DC Celebration – Harley Quinn

Bleiche Haut, knallige Klamotten und ein Riesenklöppel: So kennt man Harley Quinn, die von der allzu neugierigen Psychiaterin zur durchgedrehten Clownprinzessin Gewandelte, die mit schrillen Gedanken und schrillen Aktionen Gotham City unsicher macht. Im vorliegenden „DC Celebration“-Band feiert die Hyänenflüsterin und Ex-Geliebte des Jokers 30 Jahre Randale als Schurkin und Antiheldin. Dann wollen wir mal die Party (und die Torte) sprengen!

von Kurt Wagner

Der etwas größerformatige Hardcoverband (entspricht vom Format her beispielsweise den Anthologie-Hardcovern von Panini), der in Amerika zum 30. Geburtstag von Harley Quinn erschienen ist, begrüßt den Leser mit einer Einleitung, die kurz umreißt, wie Harley entstanden ist und wie ihr Umfeld aussieht. 1992 für die „Batman“-Animationsserie erschaffen, bekam sie 1993 Tiefgang und Tragik als Gehilfin und Geliebte des Jokers, dem es gelungen war, die allzu neugierige Psychiaterin Dr. Harleen Quinzel zu korrumpieren und zu seiner Marionette Harley Quinn zu machen – eine höchst ungesunde Beziehung. In Poison Ivy fand sie 1999 eine Freundin, die Mitte der 2010er zu ihrer Geliebten werden sollte. Einsätze als Solo-Antiheldin, im Suicide Squad (auch als Film) und mit einer Selbsthilfegruppe von Ex-Gehilfen des Jokers kennzeichnen ihren Werdegang. All diese Infos sind wie immer höchst hilfreich, um auch als Gelegenheitsleser in den Band einsteigen zu können, ohne ein völliges Fragezeichen im Kopf zu haben.

Anschließend folgen zehn neue Kurzgeschichten, die verschiedene Facetten von Harley Quinn beleuchten. So steht sie in einer Geschichte Alfred Pennyworth zur Seite, der charakterlich in jeder Hinsicht das Gegenteil zu ihr darstellt. Sie übernimmt widerwillig eine dreckigen Job für Amanda Waller im Suicide Squad. Mal wird sie von ihrer ungesunden psychischen Abhängigkeit vom Joker geplagt, dann wiederum steht ihre Freundschaft mit Poison Ivy und Catwoman im Fokus. Ihren Hyänen wird eine Geschichte gewidmet. Und eine unerwartet ernste Harley verdingt sich als Profilerin beim GCPD. In einer etwas bizarren Story wird Harleys Aufstieg als Fantasy-Legende erzählt. Außerdem werden wir gleich zweimal in Traumvisionen mitgenommen, die zeigen, wie sehr Harley in „ihrer eigenen Welt“ lebt, unfähig, die Realität anzuerkennen.

Was auffällt, ist, dass Harley eigentlich nie Superschurkenattitüden an den Tag legt. Ihr Interesse an Machtgewinn ist äußerst gering. Sie wirkt eigentlich immer nur wie eine punkige junge Frau, zugegeben ohne jede Hemmung, wenn es darum geht, den Hammer zu schwingen oder irgendwas in die Luft zu jagen. Dabei ist ihre Mord-aus-Bosheit-Rate bemerkenswert gering. Ein Tritt in die Weichteile oder ein Knüppelschlag auf den Schädel ihrer Gegner befriedigen sie in der Regel völlig. Hier spürt man die Bestrebungen der Macher deutlich, sie eher in die Antiheldenecke zu schieben statt in eine Reihe mit Killern wie den Joker oder Two-Face zu stellen. Ich will nicht sagen, dass sie dadurch zum Vorbild wird, aber immerhin hasst man sie nicht, sondern leidet oft eher mit ihr.

Denn das zeichnet die Geschichten auch aus: Man merkt, wie kaputt die Figur eigentlich ist. Äußerlich gibt sie sich bunt, schrill und anarchistisch. Laut und hemmungslos. Eine Schnodderschnauze, die die Schwester von Deadpool sein könnte. Aber innerlich ist sie ein zerstörter Geist, und das zeigt sich nicht nur darin, dass sie sich mit einem ausgestopften Biber unterhält. Bei aller fröhlichen Durchgedrehtheit, die diese Comic-Anthologie zelebrieren will, ist der Tenor des Ganzen doch eher düster. Eine Ex-Geliebte des Jokers gewesen zu sein, hat schwere Folgen hinterlassen. Auch ihre Beziehung zu Poison Ivy wird eher als Abhängigkeit denn als gesunde Partnerschaft inszeniert (da mag es zugegeben andere Comics geben, ich beziehe mich ausschließlich auf das hier gezeichnete Bild von Harley). Dazu kommt der Missbrauch durch Amanda Waller und eine latente Angst vor Batman. Nein, in Harley Quinns Haut will man nicht stecken, auch nicht an ihrem 30. Geburtstag.

Optisch wird, wie immer in so Anthologie-Bänden, ein buntes Potpourri geboten. Dabei sind die Stile diesmal so krass unterschiedlich, dass einem unmöglich alles gefallen kann. Während Zeichner wie Chad Hardin, Rob Williams oder Guillem March sehr klassisch und ansehnlich zeichnen und Stjepan Šeji? seine ganz spezielle Kunst zu Papier bringt, sind die Bilder von Riley Rossmo, Erica Henderson und Cecil Castellucci schon deutlich rotziger. Bunt und grell passen sie absolut zur Figur der Harley Quinn, mein Ding ist dieser Cartoon-Stil aber zugegeben nicht.

Ungewöhnlich ausführlich fällt diesmal die Covergalerie am Ende aus, die mit vielen Variant-Covers aufwartet. Das ist sehr schick und erfreut das Fan-Herz, ist aber natürlich auch flott durchgeblättert. Überhaupt kommt einem der Band recht schnell gelesen vor, obwohl er mit seinen 116 Seiten genauso dick ist wie die anderen „Celebration“-Bände auch.

Fazit: Man merkt ein bisschen, dass Harley Quinns Geschichte erst 30 Jahre währt. Die Themen der Anthologie-Beiträge überschneiden sich durchaus, die Tonalität ist oft ähnlich. Richtig große Veränderungen scheint die Figur seit 1993 nicht durchgemacht zu haben – anders als Helden und Schurken, die ihren Ursprung etwa vor 80+ Jahren haben. Ein Band für Fans der Figur und womöglich für jene, die mal schauen wollen, ob ihnen Harley Quinn als Figur zusagt, aber richtig Erinnerungswürdiges findet man auf den Seiten eher wenig.

DC Celebration – Harley Quinn (Deluxe Edition)
Comic
Paul Dini, Amanda Conner, Guillem March, Stjepan Šeji? u.a.
Panini Comics 2023
ISBN: 978-3-7416-3292-1
116 S., Hardcover, deutsch
Preis: 26,00 EUR

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