Bis(s) zur Mittagsstunde

„Ich fühlte mich, als wäre ich in einem dieser Alpträume gefangen, einem, in dem man um sein Leben rennen muss, jedoch niemals schnell genug ist…aber das hier war kein Traum, und ich rannte nicht wie in solch einem Alptraum um mein Leben; ich rannte, um etwas zu beschützen, das mir viel wichtiger war. Mein eigenes Leben bedeutete mir nicht viel an diesem Tag.“ (aus „Bis(s) zur Mittagsstunde“)

von Tobias Bayerle

 

Der zweite Band in der Geschichte um den Vampir Edward, der sich in den Highschool-Teenager Isabella Swan verliebt hat, beginnt rasant. Auf Bellas Geburtstagsparty kommt es zum Desaster als Bella sich versehentlich am Geschenkpapier schneidet und ein Mitglied der Familie von Edward – allesamt Vampire – sich nicht mehr unter Kontrolle hat. Die Konsequenz aus dieser Sache ändert nicht nur das Leben Bellas grundlegend, es stürzt auch die Leser in eine tiefe Depression, denn Edward entscheidet sich dazu, Bella ein für allemal zu verlassen – zu ihrem eigenen Schutz natürlich, denn wer könnte schon mit der Tatsache leben, seiner Freundin das Blut aus den Adern gesaugt zu haben? Er verlässt die Stadt Forks und Bella bleibt allein zurück…

Da Bella nicht über den Verlust der Liebe ihres Lebens hinweg kommt, stürzt sie in eine tiefe Depression, bricht jegliche außerschulischen Kontakte ab und selbst ihr Vater Charlie beginnt sich Sorgen zu machen. Doch dann trifft sie den aus dem ersten Buch bekannten Jacob Black wieder, und auch die Mitglieder der Familie des im ersten Band getöteten Vampirs haben noch eine Rechnung mit ihr offen. Als dann die Volturi – die Ältesten Vampire –, denen Bella ein Dorn im Auge ist, auch noch Forderungen stellen, kann wirklich jeder mit Sicherheit sagen, es bleibt auf alle Fälle spannend…

Von Liebe, Einsamkeit und düsteren Geheimnissen

Die Story wird – wie von der Autorin erwartet – genauso spannend und gefühlvoll weitererzählt, wie schon im Vorgänger „Bis(s) zur Morgenstunde“. Als Bella beispielsweise entdeckt, dass sie in gefährlichen Situationen die Stimme Edwards in ihrem Kopf hört, beginnt sie, regelrecht nach Gefahren zu suchen und der Leser leidet mit. Die Verzweiflung, die in den ersten paar Monaten nach dem Verschwinden Edwards von der Autorin vermittelt wird, ist niederschmetternd, und erst als Bella merkt, wie sehr ihr Verhalten ihren Vater und ihre Umwelt beeinflusst, lässt die Autorin in einem kurzen Aufflackern die alte Bella wieder zum Vorschein kommen. Sie schickt den Leser auf die Reise weg von Edward – jedoch ohne ihn je zu vergessen, es wird immer wieder an ihn erinnert – hin zu Jacob, der für Bella eine völlig andere Welt bedeutet, die der Leser erst mit Missmut betritt und sich dann in ihr verliert.

Die Geschichte um Jacob Black beginnt mysteriös, denn übergroße Wölfe, die nachts durch die Wälder von Forks wandern und ein ständig älter aussehender Jacob machen es für Bella nicht leicht, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Mit vielen Fakten, die in „Bis(s) zum Morgengrauen“ erläutert wurden, und einem Geistesblitz kommt Bella schließlich zu einem dann doch sehr offensichtlichen Ergebnis. Dass auch Jacob sich in Bella verliebt, war erneut vorprogrammiert und man kann nur hoffen, dass Stephenie Meyer im dritten Band „Bis(s) zur Abendröte“ etwas aus dieser ganzen verzwickten Gefühlsmisere macht.

Die Autorin bringt (selbst wenn die Vampire in diesem Band nicht im Mittelpunkt stehen) wieder viele neue Ideen ein, die das „Edward & Bella“-Universum erweitern. So haben die Vampire ihren „Hauptsitz“ in Italien, die Wölfe können die Gedanken des gesamten Rudels hören und auch in Punkto Tod eines Vampirs hat sich Meyer etwas einfallen lassen. Sicherlich hätte sie sich gerade in Sachen Ableben noch etwas mehr einfallen lassen können und auch die Ältesten und somit mächtigsten Vampire wirken zum Teil ein ganz klein wenig langweilig – schade.

Man fühlt sich während der Lektüre dieses Buchs wie auf einem Pfad, der parallel zu dem Pfad verläuft, auf dem man eigentlich sein möchte. Stephenie Meyer lässt den Leser den Pfad zwar sehen, verbirgt aber bewusst die genaue Sicht auf das, was man sich die ganze Zeit wünscht und genau dann kommt der Knall.

Fazit: Wer „Bis(s) zur Morgenstunde“ mochte, wird „Bis(s) zur Mittagsstunde“ lieben und auch in der Zeit ohne Edward mit Bella mitfiebern und mitleiden können. Rasant führt die Autorin den Leser oder die Leserin hinaus aus dem Wald von Forks ins heiße Italien und neue Aspekte und Möglichkeiten tun sich auf. Wie können Vampire denn nun in der Welt von Edward und Bella sterben? Wer zieht im Hintergrund die Fäden? Wird Bella ihren Edward wieder finden und wie ist das nun eigentlich mit Jacob? Viel Neues kommt hinzu und Altes wird noch vertieft – Brillant, dass muss man diesem Buch auf alle Fälle lassen. Wer den ersten Band noch nicht gelesen hat, sollte dies auf jeden Fall vorher tun, denn ohne das nötige Hintergrundwissen hält sich der Lesegenuss in Grenzen.


Bis(s) zur Mittagsstunde (Bella und Edward, Band 2)
Horror/Mystery-Roman
Stephenie Meyer
Carlsen 2007
ISBN: 978-3-551-58161-7
563 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 19,95

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