Caine 2: Todesengel

Er bringt den Tod und ist doch selbst nicht mehr wirklich lebendig: Für Steven Caine, den unfreiwilligen Hitman einer Rasse von außerirdischen Invasoren, hat sich das Leben grundlegend geändert, seitdem er der Todeszelle entkommen ist. Zwischen den Fronten eines interstellaren Kampfes um die Vorherrschaft auf Erden gefangen, scheint sich der ehemals so autarke Profikiller stark umgewöhnen zu müssen.

von Christian Humberg

 

Sympathy For The Devil

Nein, tauschen wollen würde vermutlich niemand mit ihm. Der frühere Auftragsmörder Steven Caine, von der außerirdischen Bevölkerung Kyan’Kors vor dem sicheren Tod gerettet, muss nun in deren Diensten als „Mann fürs Grobe“ die Drecksarbeit erledigen. Zwar ist das grundlegend noch keine große Veränderung zu seiner früheren Tätigkeit, nur enthielt sein Arbeitsalltag vor der Zwangsrekrutierung durch die Aliens noch nicht solche netten Abwechslungen wie die kämpferische Konfrontation mit riesenhaften schuppigen Kreaturen aus den finstersten Tiefen des Alls. Doch, er kann einem schon Leid tun...

Denn ein Krieg findet statt – gleich hier auf der Erde, und wir ahnen nichts davon. Zwei Rassen streiten sich darum, wie sie uns Menschlein am besten übernehmen könnten, die Aganoi und die Bewohner Kyan’Kors. Letztere bedienen sich, das machte „Das Amulett von Kyan’Kor“, die Vorgängerepisode dieser erfrischend ungewöhnlichen Hörspielreihe klar, der Mithilfe Steven Caines, um ihren Herrschaftsanspruch geltend zu machen. Damit Steven auch spurt, sitzt ihm in Gestalt des außerirdischen Psychopathen Kartaan auch noch ein Aufpasser im Kopf, der den jungen Erdling an der kurzen Leine hält. Jeglicher Widerstand scheint zwecklos zu sein. Mit „Todesengel“ erleben wir Caine nun bei seinem ersten Auftrag im Dienste der Aliens, der für ihn gleichzeitig eine willkommene Reise in die Vergangenheit darstellt, ist das Opfer seiner Taten doch Moretti, jener Kriminelle, dessen Verrat Steven damals erst in die Todeszelle brachte.

Schnallt euch an!

Ihr solltet dieses Hörspiel im Sitzen hören und euch bestenfalls dabei irgendwo festhalten. Ernsthaft, „Todesengel“ hat ein Tempo, das selbst den alles andere als betulichen Vorgänger noch in den Schatten stellt. Und das ist gut so, war Folge 1 der Reihe „Caine“ doch schon sehr vielversprechend und ließ die Frage aufkommen, wie die Hörspielschmiede Lausch das überraschend hohe Niveau ihres Erstlings in den weiteren Episoden aufrechterhalten will. Nun kennen wir die Antwort: Gar nicht. Stattdessen toppen die Lauscher es noch um einiges und tun das mit einem müden Lächeln.

Von der herrlich unüblichen Figurenzeichnung des Protagonisten, abermals verkörpert vom wunderbaren Torsten Michaelis, wurde in der Rezension zur Vorgängerfolge ja bereits geschwärmt. Sein Caine ist ein Unikat im Reigen der Hörspielhelden. Die damals geäußerte Sorge, spätere Produktionen würden aufgrund der letztlichen Versklavung Caines auf dessen schnoddrigen Ton verzichten müssen, erweisen sich nach Genuss von „Todesengel“ als völlig unbegründet. Klar ist Caine nicht mehr der freie Geist, als den ihn der Beginn der Serie präsentierte, doch hat sein Mundwerk darunter nicht gelitten. Im Gegenteil: Selbst im dicksten Gefecht (und davon hat dieses Hörspiel einige) verliert er seinen Zynismus nicht und wünscht sich auch nach dem lebensbedrohlichen Endkampf dieser Folge erstmal ein ordentliches Burgermenü von der Fastfood-Bude. So mag ich meine Helden!

B-Movie für die Ohren

Natürlich ist das Trash in Reinkultur. Der alles andere als unblutige Kampf der beiden Alienrassen, Caines unverschämte Wortwahl – zartbesaitete Gemüter und Freunde der höheren literarischen Weihen sind hier ganz eindeutig auf der falschen Veranstaltung, aber das ist auch beabsichtigt. „Caine“ ist die Vertonung einer Heftromanserie und schämt sich dieser Wurzeln absolut nicht – es zelebriert sie. Und genauso wie man das unterschätzte Medium Romanheft nicht nach seinem Ruf in der Literaturwelt beurteilen darf, sollte man sich auch bei „Caine“ nicht vom Hörspielcharakter der Produktion täuschen lassen. Das ist ganz großes Kino. Und zwar von der Sorte, die erst in den Spätvorstellungen gespielt wird, wenn all die „uncoolen“ Leute schon friedlich in ihren Bettchen liegen.

Die Produktion bemüht sich redlich, den bereits erfolgreich von ihr etablierten Kopfkino-Aspekt auszubauen. Die Adaption und Inszenierung von Günter Merlau, der als Art Jeffries auch eine kleine Rolle spricht, bedient sich eines wahren Geräuschteppichs, um Caines Reise durch die Stadt auf der Suche nach Moretti zu untermalen. Und auch der musikalische Soundtrack tut sein übriges, um die Schnelligkeit und Hektik, welche dieses umtriebige Stadtleben prägen, zu untermalen, beginnend mit dem schon fast stakkatohaften Grundthema der Serie. Selbst in den, in dieser Folge aufgrund einiger Kampfsequenzen längeren (aber nicht im geringsten langweiligen) Erzählerpassagen weiß Michaelis die Hörer mit Caines Wortwahl und schnoddriger Schnauze mühelos bei der Stange zu halten. Denn der Hörer ahnt: Egal wie aussichtslos die Situation oder wie hart die vergangene Konfrontation mit seinen Gegnern auch war, sobald Caine erst einmal durchatmen konnte, kommentiert er das Geschehen. Auf seine Weise.

Fazit: „Caine“ ist nicht Jedermanns Fall. Eine gehörige Protion Trash-Affinität sollte man mitbringen, wenn man sich auf dieses Abenteuer einlässt, das auf Heftromanen aus dem Basilisk Verlag beruht. Doch wem dies gelingt, der wird mit einer im wahrsten Sinne atemberaubend schnellen und gut inszenierten Erzählung belohnt. „Todesengel“ setzt die Geschehnisse der vorherigen Folge nahtlos fort und zeigt Steven Caine bei seinem ersten neuen Einsatz, inmitten von Aliens, Drogenbaronen und der chinesischen Mafia. War die Pilotfolge dieser aufwändigen Hörspielreihe schon beeindruckend, setzt die neue Story abermals Maßstäbe. Sollte „Caine“ dieses Level halten, erleben wir hier die Geburt eines Klassikers.


Caine 2: Todesengel
Hörspiel nach dem Heftroman von Adrian Maleska
Günter Merlau
Lausch 2006
ISBN: 3-939600-03-2
1 CD, 57 min., deutsch
Preis: EUR 9,99

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