Das Hühnerbuch

„Beyond the Wall und andere Abenteuer“, der vom System-Matters-Verlag auf Deutsch erschienene Retro-Klon, hat bereits einige auf den ersten Blick seltsame Publikationen hervorgebracht – wie zum Beispiel „Das Bärenbuch“. Nun erhalten wir das gefiederte Äquivalent. Lohnt sich das?

von André Frenzer

Wer „Beyond the Wall“ bereits kennt, der weiß um die oft märchenhafte Atmosphäre, die den Geschichten der Abenteurer aus diesem System innewohnt. Und wer den System-Matters-Verlag kennt, der weiß, dass Haustiere in den Rollenspielen des Verlags bereits eine lange Tradition aufweisen. Nun schicken sich Redakteurin Sarah Jacob und Autor Kaid Ramdani an, diese beiden Traditionen zusammenzubringen. Nun werden also – nachdem bereits Bären und Füchse als Spielercharaktere verfügbar sind – auch Hühner zugänglich gemacht.

Dabei ist die generelle Idee, dass es Hühner gibt, die intelligent genug sind, um mit den Menschen in Kontakt zu treten. Natürlich können Hühner nicht sprechen. Dennoch ist es ihnen möglich, Menschen vor Gefahren zu warnen – oder vielleicht eine Partie Dame gegen sie zu spielen. Und so schließen die anderen Spielercharaktere, die Helden, das Huhn irgendwann so ins Herz, dass sie es als Teil der Gruppe betrachten können. Alternativ können mithilfe der später vorgestellten Regelanpassungen auch alle Charaktere Hühner sein – eine Kampagne rund um einen Haufen intelligenter Hühner bedarf allerdings einer ganz besonderen Planung.

„Das Hühnerbuch“ liefert letztendlich alle nötigen Informationen, um Abenteuer mit und rund um diese gefiederten Helden zu erleben. Neben einigen einfachen Zusatzregeln, die das Spielen eines Huhns so mit sich bringen, enthält es das obligatorische Charakterbuch, in dem die Vorgeschichte des Huhns ausgewürfelt werden kann und seine Attribute und Fertigkeiten festgelegt werden. Einige vorgefertigte Nichtspielercharaktere und Kreaturen, die neben Spielwerten auch rudimentäre Abenteuerideen liefern, runden diesen Teil des Bandes ab.

Das letzte Viertel des Bandes widmet sich dann dem Abenteuer „Auch ein blindes Huhn…“. In diesem Szenario müssen die menschlichen Helden ihrem gefiederten Kameraden zur Hilfe eilen, denn das Huhn ist in eine Erdspalte gefallen. Nachdem die anderen Charaktere einen Weg gefunden haben, dem Huhn zu folgen, müssen sie feststellen, dass sich unter ihren Füßen eine ganz eigene Welt auftut – und riesenhafte Regenwürmer sind nur eines der vielfältigen Probleme, auf welche die Gruppe stoßen könnte … „Auch ein blindes Huhn…“ arbeitet mit der „Beyond the Wall“-typischen Tradition der komplett ausgewürfelten Abenteuer. Besonders gut gefallen hat mir ein beigelegter Pappbogen, auf dem zufällige Teile des unterirdischen Höhlenlabyrinths aufgedruckt sind. Ausgeschnitten und aneinandergelegt ergeben sich so immer wieder neue Gangkonstellationen. Ein Gimmick, welches sich auch für andere Abenteuer problemlos verwenden lässt.

In punkto Layout und Bebilderung erwarten Kenner der Produktreihe keine Überraschungen. Die Bebilderung in sanftem Grün ist gut gelungen, das Schriftbild klar lesbar, die Zufallstabellen optisch deutlich abgesetzt. Man findet sich rasch zurecht und auch das Korrektorat ist gut gelungen.

Fazit: Für „Das Hühnerbuch“ gilt – ähnlich wie für „Das Bärenbuch“ oder „Das Fuchsbuch“ –, dass es sicherlich kein Pflichtkauf für „Beyond the Wall“-Spieler ist, behandelt es doch eine sehr spezielle Thematik. Dennoch ist die Qualität gewohnt gut, und wer einmal abseits der ausgetretenen Pfade wandeln möchte, findet hier sicher ungewöhnliche Inspiration.

Das Hühnerbuch
Quellen- und Abenteuerband
Sarah Jacob, Kaid Ramdani
System-Matters-Verlag 2023
24 S., Softcover, deutsch
Preis: 12,95 EUR