Das Beutebuch

„13th Age“ ist kein Fantasy-Rollenspiel wie jedes andere. Schon im Grundregelwerk gingen die Autoren viele eigene Wege, auch wenn sich „13th Age“ irgendwo an der Schnittstelle zwischen „Dungeons & Dragons 4“, „Pathfinder“ und Indie-Systemen befindet. Wie kann da das Quellenbuch über magische Artefakte aussehen?

von André Frenzer

Kommen wir zunächst einmal zur schlechten Nachricht für alle deutschen „13th Age“-Fans: Der Uhrwerk-Verlag, aktueller Inhaber der deutschen Lizenz, wird keine weiteren Bücher mehr für das Fantasy-Rollenspiel herausbringen. Zu mager waren die Verkäufe und zu schleppend haben sich die Übersetzungsarbeiten gestaltet. Immerhin „Das Beutebuch“, im Original aus der Feder von Gareth Ryder-Hanrahan, liegt noch auf Deutsch vor.

Wer das Grundregelwerk kennt, dem wird klar sein: Bei „Das Beutebuch“ handelt es sich keinesfalls um einen Katalog gewöhnlicher magischer Gegenstände. Das „Langschwert +1“, den Umhang, der „Fliegen“ verleiht, oder die „Rüstung +2“ sucht man hier vergebens. Stattdessen ist eine ganze Menge kreativer Energie in die Umsetzung der magischen Gegenstände geflossen. Einige Beispiele? Die „Schriftrolle der Ruhmreichen Taten“ sorgt dafür, dass die Taten unserer Heldengruppe in aller Munde sind und von Lobgesängen begleitet werden. Dabei ist es fast egal, was die Gruppe tatsächlich angestellt hat: Für das Volk sind sie die Helden. Anders sieht es beim „Helm der Verrufenheit“ aus – wer ihn trägt, kann gleich einen ganzen Volksstamm einschüchtern, indem er in ihnen die Furcht vor seinen grausigen Taten weckt.

Doch es geht auch praktischer – irgendwie. Der „Hut der Vögel“ zum Beispiel. Wer ihn trägt, hat einen Haufen praktischer Spione bei sich, die Wege auskundschaften und vor Gefahr warnen können. Aber: Er trägt nun mal auch einen Haufen Vögel auf dem Kopf mit sich herum. Auch praktisch erscheint das „Labyrinthische Grimoire“, mit dessen Hilfe ein Magier die ihm zur Verfügung stehenden Zauber austauschen kann. Dumm nur, dass sich sein Geist dafür in eine labyrinthische Bibliothek begeben muss, während sein Körper handlungsunfähig zurückbleibt … Sicher, es gibt auch einen Haufen magischer Gegenstände, deren Auswirkungen deutlich begrenzter sind und die sich dadurch tatsächlich eines direkten, praktischen Nutzens erfreuen. Verbesserte Aufladungswürfe oder die Möglichkeit, sich aus einem Nahkampf lösen zu können – fast schon Standard, möchte man meinen. Durch die besonderen Eigenschaften der Gegenstände, die sich auf ihre Träger übertragen, erhält jedoch jeder noch so kleine Gegenstand einen interessanten Einfluss auf das Spiel.

Auch der Aufbau des Bandes ist durchaus ungewöhnlich. So werden die magischen Artefakte nicht nach ihrem Typus katalogisiert, sondern nach der Ikone – jenen Wesenheiten, die dem Setting von „13th Age“ ihr Gesicht verliehen haben (also der „Kaiser“, der „Erzmagier“, die „Elfenkönigin“ aber auch der „Herr der Orks“ oder die „Diabolistin“). Wer also auf der Suche nach dämonischen Waffen ist, sucht nicht in einer Waffentabelle, sondern bei den Gegenständen der Diabolistin – und wer stattdessen etwas mit Einfluss auf die Natur sucht, schaut sich bei der Elfenkönigin oder der Hochdruidin um. Nur in kleinen Übersichtstabellen am Bandende werden die Gegenstände noch einmal in ihren „normalen“ Kategorien – Waffen, Ringe, Schriften und so weiter – aufgelistet. Ein kleiner Exkurs zur Zusammenstellung typischer Schatzhorte sowie verbrauchbarer magischer Gegenstände – wie Tränke oder Öle – rundet „Das Beutebuch“ gelungen ab.

Optisch war ich allerdings ein wenig enttäuscht. Die wenigen Zeichnung wirken fahrig und irgendwie unfertig. Auch die viel zu großen Überschriften, die die Gegenstände innerhalb der Ikonen kategorisieren, lassen das Textbild unruhig wirken und lockern nicht auf, sondern lenken ab. Dafür hat das Lektorat eine gute Arbeit abgeliefert, hier gibt es nichts zu bemängeln.

Fazit: Wer auf der Suche nach etwas Besonderem ist, nach magischen Gegenständen, die einmal so ganz anders als der Standard sind, der wird hier mit Sicherheit fündig. Da „13th Age“ ohne große Stat-Blöcke auskommt, ist „Das Beutebuch“ damit auch für Spielleiter anderer Systeme einen Blick wert.

Das Beutebuch

Quellenband
Gareth Ryder-Hanrahan
Uhrwerk Verlag 2016
ISBN: 978-3958670365
96 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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