Der Heckenritter II – Das verschworene Schwert

Der Werdegang der Romanreihe „Das Lied von Eis und Feuer“ geht nur langsam voran. Die unglaubliche Popularität sorgt an anderen Stellen für Nachschub in anderen Medien (Nacherzählung als Comic, Fernsehserie „Game of Thrones“). Wer jedoch lieber neue Geschichten erleben will, findet mit dem „Heckenritter II“ vielleicht genau das, was er sucht.

von amel

 

„Neu“, so muss man sagen, ist in diesem Fall relativ. Die Novelle zur vorliegenden Comic-Umsetzung ist bereits einige Jahre alt, in Deutschland aber nur schwer zu bekommen. „Das verschworene Schwert“ ist eine Novelle, die in der Zeit vor dem „Spiel der Throne“ spielt. Der erste Teil, einfach nur „Der Heckenritter“ tituliert, erzählte die Geschichte von Dunk, dem Knappen, der sich auf ein Turnier schleicht, als sein Herr verstirbt. Dunk ist ein kräftiger, sympatischer und ehrenvoller Kerl, aber leider nicht das hellste Licht am Leuchter. Während der Geschichte gelingt es ihm, sich einen Namen zu machen. Fortan zieht er mit seinem Knappen Egg durch Westeros und verdingt sich – wie einst sein Herr zuvor – als Heckenritter Ser Duncan.

Zwei Jahre später beginnt die Geschichte des „verschworenen Schwertes“. Dunk schwor kürzlich einem neuen Herrn die Treue. Ser Eustace von Standfast ist ein alternder, verarmter Ritter, dessen Behausung eher einem halbverfallenen Wohnturm als einer Burg gleicht. Das Land ist trocken und die Ernte verdorrt. Dunk findet heraus, dass der einzige Fluss von der „roten Witwe“, der Herrin des Nachbarlandes, gestaut und umgeleitet wurde, sodass kein Wasser mehr auf dem Land seines Herrn ankommt. Die rote Witwe ist eine alte Feindin von Ser Eustace, und Dunk beschließt, mit ihr in Verhandlungen zu treten.

Wie bei Martin nicht anders zu erwarten, kommt es anders als der Heckenritter denkt. Bei alten Fehden gibt es immer zwei Seiten der Geschichte, und Dunk muss feststellen, dass sein Herr nicht zwangsläufig der Gute ist. In einer Zwickmühle gefangen, versucht Dunk trotz Treueschwur und Ehrengelöbnis eine Lösung zu finden.

Die Novelle hat viele Wendungen, tolle Charaktere und einen schönen Erzählfluss. Die Figur von Ser Duncan ist in ihrer Naivität so sympathisch, dass der Leser jederzeit mit ihm mitleidet. Auch die anderen Figuren sind hervorragend dargestellt und beseelen die Geschichte mit ihren Meinungen und Taten. Dass diese komplexer ist, als es zunächst scheint, und die Zwickmühle, in der sich Dunk bald befindet, nicht einfach aufzulösen ist, tut sein Übriges, um für gute Unterhaltung zu sorgen. Tolle Dialoge und die hervorragenden Zeichnungen von Mike S. Miller sorgen zusätzlich für ein herausragendes Comic-Erlebnis.

„Der Heckenritter II“ ist aber – das sollte betont werden – kein Actioncomic. Er richtet sich eher an Fans von Neil Gaiman oder anderen „ruhigen“ Erzählstilen. Leser, die Ritter-Action mit tollen Kämpfen und viel Blut erwarten, könnten womöglich enttäuscht werden.

Die übliche Frage bei Fortsetzungen ist: Kann der zweite Teil mit dem ersten mithalten? Die Antwort lautet eindeutig: „Ja“. Die Geschichte ist anders und auf ihre Weise klassischer als der erste Teil. Die Hauptfiguren sind bereits eingeführt, sodass sich der Erzähler mehr auf die neuen Figuren und die Handlung konzentrieren kann. Es ist keine blanke Wiederholung, aber von Stimmung und Erzählweise dem ersten Teil ähnlich genug, dass Fans nicht enttäuscht werden sollten.

Fazit: Für Fans von George R. R. Martin ist „Das verschworene Schwert“ ein Muss – egal, ob als Novelle oder als Comic. Um sich die Zeit bis zum nächsten Teil vom „Lied von Eis und Feuer“ zu vertreiben, kann man hier nicht viel falsch machen. Comic-Fans bekommen mit dem vorliegenden Band hervorragende Dialoge und gelungene Bilder, gepaart mit einer schönen Geschichte. So sollte Comic-Unterhaltung sein.


Der Heckenritter II – Das verschworene Schwert
Comic
George R. R. Martin, Ben Avery, Mike S. Miller
Panini Comics 2013
ISBN: 978-3-86201-537-5
152 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

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