Eigentlich war die Jägerin in Whedons Universum immer die Gute. Woche für Woche zeigten Buffy und ihre Freunde Vampiren und anderem lichtscheuen Gezücht, wo der Holzpflock steckt. Doch dann kam Faith. Faith war eine Rebellin, eine Art dunkle Schwester von Buffy, die ihre Kräfte gerne mal zum eigenen Vorteil nutzte und sich mit Moralvorstellungen nicht unnötig belastete. Doch sie war auch eine vom Schicksal Geschlagene, denn wann immer sie Anzeichen von Gutem sehen ließ, rollten irgendwelche Ereignisse über sie hinweg, die sie letztlich doch zur Bösen werden ließen. „Sobald sie auftaucht, bist du die Böse“, heißt es in einem viel sagenden Satz mitten im Comic.

Dabei ist es diesmal wirklich anders. Faith lebt als Einzelgängerin und übernimmt vor allem die schmutzigsten Aufträge, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen – etwa Vampirkinder killen. Dann taucht Giles auf, der einstige Wächter von Buffy, der jedoch immer auch seine eigene Agenda verfolgte. Und auch er macht Faith ein unmoralisches Angebot: Sie soll eine Jägerin um die Ecke bringen! Denn gab es früher nur eine Jägerin, existieren nun zweitausend – und manche von ihnen tragen offenbar das Potenzial in sich, der Welt ziemlichen Schaden zuzufügen. So macht sich Schattenjägerin Faith also im ungewöhnlichen Doppelpack mit Wächter Giles daran, genau dies zu verhindern.

Neben dem soeben beschriebenen Vierteiler „Ohne Zukunft“, der übrigens nicht von Whedon selbst, sondern von Brian K. Vaughan („Ex Machina“) geschrieben wurde, enthält der zweite „Buffy“-Comic-Band auch noch die Einzelepisode „Überall und Nirgends“, während derer Buffy und ihre Hexen-Freundin Willow eine Dämonensphäre besuchen, um über eine Störung des Gleichgewichts zwischen Menschen und Dämonen zu verhandeln. Stattdessen werden sie mit einigen unangenehmen Wahrheiten konfrontiert – und müssen einmal mehr beweisen, wie stark ihre Freundschaft wirklich ist.

Wer „Buffy“ kennt, der weiß, was ihn auch auf den Seiten des zweiten Comic-Bandes erwartet: lockere Sprüche, junge Frauen zwischen Liebeswirren und dämonischen Intrigen und natürlich eine Menge Popkultur-Zitate. Leider wird die im ersten Band etablierte Haupthandlung um die mysteriöse „Dämmerung“-Bewegung ebensowenig fortgeführt, wie die Bedrohung durch das Militär. Nur in einem genre-typischen Twist am Ende wird eine Begegnung zwischen einer Offizierin und einem mysteriösen, maskierten Mann namens Dämmerung (oho!) präsentiert, wobei die dunkle Nemesis von finsteren Tagen für die Jägerin und ihre Getreuen orakelt.

Fazit: Auch der zweite Band der achten Staffel „Buffy“ weiß Fans gut zu unterhalten. Faith feiert hier ihren fulminanten Einstieg und das Team-Up zwischen Giles und der Schattenjägerin dürfte noch für einige delikate Momente sorgen. Wie bei Whedon üblich werden zugleich mehrere Nebenhandlungen in kleinen Schritten weitergeführt. So erfährt man etwa, wie Dawn zur Riesin wurde und dass Xander ein Auge (böses Wortspiel angesichts seiner Augenklappe) auf eine der Jägerinnen geworfen hat. Doch manchmal ist es auch zu viel des Guten: Nur weil man es im Comic problemlos umsetzen kann, wäre es nicht nötig, dass Willow beispielsweise ständig in der Luft herumschwebt oder dass ihr Beziehungen zu Meerjungfrauen und ähnlichem angedichtet werden. Hier wird’s dann stellenweise doch etwas zu fantastisch und man vermisst das amerikanische Teenie-Horror-Flair, das „Buffy“ einst ausgemacht hat.