Drakon (Vierte Edition)

Eine Heldengruppe ist in die Höhle des Drachen Drakon eingedrungen und wurde von ihm gefangen! Aber anstatt sie direkt zu verspeisen, lässt Drakon die Helden um ihre Freiheit kämpfen: Der Erste, dem es gelingt, 10 Gold aus seinem Hort zu sammeln, erhält die Freiheit. Die übrigen haben Pech gehabt. Du bist einer dieser unglückseligen Helden. Auf der Suche nach Gold rennst du durch Drakons magisches Labyrinth und versuchst die Pläne deiner Gegner mit Tricks und Fallen zu durchkreuzen.

von Frank Stein

„Drakon“ ist ein schneller kleiner Dungeon-Crawler, der von Spieledesigner Tom Jolly entwickelt wurde („Wiz-War“, „DiskWars“). In der ersten Edition 2001 bei Fantasy Flight Games erschienen, erlebt „Drakon“ mittlerweile seine vierte Edition – wobei der sowohl optisch, als auch inhaltlich deutlichste Wandel wohl zwischen der zweiten und dritten Edition stattfand. Das Spiel für 2 bis 6 Helden kommt auf Deutsch beim Heidelberger Spieleverlag in der Standardbox für „kleine Spiele“ heraus (ca. 25x25x5 cm) und enthält 6 Heldenfiguren aus Plastik, 1 größere Drachenfigur aus Plastik, 72 Kammern in Form von stabilen, hübsch designten Papp-Plättchen, 28 Goldmünzen, 6 Übersichtstafeln, welche die Kammereffekte beschreiben (sehr hilfreich) und 6 Heldenkarten.

Das Spielziel wurde bereits erwähnt. Die Helden starten von einer Startkammer aus und müssen dann möglichst schnell 10 Gold im Dungeon des Drachen finden. Der Erste, der Münzen im Wert von 10 Gold (die Münzplättchen haben Wertigkeiten zwischen 1 und 3) gesammelt hat, gewinnt sofort.

Vor Beginn der Partie wird die Startkammer gelegt, alle Helden darauf platziert. Die übrigen Kammern werden gemischt und jeder Spieler zieht sich verdeckt vier Kammern. Diese bilden seine Starthand, also die Auswahl an Räumen, die er an den Startraum anlegen kann. Nach dem Mischen der Goldmünzen und der Wahl des Startspielers kann es losgehen.

Das Spiel entwickelt sich enorm schnell. Gespielt wird im Uhrzeigersinn, wobei jeder Spieler in seinem Zug exakt eine Aktion ausführen kann. Entweder legt er eine Kammer an (und zieht dann eine nach) oder er bewegt seinen Helden (wobei er eine Kammer betritt und deren Effekt auslöst). Zumindest ansatzweise taktisch wird das Ganze durch den geschickten Einsatz der Kammereffekte, denn natürlich finden sich nicht nur Münzen in dem Dungeon, sondern es ist voller Fallen, mit denen man Gegnern den Weg versperren kann. So kann ein Spieler mittels „Gedankenkontrolle“ den Helden eines anderen Spielers in eine nicht gewünschte Richtung bewegen. Ein „Kammertausch“ verändert unvermittelt das Aussehen des Dungeons. Und eine „Magische Harfe“ lockt Helden auf die falsche Fährte.

Dennoch ist „Drakon“ im Grunde ein Partyspiel und kein Taktikspiel. Denn je mehr Helden durch das Verlies streifen, desto chaotischer wird dessen Aufbau und desto unberechenbarer entwickelt sich das Ganze. Selbst der beste heimliche Plan wird garantiert durchkreuzt, wenn man erst nach fünf anderen Spielern wieder am Zug ist. Man kann in dem Fall nur versuchen, das Beste aus seiner Situation zu machen.

Einen Hauch zusätzliche Würze bringen die Heldenfähigkeiten ins Spiel, die nur in der optionalen Spielvariante „Helden!“ genutzt werden, dort aber auch nur 1x zum Einsatz kommen, also mit Bedacht genutzt werden sollten. Das Spielelement des Drachen selbst dagegen hat nur einen sehr geringen Einfluss aufs Geschehen. Laut Regeln taucht Drakon auf, wenn ein Spieler erstmals eine Kammer mit dem Symbol „Drakon bewegt sich“ legt. Und wann immer eine weitere solche Kammer gelegt wird, bewegt sich der Drachen bis zu 3 Felder weit. Helden, die Drakon am Ende seines Zugs erwischt, landen sofort wieder in der Eingangskammer und verlieren eine zufällige Münze. Tatsächlich existieren aber nur 4 solche „Drakon“-Kammern (von 72), sodass der Drache in vielen Partien gar nicht zum Einsatz kommt.

Schneller als man denkt – die Spielzeit wird (je nach Spielerzahl) durchaus realistisch mit 20 bis 60 Minuten angegeben –, ist das Ganze auch schon wieder vorbei, wobei der Sieg am Ende eher dem Zufall als echtem Können geschuldet ist. So ist bei „Drakon“ eher der Weg das Ziel. Seinen Gegnern Steine in den Weg zu legen, macht fast mehr Freude, als selbst Münzen zu finden.

Fazit: „Drakon“ ist kein Spiel für Taktiker oder Gruppenkuschler. Es eignet sich auch nicht für Leute, die sich bei einem Dungeon-Crawl rollenspielerisch verwirklichen wollen (euch empfehle ich „Descent“). Stattdessen ist „Drakon“ ein kleiner, gemeiner Absacker am Ende eines Spieleabends oder auch ein Fun-Spiel im Genre-Gewand für Zwischendurch. Der Mechanismus ist schnell, aber mit zunehmender Spielerzahl kaum kontrollierbar, und der Sieg wird zur echten Glückssache. Gewiss kein Dauerbrenner, dafür aber gut geeignet, um auch wenig an komplexe Genre-Spiele gewöhnte Zeitgenossen gut zu unterhalten. Auch – vielleicht sogar insbesondere – jüngere Spieler dürften an dem einfachen Dungeon-Crawl ihre Freude haben.


Drakon
Brettspiel für 2 bis 6 Spieler ab 10 Jahren
Tom Jolly, Andrew Navaro, Brian Schomburg
Heidelberger Spieleverlag/FFG
EAN: 4015566022102
Preis: EUR 29,95

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