Die Kobolde

Nachdem im Zuge des Tolkien-Booms die verschiedensten Fantasy-Völker, angefangen mit den Orks, über die Zwerge und Elfen, bis hin zu den Trollen auf die Leser losgelassen worden sind, folgen nun auch noch die Kobolde. Mit Karl-Heinz Witzko hat dabei für Eingeweihte kein Unbekannter die Rolle übernommen, diesen zu ihrem Erfolg zu verhelfen.

von Ansgar Imme

 

Siebzehn Kraut und fünf Rüben

Die Kobolde Brams, Riette, Hutzel und Rempel Stilz sind mit ihrer Assistentin Tür in der Menschenwelt unterwegs und arbeiten im Wechselbalggewerbe. Mithilfe der Tür gelangen sie in die Welt der Menschen und auch wieder zurück ins Koboldland-zu-Luft-und-Wasser. Beauftragt werden die vier ungleichen Kobolde vom Händler und Kobold Moin-Moin, der aufgrund seiner für einen Kobold ungeheuren Größe nicht nur Moin genannt wird.  In dessen Auftrag rauben sie Kinder oder Großväter, um sie durch Wechselbälger, den so genannten Wechselta(lg) – lg für leicht gehässig –, zu ersetzen. Die Wechselbälger richten anschließend ein großes Durcheinander an, was für die Kobolde zugleich einen großen Streich darstellt.

Die Tür, die ihnen bei Hin- und Rückreise ins Menschenreich hilft, wird jedoch langsam unzuverlässig. Als diese von der Diskussion der Kobolde hört, sie deshalb vielleicht durch eine andere Tür zu ersetzen, ergreift sie eine gravierende Maßnahme – sie lässt die Kobolde bei der nächsten Mission im Menschenreich allein. Die vier Gefährten um Brams müssen sich selbst durchschlagen und mit den „Großen“ und deren Eigenheiten klarkommen. Dabei begegnen sie einem Ritter und seinem Knappen, Gelehrten, einer Hexe, Skeletten und anderen seltsamen Gestalten. Viele Herausforderungen sind zu bezwingen, um wieder ins Koboldland-zu-Luft-und-Wasser zu gelangen...

Der Autor

Karl-Heinz Witzko ist gerade in Rollenspielkreisen kein Unbekannter. Beim deutschen Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ („DSA“) vor allem durch Soloabenteuer bekannt geworden, begann er dort, auch Romane für die Spielwelt zu verfassen, welche bei den „DSA“-Spielern sehr gut ankamen und vor allem durch ihren Humor glänzten. Gerade sein letzter „DSA“-Roman „Westwärts, Geschuppte“ ließ durch eine so ungewöhnliche Story und Hauptfiguren von sich hören, dass man sich zeitweilig an Terry Pratchett erinnert fühlte. Zusammen mit den Autoren B. Hennen, T. Finn und H. Wieser schuf er die Gezeitenwelt und den dazugehörigen Zyklus, zu dem er den fünften Band „Das Traumbeben“ beisteuerte, der auch wieder durch den schwarzen Witzko-Humor auffiel. 

Die eigenen großen Fußstapfen...

Während man die vorherigen Völker Orks, Elfen, Zwerge, Trolle noch aus dem tolkienischen Universum kannte, da sie dort eine mehr oder weniger große Rolle spielten und man sich dementsprechend viel darunter vorstellen konnte, folgt mit den Kobolden ein Fantasyvolk, was nicht gerade für seine häufigen Auftritte bei Tolkien oder auch in anderen Welten bekannt ist. Mit Karli – wie er liebevoll in Fankreisen genannt wird – Witzko holte man jemanden an Bord, der für eher humorvolle Werke steht und vor dem man erwarten konnte, dieses etwas andere Volk trotzdem ansprechend in Szene zu setzen.

Leider scheinen die eigenen großen Fußstapfen und damit die Erwartungen, die man an ein neues Buch von Witzko gelegt hat, etwas zu groß zu sein. Der Anfang des Buches wirkt noch spannend und gleichzeitig lustig und erinnert ein wenig an den Film „Die Monster AG“, wo auch Monster durch eine Tür in das Reich der Menschen kommen, wenn auch dort mit einem anderen Ziel. Auch die Zählweise (17 Kraut und 5 Rüben), die Eigenheiten der vier Kobolde und die Art und Weise ihres „Geschäfts“ wirken zuerst lustig, nutzen sich aber schnell ab. Die Geschichte bietet keinen richtigen Spannungsbogen, sondern reiht eher einzelne, scheinbar vom Autor beabsichtigt lustige Szenen oder Skurrilitäten aneinander, die mehr und mehr aber ihren Witz und ihre Absonderlichkeit verlieren und so beim Leser nicht mehr ankommen.

Die Eigenheiten der Kobolde, immerhin die Hauptcharaktere der Handlung, und auch ihre Vergangenheit und Persönlichkeit werden nur zum Teil angerissen und kommen nicht richtig zur Geltung, was der Geschichte vermutlich aber eher gut getan hätte, da meist dann die Abschnitte besser werden. Speziell die wenigen Passagen in der Koboldwelt führen gleich zu einem besseren Lesefluss, und man quält sich nicht mehr durch die Seiten. Die Menschen und ihre Welt hingegen bleiben blass. Nicht nur, dass die Menschen alle alberne Namen haben, sie verhalten sich auch so. Sie sind einfach zu seltsam, als dass die Unterschiede zu den Kobolden wirklich zum Tragen kommen. Wozu zudem die Karte am Ende des Buches taugen soll, bleibt auch eher verschlossen. Sie ist eher im einfachen Stil gehalten, wird aber wegen der einfachen gradlinigen Handlung nicht wirklich benötigt.

Fazit: Bisher habe ich die Romane von Karl-Heinz Witzko genossen und über den erfrischenden Humor gelacht. Umso enttäuschter war ich von diesem Buch. Mit seinen vorherigen Romanen kann es nicht ansatzweise mithalten und auch im Vergleich mit anderen ähnlichen Romanen fällt es stark ab. Ich musste das Buch immer wieder aus der Hand legen, weil mir die Spannung der Handlung fehlte, kein wirkliches Ziel abzusehen war und auch die versucht humorvollen Episoden oder Szenen reißen einen beim Lesen nicht vom Hocker. Abschließend kann ich leider keine Kaufempfehlung aussprechen. Selbst eingefleischte Fans von Karl-Heinz Witzko werden es schwer haben, von diesem Buch zu schwärmen.


Die Kobolde
Fantasy-Roman
Karl-Heinz Witzko
Piper 2007
ISBN: 3492701272
406 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 12,00

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