Der Zorn der Trolle

Und das Rad dreht sich weiter. Nunmehr älter geworden, sind es auch die Kinder der einstigen Helden des Landstriches, die als Protagonisten in „Der Zorn der Trolle“ die Geschicke des Landes lenken müssen, um einen erneuten Kriegsausbruch zu verhindern. Denn der Verräter lauert überall. Ach ja, Trolle spielen auch noch mit.

von Lars Jeske

 

 

Mit „Der Zorn der Trolle“ legt Christoph Hardebusch das Finale seiner „Trolle“-Trilogie vor oder Teil drei einer Tetralogie oder oder oder. Wer weiß. Wie dem auch sei, in diesem Band um die unberechenbarsten Wesen der Fantasy geht es um … mmmhhh, gute Frage. Am besten fange ich so an: Die Dramatik der Geschichte beginnt eigentlich erst mit einem hinterhältigen Attentat (S. 80). Alles davor dient mehr oder weniger dazu, sich in die veränderte Gegenwart der in den letzen Büchern entworfenen Welt wieder einzufinden. Hierbei erkennt man, wie wichtig es ist, beide vorherigen Bücher gelesen zu haben, um die Geschichte vollends genießen zu können. Es ist, als wenn man viele Jahre später wieder bei guten Freunden einkehrt. Ohne dieses Wissen erschließt sich die Dramatik und Bedeutung dieser Sequenz, sowie deren Bezug zu den nachfolgenden Handlungen, eher mäßig und man bleibt Fremder in dieser interessanten Welt.

Günstigerweise hat der Autor, wie im klassischen Drama, erneut ein Personenregister vorangestellt, zu welchem man zurückblättern kann. Vor allem am Anfang ist dieses für den (Wieder)Einstieg in die Geschichte eine sinnvolle, ja sogar notwendige Lesehilfe. Es gibt nämlich eine Vielzahl von Charakteren, die wohl unterschieden werden wollen und einen Großteil der Komplexität der Verstrickungen der Handlungsträger untereinander ausmachen.

Weiterhin stimmt der Schreibstil den Leser gut ein. In den ersten Kapiteln werden jeweils andere Handlungsstränge angefangen und in diesen die Protagonisten und deren Weltbild einzeln vorgestellt, sodass sich nach und nach ein immer detaillierteres Bild ergibt. Ganz nebenbei erfährt man zusätzlich auch grob etwas über die wichtigen großen Ereignisse der Vergangenheit, denn immerhin sind seit „Die Schlacht der Trolle“ über 16 Jahre vergangen. Diese Erzählweise trägt dazu bei, die komplexeren Zusammenhänge zu erkennen und den Konflikten der einzelnen Länder und Personengruppen gewahr zu werden. Man kommt zu dem Schluss, dass die Menschen sich das Leben nur hinreichen kompliziert machen müssen, damit es ihnen so schlecht wie möglich geht.

Aber zurück zu den Trollen – dem Buchtitel nach geht es schließlich um diese. Deren Handlungsstrang ist jedoch relativ schnell umrissen. Es gibt Ärger unter der Oberfläche, Andas Kinder machen dem Troll Kerr Sorgen, da sie immer unberechenbarer werden und womöglich ein erneuter Krieg Troll gegen Troll aufziehen wird. Es gilt somit, das zu verhindern, am besten indem man den Dunkelgeist heilt. Hierbei bittet Kerr die Wlachaken um Hilfe. Als sich der Troll mit seinem alten Kampfgefährten, dem Menschen ?ten, trifft, wird allen zufällig sogar eine womöglich helfende Legende zugetragen. Dieser Legende nach kann die Speerspitze, die damals den Dunkelgeist verletzte, diesen wieder heilen, sodass diese besorgt werden muss. Unglücklicherweise liegt diese weit weg, nämlich mitten im Herzen des Dyrischen Imperiums, aber die Trolle wären keine Trolle, wenn dies ein ernsthaftes Hindernis wäre. Zusammen mit Zran und dem Tiefentroll Wrag lässt sich Kerr von Menschen aus Wlachkis ins Imperium führen, um seine Welt vor dem Schlimmsten zu bewahren.

Viel komplexer und umfangreicher werden jedoch das Geflecht und die Verwicklungen der Menschen untereinander geschildert. Ein großer Pluspunkt des Romans ist dabei der zusätzliche Schwerpunkt auf das Reich Dyria und wie sich die Menschen in dieser aristokratischen Welt, die sie sich selber erschaffen haben, benehmen. Somit ist Christoph Hardebusch seinen bisherigen Geschichten über die Trolle treu geblieben. Es geht um die Welt rund um ?ten und sein Leben, zu welchem eben als Randerscheinung die Trolle mit dazugehören.

?ten, der Rebell und Freiheitskämpfer von einst, ist alt geworden, aber nicht müde. Dies geht auch gar nicht, da er die Karriereleiter weiter emporgetreten wurde. Wir treffen ihn wieder, als er nicht mehr nur Bojar einer Provinz, sondern Voivode von Wlachkis ist, also deren Regent. Dem nunmehr gestandenen Helden seines (zurück)eroberten Reiches obliegt es, die Geschicke des Landes zu lenken. Seine mittlerweile so gut wie erwachsenen Söhne Natiole und Ionnes übernehmen mehr oder minder freiwillig die Abenteuer in der aktuellen Geschichte um die Trolle. Es geht zusätzlich auch um den alten Konflikt zwischen Wlachkis und Adolay, welcher nach all den Jahren des Friedens neu aufzuflammen droht, und auch in Dyria ist man sich der abtrünnigen Provinz bewusst und es werden Ränke geschmiedet, diese wieder ins Reich einzugliedern.

Alte Bekannte und neue Freunde, sowie Feinde und Verräter, Helden und viel Ungewissheit tragen die Geschichte. Die Welt der Trolle bleibt dabei leider so gut wie außen vor und man erfährt nichts Neues über diese. Die Veränderung von Anda respektive deren Kindern interessiert hierbei nur am Rande. Vieles ist eben so, der Autor will sich nicht in Wiederholungen aus den vorangegangenen Büchern ergehen. Somit erschließt sich mir nicht ganz, warum der Roman diesen Titel bekam. Es ging immer um ?ten, jetzt auch um dessen Verwandte. Die Trolle sind lediglich Beiwerk und zum Teil Handlungsauslöser.

Gegen Ende des Romans wird es etwas holprig, einige Kapitel scheinen im Schneideraum gelassen worden zu sein. Wohlwollend kann man es so auffassen, dass hier dem Leser Raum für eigene Interpretationen gelassen wird, warum sich die Geschichte so weiterentwickelt hat. Oder man könnte es auch so interpretieren, dass der Roman 200 Seiten kürzer als die Vorgänger ausfiel, weil der Autor nichts mehr zu schreiben wusste. Aber damit würde man diesem Unrecht tun. So ist die Mischung gut. Und man kann mit einigem Abstand das Kapitel der Trolle schließen.

Alles in allem liegt hier ein geglückter Generationswechsel vor, und wenn irgendwann Trolle gar keine Rolle mehr spielen, aber selbstverständlich noch immer im Titel erwähnt werden, dann ist es auch nicht schlimm. Wlachkis bietet genug Stoff für eigenständige Geschichten ohne diesen Aufhänger.

Fazit: Die neue Generation der Handlungsträger wirkt überzeugend und passt sich gut in das Ensemble der alten Helden ein. Was der Buchtitel mit der Geschichte zu tun hat, wissen hingegen wohl nur wenige Eingeweihte. Für uns andere ist es eine Geschichte mit interessanten Charakteren in einer veränderten Welt. Alles in allem ist dieser Roman weniger lustig als die Vorgänger, eher düster und verzweifelt.


Der Zorn der Trolle
Fantasy-Roman
Christoph Hardebusch
Heyne 2008
ISBN: 978-3-453-52421-7
539 S., broschiert, deutsch
Preis: 14,00 EUR

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