Android: Mainframe

Die Firewall der Titan Transnational Bank ist ausgefallen, und der Zugang zu den Servern steht sperrangelweit offen. Ein gefundenes Fressen für Hacker, die sich wie Aasgeier auf die brachliegenden Daten stürzen. Aber welcher Runner kann in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit die meisten Daten abgrasen?

von Oliver Adam

Das Brettspiel „Android: Mainframe“ von Asmodee/Heidelberger Spieleverlag ist ein abstraktes Strategiespiel für zwei bis vier Spieler im „Android“-Universum, das auch aus dem Living Card Game „Netrunner“ bekannt ist. Während einer Partie „Android: Mainframe“ übernehmen die Spieler die Rollen von Runnern, die Teil einer kriminellen Subkultur sind und den Cyberspace auf der Suche nach Ruhm und Profit infiltrieren. Das Spiel basiert auf dem Prinzip der „Käsekästchen“ oder „Dots and Boxes“, das einigen Spielern vermutlich noch aus der Schulzeit bekannt sein dürfte. Dabei zieht man mit dem Stift auf einem karierten Papier abwechselnd Striche und wer mit einem Strich ein Karo schließt, hat dieses Feld erobert. Am Ende gewinnt der Spieler mit den meisten eroberten Feldern.

Während man beim Klassiker noch mit Papier und Stift umgeht, bietet „Android: Mainframe“ ein umfangreiches Spielmaterial. Als Spielbrett für die zu hackenden Server dient ein Plastik-Spielplan, der aus vier Einzelteilen zusammengesteckt wird, 6x8 Felder groß ist und in seiner schwarzen Einfarbigkeit leider etwas lieblos wirkt. Hier hätte man sicherlich einen kreativeren Ansatz wählen können. Rund 100 blaue Plastik-Stäbe repräsentieren die Partitionen des Servers, die von den Spielern möglichst taktisch geschickt auf dem Spielbrett platziert werden wollen. Die 48 Zugangspunkt-Marker sowie 75 Programmkarten sind dagegen sehr detailliert und stimmungsvoll. Den Spielablauf stellt das kurze und präzise Regelheft zwar plastisch und klar vor, steht sich dabei jedoch mit einer umständlichen Terminologie manchmal selbst im Weg und macht dadurch ein eigentlich einfaches Spielprinzip häufig unnötig komplex. So wird der Nachziehstapel als „Programm-Stapel“ bezeichnet, Felder sind „freie Pfade“, Spieler-Plättchen „Zugangspunkte“ und die blauen Stäbchen „Partitionen“. Im Normalfall hat man nach der zweiten Partie die Begriffe verinnerlicht, dennoch ist es gerade bei neuen Spielern häufig nötig, diese Begriffe nachzuschlagen.

Der Aufbau für eine Runde geht sehr schnell, sodass man bereits nach wenigen Minuten loslegen kann. Der vierteilige Plastikspielplan wird zusammengesteckt und in die Mitte der Spielzone gelegt. Jeder Spieler wählt einen der fünf unterschiedlichen Runner und nimmt dessen Zugangspunkte (also Spieler-Plättchen) sowie die einzigartigen Programmkarten. Die generischen Programmkarten werden gemischt, als Programm-Stapel (also Nachziehstapel) bereitgestellt und die oberen vier Karten als Programm-Paket (also Nachziehkarten) aufgedeckt.
Während eines Zuges bei „Android: Mainframe“ darf ein Spieler eine von drei möglichen Aktionen wählen. Zum einen kann er eines der aufgedeckten Programm-Pakete ausführen, die es erlauben, entweder ein bestimmtes Muster an blauen Stäbchen auf den Spielplan zu legen oder einen Zugangspunkt zu verschieben beziehungsweise zu vertauschen. Als zweite Option kann eines der Runner-spezifischen Programme von der Hand genutzt werden. Dies sind einzigartige Aktionen, die oftmals einen entscheidenden Vorteil bringen. Alternativ kann sich der Spieler für das Auflegen eines Zugangspunktes entscheiden.

Sobald in einer von blauen Stäbchen umschlossenen Zone nur Zugangspunkte eines Spielers liegen, gilt die Zone als gesichert und kann bis Spielende nicht verändert werden. Das Spiel endet, wenn keine Programme mehr gelegt werden können oder der Programm-Stapel leer ist. Bei der Endwertung erhält jeder Spieler Punkte für jeden Zugangspunkt in einem gesicherten Bereich in Höhe der Feldanzahl in dieser Zone. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel und ist der Meister der Hacker.

„Android: Mainframe“ ist für zwei bis vier Spieler ausgelegt, wirklich Spaß macht die Käsekästchen-Variante aber vor allem mit der vollen Spieleranzahl, da es dann richtig eng auf dem Spielbrett wird. Die Regeln sind schnell erklärt und die Grundregeln als Käsekästchen-Prinzip bereits vielen Spielern bekannt. Da wirkt die „Hackeratmosphäre“ und Android-typischen Fachbegriffe teilweise etwas aufgesetzt und erschweren den Zugang unnötig. Mit einer Spieldauer von rund 30 Minuten ist eine Partie schnell gespielt und oftmals folgt direkt darauf eine zweite Runde. Dabei sind die individuellen Programmkarten der Runner sehr unterschiedlich, sodass man diese alle einmal ausprobieren möchte, gleichzeitig wirken die einzelnen Charakterdecks recht unausgeglichen. Bei der Ausgestaltung des Materials – insbesondere beim Plastik-Spielbrett – hat man leider Potenzial verschenkt.

Fazit: „Android: Mainframe“ ist eine Käsekästchen-Variante mit aufgesetzter „Android“-Thematik, dessen Komponenten etwas liebevoller gestaltet sein könnten. Für das abstrakte Strategiespiel sprechen die einfache Zugänglichkeit sowie die kurze Spieldauer von nur 30 Minuten. Am meisten Spaß macht das Striche ziehen mit der vollen Anzahl von vier Spielern, die diese Form der abstrakten Spiele mögen. Liebhaber des „Android“-Universums, die hier die taktische Tiefe wie bei „Netrunner“ suchen, könnten dagegen enttäuscht werden.


Android: Mainframe
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Jordi Gené, Gregorio Morales
Heidelberger Spieleverlag 2016
EAN: 4015566023994
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 32,95

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