sogwirkung und versetzen den Leser mitten in die Ereignisse hinein. Die einzige Sorge und damit auch die Spannung ist, ob dieses hohe Niveau auch für die beiden Folgebände gehalten werden kann. Eine unbedingte Empfehlung für jeden Spieler und Leser des „Schwarzen Auges“ (absolute Neulinge vielleicht ausgenommen) und ein Muss für jeden, der ein wenig „DSA“-Geschichte erleben will!


Answin von Rabenmund I: Macht (DSA-Roman Nr. 99)
Rollenspiel-Roman
Michelle Schwefel
Fantasy Productions 2008
ISBN: 3890644996
416 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 10,00

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