Battlestar Galactica – The Board Game

Zahllose Genre-Fans hat die Neuinterpretation der klassischen TV-Space-Opera „Kampfstern Galactica“ vor den Fernseher gebannt. Die Geschichte um die koloniale Flotte, die unter dem Kommando von Admiral Adama nach einem Vernichtungsschlag der maschinenhaften Zylonen gegen die Zwölf Kolonien der Menschen auf der Suche nach der verlorenen Erde ist, konnte sowohl optisch als auch storytechnisch so überzeugen, dass ein richtiges kleines Franchise entstanden ist: mit Comics, Romanen, einem Sammelkartenspiel – und einem Brettspiel.

von Frank Stein

Das von Fantasy Flight Games entwickelte und vom Heidelberger Spieleverlag auf Deutsch vertriebene Brettspiel ist ein Kooperationsspiel für drei bis sechs Spieler, deren Ziel es ist, die Galactica und ihre Flotte zum Planeten Kobol zu bringen, einer wichtigen Wegmarke auf ihrer Suche nach der verlorenen dreizehnten Kolonie namens Erde. Allerdings arbeiten nicht wirklich alle Spieler zusammen. Einige von ihnen sind vielmehr geheime Zylonenagenten, die nur wie Menschen aussehen (ein Kernthema der TV-Serie) und die verhindern müssen, dass die Menschen ihr Ziel erreichen, indem sie diese um ihre wertvollen Ressourcen bringen oder die Galactica mit ihren Basissternen oder Bodentruppen zerstören beziehungsweise erobern.

Vor Spielbeginn wird das in einer sehr stimmungsvollen Box daherkommende und sehr gut aussehende Spielmaterial aufgebaut. Das Zentrum bildet ein Spielplan, auf dem die Galactica, die Raumzonen um den Kampfstern herum, ihre Ressourcen, das Präsidentenschiff Colonial One sowie einige weitere Spielzonen abgedruckt sind. Dann übernimmt jeder Spieler die Rolle eines der bekannten Serienprotagonisten. In der Box des Grundspiels stehen jeweils drei Politiker (Laura Roslin, Tom Zarek und Gaius Balthar), drei Militärs (William Adama, Saul Tigh und Karl „Helo“ Agathon) und drei Piloten (Lee „Apollo“ Adama, Kara „Starbuck“ Thrace und Sharon „Boomer“ Valerii) sowie der „Support“-Protagonist „Chief“ Galen Tyrol zur Verfügung. Dabei bietet sich an, von jeder Berufklasse mindestens einen Protagonisten im Spiel zu haben, da deren Fähigkeiten und Skill-Sets, die auf einem Charakterbogen abgedruckt sind, schon unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

Danach werden die so genannten Loyalty-Cards verdeckt ausgegeben, die festlegen, ob ein Spieler ein Zylone oder kein Zylone ist. Ja nach Spielerzahl gibt es mehr oder weniger Zylonen (und möglicherweise einen Sympathisanten, der beide Gruppen vereinen möchte und deshalb den Zylonen hilft). Im Mittel sind die Teams Menschen/Zylonen gegen Spielende etwa gleich groß. (Was daran liegt, dass nach der Hälfte des Spiels ein zweiter Satz Loyalty-Cards ausgeteilt wird, der manchen Mitspieler noch nachträglich die Seiten wechseln lässt.) Zuletzt werden die diversen Spielmarken und Karten gemäß den Regeln platziert, und dann geht es los.

„Battlestar Galactica“ wird in komplett eigenständigen Spielzügen gespielt, das heißt der Spieler, der am Zug ist, führt all seine Aktionen durch, bevor der nächste dran ist. Da diese Züge aber sehr schnell von der Hand gehen und zudem meist Skill-Checks beinhalten, an denen wieder alle Spieler beteiligt sind, ist die Downtime für alle Übrigen am Tisch sehr gering – zumal tatsächlich so etwas wie ein Ingame-Spannung entsteht, die einen auch packt, wenn man gerade nur zusieht. Ein Spielzug besteht aus 6 Schritten: Skill-Cards aufnehmen, Bewegen, Action, Crises-Card ziehen, Zylonen bewegen und Sprungphase.

Die Skill-Cards sind die Gaben, mit denen die Protagonisten punkten. Jeder Protagonist besitzt ein etwas anderes Skill-Set aus zwei bis drei Skills, die den fünf Bereichen „Politics“, „Leadership“, „Engineering“, „Tacticts“ und „Piloting“ entstammen können. Je nach Bereich finden sich unterschiedliche Effekte auf den Karten, wobei innerhalb eines Bereichs viele Karten mehrfach vorkommen. Neben dem Einsatz als Ereigniskarte oder „Action“ braucht man sie, um Skill-Checks zu bestehen. Jede der Karten weist eine Zahl in der Ecke auf, und bei einem Skill-Check, der einen Zielwert und zwei bis drei gültige Skills vorgibt, wirft jeder Spieler verdeckt Karten in einen Pool, um diesem Test zu helfen oder ihn insgeheim zu behindern (indem man niedrige Zahlen oder falsche Skills, deren Wert nachher von den gültigen Skill-Werten abgezogen wird, in den Pool wirft).

Zur Bewegung stehen diverse Orte an Bord der Galactica, der Colonial One oder – wenn man als Pilot in einer Viper sitzt – im All zur Verfügung. An Bord eines Schiffes gibt es keine Bewegungseinschränkung, nur wenn man das Schiff wechseln will, muss man eine Skill-Card abwerfen. Jeder der Orte bietet eine bestimmte Action an, die man dann im Action Step eines Zuges durchführen kann. Man kann während dieses Schritts allerdings auch eine Action auf einer Skill-Card von der Hand ausspielen oder eine Action, die auf dem Charakterbogen abgedruckt ist, durchführen. Actions sind meist dazu da, Schäden zu reparieren, Zylonen zu bekämpfen und Ressourcen zu sichern.

In den nächsten zwei Schritten schlagen dann die Zylonen zurück. Zuerst muss eine Crises-Card gezogen und abgehandelt werden. Dabei handelt es sich im überwiegenden Fall um Skill-Checks oder schwer wiegende Entscheidungen, die getroffen werden müssen und in deren Bestfall nichts passiert, während im schlimmsten Fall Treibstoff, Lebensmittel, Moral oder die Bevölkerungszahl (also die vier Ressourcen) sinken. Sinkt übrigens eine dieser Ressourcen auf Null, haben die Zylonen gewonnen. Das gleiche gilt, wenn sechs Orte der Galactica beschädigt wurden oder ein Zylonen-Enterkommando erfolgreich eingedrungen ist.

Daran arbeiten die Toaster im sperrig, aber sehr genau betitelten „Activate Cylon Ships Step“. Je nach Symbol, das im unteren Eck der Crisis-Card angezeigt wird, dürfen die kleinen Raiders angreifen oder die Basissterne schlagen zu oder Heavy Raiders versuchen, Entertruppen abzusetzen. Das setzt natürlich voraus, dass es Raumeinheiten gibt. Da die Möglichkeiten für die Zylonen, neue Raumeinheiten ins Spiel zu bringen, beschränkt ist (vor allem, wenn nach einem erfolgreichen Hypersprung der Galactica das Spielbrett leer geräumt wird und es einer der recht seltenen Cylon-Attack-Crisis-Cards bedarf, um überhaupt einen neuen Basisstern auftauchen zu lassen), ist diese Gefahr allerdings nicht so dramatisch wie die des Verlusts von Ressourcen.

Zuletzt wird der Sprungmarker auf der Jump-Preparation-Tabelle verschoben, sofern ein entsprechendes Symbol auf der gezogenen Crisis-Card war. Es bedarf fünf solcher Züge bis zum nächsten Auto Jump, der die Galactica zu einem neuen Ziel bringt, das ein bis drei Wegstrecken entfernt liegt (das entscheidet sich auf den gezogenen Destination-Cards). Man kann allerdings bereits nach drei oder vier Zügen den Sprung forcieren, lässt dabei aber möglicherweise Leute zurück. Insgesamt acht Entfernungseinheiten wollen bewältigt werden, bevor die Menschen mit dem nächsten Auto Jump siegen. Nach vier Einheiten erhöht sich dabei möglicherweise die Bedrohungssituation durch das Auftauchen weiterer Zylonen (aufgrund der neuen Loyalty-Cards).

Zylonenspieler beginnen das Spiel zunächst undercover. Sie spielen als Menschen mit, versuchen aber, die Bemühungen der Menschen zu sabotieren. Das führt normalerweise früher oder später zur Enttarnung. Sie können allerdings auch einfach ihre wahre Natur enthüllen und fliehen, um fürderhin von außen (mithilfe von vier speziellen Cylon Locations) die Menschen zu behindern. Hierzu sind vor allem die Möglichkeiten, die Galactica zu beschädigen und eine besonders fiese Super-Crisis-Card zu spielen, hilfreich. Im ungünstigeren Fall werden sie vorher in die Brig geworfen, was aber auch nicht weiter schlimm ist, weil sie dennoch nach ihrer Enthüllung fliehen können – beziehungsweise erschossen werden und auf dem „Ressurection Ship“ auferstehen. Nur den Spezialangriff auf ihrer Loyalty-Card können sie dann nicht ausführen.

Alles in allem macht das „Battlestar Galactica“-Brettspiel wirklich fast alles richtig. Das Spielmaterial sieht toll aus, die Stimmung der Serie – Verzweiflung, Misstrauen, Kampf, aber auch Zusammenhalt bis zuletzt – findet sich fast in jedem Spielmechanismus wieder und durch die Mischung aus kooperativem und kompetitivem Spiel entsteht ein Suchtfaktor, der einfach Lust auf mehr macht.

Zwei Dinge gäbe es vielleicht zu kritisieren. Zum einen hat der Raumkampf (wie zugegeben in der TV-Vorlage leider auch) einen relativ geringen Stellenwert. Ist ein Basisstern erst einmal vom Spielbrett (entweder weil ihn ein Atomsprengkopf der Galactica weggeputzt hat oder weil er nach einem Sprung entfernt wurde), ist es sehr schwer, neue Einheiten ins Spiel zu bringen. Es gibt nur sehr wenige Crisis-Cards, die neue Basissterne aufs Brett holen, und ohne Basisstern gibt es auch keine Raider und Heavy Raider.

Zum Zweiten, und das ist weniger ein Fehler des Spiels, als schlichtweg eine Einstiegshürde, hat der an sich sehr schöne Paranoia-Aspekt (wer ist hier der Zylone, wer nicht) zur Folge, dass das Spiel erst ab vier Spielern so richtig Spaß macht. Zu fünft oder zu sechs ist es noch besser. Denn je länger unklar bleibt, wer am Tisch denn jetzt ein verdammter Toaster ist, desto spannender bleibt es – auch wenn der Wettlauf gegen Ende, wenn die Frage im Raum steht, ob zuerst die Ressourcen ausgehen oder die Menschen Kobol erreichen, auch durchaus dramatisch ausfallen kann.

Die Spieldauer wird mit zwei bis drei Stunden angegeben und ist selbst für Regelungeübte durchaus einzuhalten. (Ungewöhnlich genug für ein Fantasy-Flight-Games-Spiel. ;-) )

Fazit: „Battlestar Galactica“ ist eine höchst stimmungsvolle Umsetzung der TV-Serie. Das Spielmaterial sieht gut aus, die Mechanismen sind rasch erlernbar und fangen die Atmosphäre der Serie gut ein und der Paranoia-Aspekt mit den verdeckten Zylonen sorgt für den besonderen Kniff. Allen Fans der Serie ist es uneingeschränkt zu empfehlen. Aber auch Spieler, die Spaß an einer Mischung aus kooperativem und kompetitivem Spiel haben und einem zünftigen Weltraum-Setting nicht abgeneigt sind, finden hier ein Brettspiel, das sie bestimmt mehr als einmal die hindernisreiche Odyssee zur verlorenen Erde antreten lässt.

Das Grundspiel ist sowohl auf Englisch als auch in deutscher Übersetzung erhältlich.


Battlestar Galactica – The Board Game
Brettspiel für 3 bis 6 Spieler
Corey Konieczka, Eric Lang
Fantasy Flight Games/Heidelberger Spieleverlag 2008
ISBN: 978-1-58994-460-2
32 Miniaturen, 52 Spielmarken, 238 Spielkarten, 10 Charakterbögen, Spielplan, Regelwerk
Preis: $ 49.95

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